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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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versehene, fellbezogene Maske des Mannes war ausdruckslos, die menschlichen Augen blickten Karnadas an. »Ich habe gesucht und geforscht«, sagte er mit leiser, weicher Stimme, »bis hin zu den Hufen unseres Herrn. Ich habe vier Tage lang gefastet, bin durch das Riedgras geschlüpft und habe mich am blutgetränkten Gestade der Sphäre des Hauerträgers wiedergefunden. Wann habt Ihr zuletzt eine solche Reise gemacht, mein Herr?«
    Der Destriant lächelte. »Und was habt Ihr erfahren, als Ihr dort wart, Rath’Fener?«, fragte er.
    »Der Tiger des Sommers ist tot. Sein Fleisch verfault auf einer Ebene weit im Süden. Er wurde von Günstlingen des Pannionischen Sehers getötet. Doch schaut Euch Rath’Trake an – er ist von neuer Lebenskraft erfüllt, ja sogar von einer Art stiller Freude.«
    »Dann scheint es wohl«, sagte Karnadas nach einem Augenblick, »als ob die Geschichte von Trake noch nicht zu Ende wäre.«
    Rath’Fener zischte: »Ist das ein raffinierter Trick, um Göttlichkeit zu erlangen? Es gibt nur einen Lord des Krieges!«
    »Vielleicht wäre es weise, unsere Blicke auf unseren eigenen Lord zu lenken«, murmelte der Destriant.
    Der maskierte Priester schnaubte und stapfte davon.
    Itkovian schaute ihm einen Augenblick nach, beugte sich dann zu Karnadas hinüber. »Seid Ihr unempfänglich für jede Art von Schock und Bestürzung, mein Herr? Habt Ihr schon davon gewusst?«
    »Von Trakes Tod?« Der Destriant zog langsam die Augenbrauen hoch, den Blick noch immer auf Rath’Fener gerichtet. »Ja, natürlich. Mein Kollege ist weit gereist, um bei Feners gespaltenen Hufen anzukommen – ich hingegen habe jenen Ort niemals verlassen.« Karnadas wandte sich an Brukhalian. »Todbringendes Schwert, jetzt ist doch gewiss die Zeit gekommen, dieser aufgeblasenen Spitzmaus die Maske vom Gesicht zu reißen und alle Ansprüche auf – «
    »Nein«, grollte Brukhalian.
    »Er stinkt nach Verzweiflung, Herr. So einer Kreatur dürfen wir in unserer Herde nicht trauen – «
    Brukhalian blickte Karnadas an. »Und was ist mit den Folgen einer solchen Tat, mein Herr? Würdet Ihr Euren Platz im Maskenrat einnehmen?«
    »Es wäre nützlich – «
    »Diese Stadt ist nicht unsere Heimat, Karnadas. Sich in ihren Fallstricken zu verfangen, ist viel zu gefährlich. Meine Antwort bleibt auch weiterhin nein.«
    »Also gut.«
    Die Stablaternen waren entzündet und von den Gidrath-Wachen vorsichtig in das Loch hinuntergelassen worden. Alle Aufmerksamkeit war plötzlich nur noch darauf gerichtet, was dort unten enthüllt werden würde.
    Der aus Erde bestehende Fußboden des unterirdischen Gelasses lag weniger als mannshoch unter den Kreuzbalken. Der Raum selbst wurde vom hölzernen Bug eines offenen Bootes ausgefüllt, das vom Alter und vielleicht auch dem ehemaligen Gewicht von Erde und Felsen verbogen, schwarz verpicht und kunstvoll geschnitzt war. Von dort, wo er stand, konnte Itkovian ein netzartiges Geflecht aus Zweigen sehen, die zu einem Ausleger führten.
    Drei Arbeiter ließen sich, Laternen in den Händen, in die Kammer hinab. Der Schild-Amboss trat näher. Das mehr als zehn Schritt lange Boot war aus einem einzigen Baumstamm herausgehauen worden und lag jetzt abgeflacht und verzogen an seiner Ruhestätte. Neben dem ersten konnte Itkovian nun ein zweites Fahrzeug ausmachen – es sah ganz genauso aus –, und dann ein weiteres. Der gesamte verborgene Raum unter dem Ratssaal des Knechts war voller Boote. Er wusste nicht, was er erwartet hatte, aber ganz sicher nicht so etwas. Die Barghast sind keine Seefahrer … nicht mehr. Bei den Göttern hienieden, diese Boote müssen Tausende von Jahren alt sein.
    »Zehntausende«, flüsterte der Destriant an seiner Seite. »Selbst die Magie, die sie erhält, ist allmählich schwächer geworden.«
    Hetan sprang hinab und landete leichtfüßig neben dem ersten Boot. Itkovian konnte sehen, dass auch sie überrascht war; sie streckte die Hand aus, brachte sie ganz nah an das Dollbord heran, ohne es jedoch zu berühren – und verharrte so, vor Unschlüssigkeit zitternd.
    Eine der Wachen hielt seine Stablaterne direkt über das Boot.
    Viele der Anwesenden schnappten nach Luft.
    Das Boot war voller Leichen, die willkürlich hineingestopft worden waren; alle Leichname waren in Stoff eingewickelt, der wie rotfleckiges Segeltuch aussah, wobei jeder Körperteil einzeln eingewickelt war, so dass das rau gewobene Tuch die Gestalten von Kopf bis Fuß verhüllte. Es sah so aus, als wären die Leichen

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