Science Fiction Anthologie Band 4 - Die Vierziger Jahre 2
kleinen Sauftour machte, nahm er sich vor, am nächsten Morgen frische Bettwäsche zu kaufen. Heute abend würde er auf dem Boden schlafen müssen.
Bis zu den Ellbogen in Somerset & Ojack vertieft, spürte Sam Lew Knights Blicke und Tinas Interesse. Wenn sie nur wüßten! dachte er. Aber Tina würde nur ‚wunderbar!’ sagen, und Lew Knight würde irgendeine Bemerkung machen, wie ‚Frankenstein am Werk’ oder so etwas Ähnliches.
„He, Euer Ehren!“ Lew Knight hockte plötzlich auf Sams Schreibtischkante. „Was machst du denn an diesen langen Wochenenden? Mag ja sein, daß du als Jurist nicht soviel Geld verdienst – aber was macht es für einen Eindruck, wenn mein Sozius nebenbei Zeitschriften verkauft?“
Sam hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten. „Ich habe ein Buch geschrieben.“
„Ein juristisches Buch? Eines über den Bankrott?“
„Nein, eins für Kinder. Lew Knight, der Neandertaler.“
„Läßt sich bestimmt nicht verkaufen. Übrigens, Tina sagt mir, ihr beide hättet eine Verabredung für Silvester. Aber sie meint, es würde dir bestimmt nichts ausmachen, wenn ich sie statt dir ausführe. Immerhin habe ich schon einen Tisch im La Cigale bestellt, und dort sind weniger Menschen als im Automatencafe.“
„Es macht mir nichts aus.“
„Gut!“ meinte Knight und entfernte sich. „Übrigens, den Fall habe ich gewonnen. Nettes Honorar.“
Tina wollte ebenfalls wissen, ob ihm die Sache mit Silvester etwas ausmache; und er verneinte. Wo er die letzten zwei Tage gewesen sei? Sehr beschäftigt, wirklich sehr beschäftigt. Etwas ganz Neues. Etwas Wichtiges.
Sie musterte ihn überlegend, während sie seine Post sortierte. Da gab es Angebote über Gebrauchtwagen, die garantiert nicht mehr als eine Viertelmillion Meilen auf dem Rücken hatten, und freundliche Hinweise, daß er noch die letzte Halbjahresrate von der Universität schuldig sei und wann er denn bezahlen wolle? Und dann kam ein Brief, der weder eine Rechnung noch ein Angebot war. Sam warf einen Blick auf den Poststempel, und sein Herz setzte fast einen Schlag aus: Glunt City, Ohio.
Sehr geehrter Herr Weber, in Glunt City gibt es augenblicklich keine Firma unter der Bezeichnung ,Build-AMan-Corporation’. Auch sind uns keine Firmen mit ähnlicher Bezeichnung bekannt, noch liegen uns Anfragen solcher Firmen vor.
Wir haben auch keine Straße unter der Bezeichnung ,Diagonal’; unsere nordsüdlichen Straßen sind nach Indianerstämmen benannt, während unsere Ost-West-Avenues Ziffern tragen.
Glunt City ist eine Wohngemeinde, und wir wollen daran auch nichts ändern; deshalb sind hier nur kleine Einzelhandels- und Dienstleistungsbetriebe zulässig. Falls Sie daran interessiert sein sollten, sich in Glunt City anzusiedeln, und den Beweis erbringen können, daß Ihre Familie in den letzten fünfzehn Generationen nur weiße, christliche angelsächsische Vorfahren gehabt hat, sind wir gern bereit, Ihnen weitere Informationen zu liefern.
Thomas H. Plantagenet Bürgermeister
P.S.
Ein Flugplatz für Propeller- und düsengetriebene Privatflugzeuge wird gerade außerhalb der Stadtgrenzen erbaut.
So war das also! Er würde sich keine Nachfüllpackungen kaufen können, selbst wenn er dafür ein paar Slunks erübrigen konnte. Es empfahl sich also, haushälterisch mit seinen Vorräten umzugehen. Aber Demontage kam nicht mehr in Frage.
Würde die ,Build-A-Man-Corporation’ irgendwann in der Zukunft die Fabrikation in Glunt City aufnehmen? Dann vielleicht, wenn Glunt City sich gegen den Willen ihrer Bürger zu einer industriellen Metropole entwickelt hatte? Oder war dieses Paket vielleicht von einer anderen Spur im menschlichen Zeitstrom abgeglitten, einer Ära, die vielleicht nur in der Welt einer anderen Dimension existierte? Aber einen gemeinsamen Ursprung mußten beide Zeiten haben – woher käme sonst die englische Sprache in dem Lehrbuch? Ob ein Zweck dahinterstecke, daß er die Sendung erhalten hatte – ein nützlicher Zweck oder ein anderer?
Tina hatte ihn etwas gefragt. Sam löste sich aus seinen ziellosen Spekulationen und sah sie an.
„Wenn Sie also wollen, daß ich mit Ihnen zu Silvester ausgehe, brauchte ich bloß Lew zu sagen, daß meine Mutter wieder Gallenkoliken hat und daß ich zu Hause bleiben muß. Dann könnten Sie ihm die Reservierung im La Cigale billig abkaufen.“
„Vielen Dank, Tina! Aber ehrlich gesagt, habe ich das Geld im Augenblick gar nicht. Und außerdem geben Sie und Lew ein viel besseres Paar ab.“
Lew Knight
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