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Science Fiction aus Deutschland

Science Fiction aus Deutschland

Titel: Science Fiction aus Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers und Ronald M. Hahn Hrsg.
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Gebirgswand hochgeglitten sei. Wanderer berichteten, sie hätten Abdrücke eines nackten, mißgestalteten Kinderfußes im Schnee um die Gipfelkreuze der näherliegenden Berge erkennen können. Daraufhin beschlossen die von Angst und Sorge erfüllten Eltern, ihr Kind warm anzukleiden. Der Dorfschneider fertigte dem Buben einen Lodenanzug an und vermittelte den Kauf eines Gamsbarthutes. Wenn auch die Kleidung um die dürren, mißproportionierten Glieder des Kindes schlotterten und der Hut ihm winzig auf dem massigen Schädel saß, zuckte doch etwas wie Dankbarkeit durch seine trüben, magischen Augen.
    Die Gerüchte häuften sich, bald nachdem der Knabe eingekleidet worden war. Aber die Fama war nicht etwa, wie es in solchen abgelegenen Gebirgsdörfern sonst leicht vorkommt, mordlustig. Man schrieb dem Buben vielmehr, neben einigen verzeihlichen Willkürhandlungen, mehrere durchaus begrüßenswerte Wundertaten zu, etwa die anderswie unerklärliche Biervermehrung bei den lokalpolitischen Veranstaltungen oder das anderswie rätselhafte Verschwinden der rothaarigen Dorfschullehrerin, die aus der Stadt gekommen war und allerlei Verwirrung gestiftet hatte.
    Außerdem gingen merkliche Veränderungen in der Bergnatur vor sich; die Wiesen wurden saftiger, die Euter der Kühe praller, das Schlachtvieh fleischiger, das Gebirge gebirgiger. Prächtige Matten tauchten auf, wo gestern nur Geröll gewesen war; neue malerische Schrunde und Schluchten klafften, wo vor kurzem noch glatter Bergfels gestanden hatte. Irgend jemand – und im Dorf wußte jeder, wer es war – formte Land und Leute mit mächtigen unsichtbaren Händen, in unbändigem Schöpferdrang zwar, doch nicht ohne Plan. Dieser Übermensch im schlecht sitzenden Lodenanzug und mit dem lächerlichen Gamsbarthut war naturverbunden, bodenständig, ohne Zweifel ein Mann des Volkes – ein häßliches, dämonisches Kind mit der Macht eines Erlösers.
    Touristen lernten es, das Bergdorf zu meiden. Nur rechtschaffene Politiker aus der Stadt, die mit der Bevölkerung auf du und du standen, konnten ungestraft kommen und gehen, wurden bisweilen sogar wie durch ein Wunder aus Bergnot und vor Lawinensturz oder Schmelzwasserkatastrophen gerettet. Langsam zwar, doch zusehends deutlicher werdend, schälte sich aus den übersinnlichen Kraftakten des Knaben das Bild des Überbayern heraus.
    Er blieb fast immer unsichtbar, hielt sich von seinen Volksgenossen fern und war doch stärker mit ihnen verbunden als die meisten anderen, die sich mit geheuchelter Leutseligkeit unter ihnen bewegten. Die vielen Heuchler, nebenbei gesagt, erkannte man überdies nur zu rasch an ihrem plötzlichen Ableben oder an ihren katastrophalen Unglücksfällen.
    Während im Heimatdorf des Buben der rechte Menschenschlag mit einer heimlichen, fast religiösen Bewunderung von ihm sprach – »Woaßt, Xaver, wenn der Habe Gott net d’ Berge g’schaffn hätt’ – dann, jo dann hätt’ er’s getan …« – stieß sein Geist immer weiter vor. Aus dem Talkessel seines Heimatdorfes, den er inzwischen als unerträgliches Gefängnis seiner Begabungen empfand, war er vorgedrungen bis München und weiter über Gesamtdeutschland, die Weltmeere und Kontinente geschweift, bis schließlich die gesamte Erdscheibe vor seinem erbarmungslosen Auge lag.
    Und er sah vieles, was seinen Zorn erregte. In einer ersten gewaltigen Aufwallung wollte er eine Welle geologischer Verwerfungen über die Erde jagen, bis alles zu Gebirge geworden wäre. Aber er erkannte, daß. seine Fähigkeiten hierfür noch nicht ausreichten. Erkannte, daß er sich geistig schulen mußte, um das Chaos ringsum schärfer beurteilen zu können. Und er schulte sich, studierte die irdischen Verhältnisse und begann seinen Hauptfeind zu erkennen, der ihm bisher nur verschwommen und in Vereinzelung aufgefallen war. Zugleich spürte er, wie eine neue Kraft in ihm aufstieg. Er war beinahe fünfzehn Jahre alt, merkte neues Wachstum in sich, ein drängendes Brennen und Prickeln in seinem gewaltigen Kropf, ein seltsames Feuer in den häßlichen, zunehmend behaarten Gebilden zwischen seinen Beinen und einen schwellenden Druck in seinem überbegabten Schädel. Die Zeit war bald reif; er war klüger und mächtiger geworden, voll gewaltiger Energien und klarer Einsichten.
    Wenn ihn auch alle lebenden Seelen seines Heimatortes rückhaltlos bewunderten, so hatte seine Mutter als einzige in ihren Stolz noch weibliche Besorgnis gemischt. Als er endlich den langersehnten Weg

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