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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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mich an deine Wut erinnert, als wir vor langer, langer Zeit euer Imperium zerstört haben.«
    Sie ist längst abgekühlt, Imass. Ihr habt nur getan, was notwendig war. Ihr habt die Wunden geheilt -
    »Dafür können die Imass den Ruhm nicht in Anspruch nehmen. An der Aufgabe, das zerschmetterte Gewirr zu reparieren, haben auch noch andere mitgewirkt. Wir haben nichts anderes getan, als deine Art abzuschlachten – das heißt, die, die wir finden konnten. Das ist das Einzige, was wir können.«
    Töten.
    »Ja. Töten.«
    Ich kann meine menschliche Gestalt nicht mehr annehmen. Ich kann sie in meinem Innern nicht mehr finden.
    »Es ist zu lange her, Treach.«
    Und jetzt sterbe ich.
    »Ja. Ich habe keine Fähigkeiten zu heilen.«
    Er lächelte innerlich. Nein, nur zu töten.
    »Nur zu töten.«
    Dann mach meinem Leiden ein Ende. Bitte.
    »Jetzt spricht der Mensch aus dir. Das Tier würde so etwas niemals wollen. Wo ist dein Trotz, Treach? Wo ist deine Gerissenheit?«
    Machst du dich über mich lustig?
    »Nein. Ich bin hier. Genau wie du. Sag mir, wer ist dann diese andere Präsenz?«
    Eine andere Präsenz?
    »Wer hat deine Erinnerungen befreit, Treach? Wer hat dich zu dir selbst zurückgebracht? Jahrhundertelang warst du ein Tier, mit dem Verstand eines Tiers. Wenn solch ein Ort einmal erreicht ist, gibt es normalerweise keine Rückkehr. Doch trotzdem …«
    Trotzdem bin ich hier.
    »Wenn dein Leben aus dieser Welt verschwindet, Treach, dann wirst du dich, wie ich vermute, nicht vor dem Tor des Vermummten wiederfinden, sondern … anderswo. Ich kann dir allerdings keinerlei Sicherheit bieten. Aber ich habe die Erschütterungen gespürt. Ein Älterer Gott ist wieder aktiv, vielleicht der älteste von allen. Subtile Spielzüge werden gemacht. Bestimmte Sterbliche sind erwählt worden und werden geformt. Warum? Was hat dieser Ältere Gott vor? Ich weiß es nicht, aber ich glaube, dass es als Antwort auf eine schwer wiegende – und gewaltige – Bedrohung geschieht. Ich glaube, es wird lange dauern, bis das Spiel, das gerade begonnen wurde, beendet sein wird.«
    Ein neuer Krieg?
    »Bist du nicht der Tiger des Sommers? Ein Krieg, in dem du – nach der Einschätzung dieses Älteren Gottes – gebraucht werden wirst. «
    Gequälte Erheiterung stieg in Treach auf. Ich bin noch nie gebraucht worden, Imass.
    »Die Dinge haben sich verändert. Und diese Veränderungen betreffen uns alle, wie es scheint.«
    Ach, dann werden wir uns also wiedersehen? Ich würde mir es wünschen. Ich würde dich gerne noch einmal als mitternachtsschwarzen Panther sehen.
    Sie lachte kehlig. »Und so erwacht das Tier. Leb wohl, Treach.«
    Sie hatte in jenem letzten Augenblick das gesehen, was er jetzt erst spürte. Dunkelheit senkte sich auf ihn herab, ließ seine Welt kleiner werden. Sein Blickfeld veränderte sich … von zwei Augen … zu einem.
    Ein Auge. Das über eine Grasnarbe blickte, als die Nacht herabsank, und den gewaltigen Tiger – den Wechselgänger – beobachtete, der müde auf dem toten Ranag-Bullen lag, an dem er gefressen hatte. Das die beiden Flammen seines kalten, herausfordernden Blickes sah. Alles … schon so lange her …
    Und dann nichts mehr.
     
    Eine behandschuhte Hand versetzte ihm eine kräftige Ohrfeige. Benommen riss Toc der Jüngere sein eines Auge auf – und starrte Senus bemalte Maske an.
    »Oh …«
    »Ein sonderbarer Zeitpunkt, um einzuschlafen«, sagte der Seguleh tonlos, richtete sich wieder auf und ging davon.
    Die Luft roch nach brutzelndem Fleisch. Ächzend rollte Toc sich zur Seite und setzte sich langsam auf. Echos hallten in seinem Innern nach – eine unsagbare Traurigkeit, ein Bedauern, das erst halbwegs Gestalt angenommen hatte, und das lange Verströmen eines letzten Atemzugs. Oh ihr Götter, nicht noch mehr Visionen. Bitte nicht. Er bemühte sich, seinen Kopf klarzubekommen, schaute sich um. Tool und Baaljagg hatten ihre Haltung nicht verändert: Beide starrten nach Norden, reglos und – wie Toc endlich bemerkte – voller Anspannung. Und er glaubte zu wissen, warum.
    »Sie ist nicht weit weg«, sagte er. »Und sie kommt schnell näher.« Durch die Nacht gleitend, wenn die Sonne verschwindet. Tödlich. Majestätisch. Mit alten, so uralten Augen.
    Tool drehte sich zu ihm um. »Was hast du gesehen, Aral Fayle? Wohin bist du gereist?«
    Der Malazaner rappelte sich müde auf. »Beru hilf, bin ich hungrig. So hungrig, dass ich die Antilope roh essen könnte.« Er verstummte, holte tief Luft. »Was ich

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