Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2
vor. Mit der „Kon-Tiki“ segelt Thor Heyerdahl von Peru nach Polynesien, um den praktischen Nachweis zu erbringen, daß über diesen Weg Einwanderungsbewegungen möglich waren. Die Opernsängerin Maria Meneghini-Callas beginnt in Italien ihre Karriere. Auf dem Schwarzmarkt in Berlin kosten 20 amerikanische Zigaretten 150 Reichsmark, ein Kilo Kaffee kostet 1100 Reichsmark. In den USA sind 25000 Astrologen und mehr als dreimal so viele Wahrsager r egistriert. Henry Fonda hinterläßt bei seinem Tod ein Vermögen von 625 Millionen Dollar. Nachrichten über die Sichtung „Fliegender Untertassen“ gehen durch die Presse. In Palästina werden die bisher ältesten Bibelhandschriften gefunden.
William Tenn Kinderspiel (Child’s Play)
William Tenn ist das Pseudonym des amerikanischen SFAutors Philip Klass, der 1920 in London geboren wurde und heute an einer Hochschule Englische Literatur unterrichtet, innerhalb der SF kann man Tenn ein wenig mit Robert Sheckley vergleichen, denn er schrieb in erster Linie Kurzgeschichten, von denen nicht wenige bissige und humorvolle Satiren sind. Insgesamt brachte es William Tenn auf etwa 45 Kurzgeschichten und Erzählungen. Sein Erstling war „Alexander the Bait“, 1946 in „Astounding“ erschienen, sein bislang letzter SF-Text der Kurzroman „The Men in the Walls“ (1963 in „Galaxy“ ) , der 1968 zu seinem einzigen Roman, „Of Men and Monsters“ („Von Menschen und Monstren“ ) erweitert wurde. Zwischen diesen Publikationen lag eine lange Reihe ausgezeichneter Stories, unter denen „Brooklyn Project“ (1948), „Firewater“ (1952), „The Liberation of Barth“ (1953), „Party of the Two Parts“ (1954) und „The Flat Eyed Monster“ (1955) herausragen. Auch die von uns ausgewählte Geschichte „Child’s Play“ („Kinderspiel“ ) zeigt den Autor von seiner besten Seite, wenngleich seine satirische Ader hier nicht so stark zum Vorschein kommt, wie es bei späteren Stories, vor allem den in den fünfziger Jahren für „Galaxy“ geschriebenen, der Fall ist. Ein junger Anwalt bekommt aus der Zukunft ein Kinderspielzeug – einen Menschenbaukasten, mit dem er herumzuexperimentieren beginnt. Aber anscheinend sind die Erwachsenen noch nicht in der Lage, Dinge zu verstehen, die in ein paar hundert Jahren ein Kinderspiel sein werden …
Nachdem der Mann von der Speditionsfirma die Tür zugeschlagen hatte, beschloß Sam Weber, die riesige Kiste unter die einzige Glühbirne seines Zimmers zu stellen. Der Bote hatte gebrummt: „Keine Ahnung, was da drin ist. Wir schicken den Kram ja nicht, wir liefern bloß, Mister.“ Aber irgendeine vernünftige Erklärung mußte es doch geben.
Mürrisch schob Sam die Kiste ein paar Fuß vor. Sie war schwer genug. Wie der Mann sie wohl die drei Stockwerke hochgeschleppt hatte?
Er richtete sich auf und blickte mit gerunzelter Stirn auf die auffällige Karte mit seinem Namen und seiner Adresse und der Aufschrift „Frohe Weihnachten 2353!“
Ein Witz? Aber er kannte keinen, der es besonders witzig finden würde, eine Karte zu schicken, deren Datum mehr als dreihundert Jahre in der Zukunft lag. Wenn man die Karte genau ansah, konnte man feststellen, daß die Buchstaben eigenartig geformt waren, komische grüne Striche und keine Linien. Und die Karte war aus purem Gold.
Sam entschied sich, daß die Sache ihn interessierte. Er riß die Karte weg, fetzte das dünne Packpapier herunter – und hielt plötzlich inne.
Die Kiste hatte keinen Deckel, keine Schlitze an der Seite, nirgendwo einen Griff. Sie schien eine feste, kubische Masse aus braunem Zeug zu sein. Und doch war er ganz sicher, daß innen etwas geklappert hatte, als er die Kiste geschoben hatte.
Er packte die Kiste an den Kanten und quälte sich stöhnend ab, bis er sie hochgehoben hatte. Die Unterseite war ebenso glatt und ohne Öffnungen wie der Rest. Er ließ sie auf den Boden zurückplumpsen.
„Nun, gut!“ meinte er, ganz Philosoph. „Es ist nicht das Geschenk, es ist das Prinzip.“
Er mußte noch eine ganze Menge Dankbriefe für Geschenke schreiben. Für Tante Maggie würde er sich etwas Besonderes einfallen lassen. Ihre Krawatten waren Geschmacklosigkeiten; aber er hatte ihr diesmal zu Weihnachten nicht einmal ein Taschentuch geschickt. Jeder Cent war für diese Brosche, die er Tina geschenkt hatte, draufgegangen.
Er drehte sich um und ging zu seinem Bett zurück, das ihm gleichzeitig auch als Schreibtisch und Stuhl diente. Im Vorbeigehen versetzte er der Kiste
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