Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
Stille; seine Stimme klang fest. »Steinklinge und Steinbogen, kommt herbei. Unser Mahl wartet auf uns.«
    Nun, wie, im Namen des Vermummten, habe ich all das verdient? Onos T’oolan. Und Respekt von einem Seguleh … In einer Nacht voller Wunder ist das ganz sicher die Krönung.
    »Ich habe nur zwei Sterbliche wirklich gekannt«, sagte Tool neben ihm. »Beide haben sich selbst unterschätzt. Bei der Ersten war es ein tödlicher Irrtum. Heute Nacht, mein Freund Aral Fayle, werde ich mich bemühen, dir vom Untergang von Mandata Lorn zu erzählen.«
    »Das ist zweifellos eine Geschichte mit einer Moral«, bemerkte Toc sarkastisch.
    »In der Tat.«
    »Dabei hatte ich doch eigentlich vor, die ganze Nacht mit Senu und Thurule Knöchelchen zu werfen.«
    »Komm und iss, Steinbogen!«, schnappte Senu.
    Oh weh … ich glaube, ich habe es mit der Vertrautheit ein bisschen übertrieben.
     
    Blut war vor noch nicht allzu langer Zeit die Rinnsteine entlanggeflossen. Die Sonne und die Tatsache, dass es nicht geregnet hatte, hatten dafür gesorgt, dass der getrocknete schwarze Strom noch immer da war; mittlerweile matt vom Staub, war er tief genug, um die Unebenheiten der darunter liegenden Pflastersteine zu verbergen – ein erstarrter Todesfluss, der bis hinab zu den schlammigen Wassern der Bucht reichte.
    Niemand in Callous war verschont worden. Sie war an den aufgeschichteten Scheiterhaufen vorbeigekommen, als sie sich auf der Straße vom Landesinnern her der Stadt genähert hatte, und hatte geschätzt, dass dem Gemetzel ungefähr dreißigtausend Menschen zum Opfer gefallen sein mussten.
    Garath streifte voraus, schlüpfte unter dem Torbogen hindurch. Sie folgte ihm etwas langsamer.
    Die Stadt war einst schön gewesen. Kupferverkleidete Kuppeln, Minarette, romantisch gewundene Straßen, auf die reich verzierte, verschwenderisch mit blühenden Pflanzen bewachsene Balkone hinausragten. Da es keine Hände mehr gab, die sich um die kostbaren Pflanzen kümmern konnten, waren die Gärten mittlerweile braun und grau. Als Lady Missgunst die große Hauptstraße entlangging, knirschten trockene Blätter unter ihren Füßen.
    Eine Stadt der Kaufleute, ein Paradies der Händler. Im Hafen vor ihr waren die Masten zahlloser Schiffe zu sehen, doch kein einziger von ihnen bewegte sich, was daraufhindeutete, dass die Schiffe leckgeschlagen worden waren und jetzt im Schlamm der Bucht festsaßen.
    Zehn Tage, nicht mehr, mochten seit dem Gemetzel vergangen sein. Sie konnte den Atem des Vermummten riechen, ein Seufzen angesichts des unerwarteten Geschenks spüren, einen Hauch von Unbehagen über das, was dies bedeuten mochte. Du bist beunruhigt, teurer Vermummter. Dies hier lässt in der Tat Schlimmes befürchten …
    Garath würde sie unbeirrbar führen. Durch einen alten, fast vergessenen Durchgang, über ungleichmäßige, zersprungene und vom Unrat von Jahrzehnten bedeckte Pflastersteine. In ein kleines, schief stehendes Haus, dessen Fundament aus weit genauer behauenen Steinen bestand als denen, die später darauf aufgetürmt worden waren. Im Innern des Hauses gab es nur einen einzigen Raum mit einem Fußboden aus dicken hölzernen Bohlen, die von Strohmatten bedeckt waren. Ein paar hier und da herumstehende Möbelstücke von armseliger Qualität, eine bronzene Kochplatte über einem aus Backsteinen aufgemauerten Herd, verfaulende Lebensmittel. Ein Spielzeugwägelchen.
    Der Hund drehte sich in der Mitte des kleinen Raums im Kreis.
    Lady Missgunst trat näher, schob die Strohmatten mit den Füßen beiseite. Es gab keine Falltür. Die Bewohner dieses Hauses hatten keine Ahnung gehabt, was sich unter ihrem Heim verborgen hatte. Sie öffnete ihr Gewirr, strich mit einer Hand über die Bodendielen, schaute zu, wie sie zu Staub wurden und sich ein kreisrundes Loch bildete. Feuchte, salzige Luft wehte aus der Dunkelheit herauf.
    Garath trottete an den Rand des Lochs, sprang hinein, und verschwand. Sie hörte das Klacken seiner Krallen von unten heraufschallen.
    Mit einem Seufzen folgte Lady Missgunst dem Hund.
    Keine Stufen, und die Pflastersteine des Fußbodens brauchten lange, um ihren durch Magie verlangsamten Sturz aufzuhalten. Mit verstärkter Sehkraft schaute sie sich um und schnupperte dann. Der Tempel bestand nur aus diesem einen Raum; er war verwahrlost und hatte einst eine niedrige Decke gehabt, obwohl die Balken jener Decke schon lange verschwunden waren. Es gab keinen erhöhten Altar, doch sie wusste, dass für diesen besonderen

Weitere Kostenlose Bücher