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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
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winkte.
    Murillio schnalzte mit den Zügeln, setzte die Ochsen in Bewegung. Der Wagen quietschte und rumpelte über die gesprungenen, von der Hitze geschmolzenen Pflastersteine.
    Coll ging voraus, hinaus auf die Straße. Sie war nur teilweise von den Trümmern freigeräumt worden. Drei ausgebrannte Tempel befanden sich in seinem Blickfeld, von denen keiner aussah, als seien seine früheren Besitzer zurückgekehrt und hätten ihn wieder in Besitz genommen. Es gab keinen Unterschied zu den anderen vier, auf die sie bereits an diesem Nachmittag gestoßen waren.
    Im Augenblick waren die Aussichten düster. Es schien, als hätten nur die Priester im Knecht überlebt, und das war der letzte Ort, den sie aufsuchen wollten. Es ging das Gerücht, dass die politischen Rivalitäten gefährliche Ausmaße angenommen hätten, da der Maskenrat jetzt frei von der Gegenwart mächtiger Verbündeter war. Und darüber hinaus natürlich auch frei von der Gegenwart eines Herrschers, der traditionell einen ausgleichenden Einfluss auf die Exzesse der Priester und Priesterinnen gehabt hatte. Die Zukunft Capustans sah nicht sonderlich vielversprechend aus.
    Coll wandte sich nach rechts – Nordosten – und winkte Murillio hinter sich her, während er die Straße entlangging. Er hörte Murillios gedämpfte Flüche, als der junge Adlige die Riemen des Zuggeschirrs auf die Rücken der beiden Ochsen knallen ließ. Die Tiere waren erschöpft und hungrig, der Wagen hinter ihnen überladen.
    Der Vermummte soll uns holen, möglicherweise haben wir einen schrecklichen Fehler gemacht …
    Er hörte den Flügelschlag eines Vogels über seinem Kopf, sanft und rasch wieder verschwunden, und dachte sich nichts dabei.
    Zahllose Wagen waren hier entlanggefahren, und ihre Räder hatten tiefe Furchen in die Pflastersteine gegraben, vor allem in letzter Zeit, als sie schwer mit Gesteinstrümmern beladen gewesen waren, aber ihre Spurbreite entsprach nicht der des Rhivi-Wagens, eines Gefährts mit breiten Rädern, das für die Ebenen gebaut worden war, wo es sich gegen hohes Gras und Schlammlöcher behaupten musste. Murillio konnte allerdings auch nicht verhindern, dass die Wagenräder auf einer Seite in die Furche rutschten, denn die Ochsen hatten einen eigenen ausgetretenen Pfad auf dieser Seite der Straße. Dadurch hing der Wagen schräg, und sie kamen nur unbeholfen voran, wobei die Joche in einem Winkel standen, der ganz eindeutig unangenehm für die Ochsen war.
    Coll hörte von hinten einen leisen Klagelaut, der mit einem merkwürdigen Ächzen und dem Schnalzen der Zugriemen endete. Er wirbelte gerade noch rechtzeitig herum, um zu sehen, wie Murillios Körper von der Kutschbank fiel und mit knochenzerschmetternder Wucht auf den Pflastersteinen landete.
    Eine riesige, ganz in Schwarz gekleidete Gestalt, die ihm einen winzigen Augenblick lang Flügel zu haben schien, stand nun auf dem Wagen.
    Murillio lag wie eine weggeworfene Puppe reglos neben dem Vorderrad.
    Furcht stieg in dem Daru auf. »Was zum – «
    Die Gestalt gestikulierte mit den Händen. Schwarze magische Energien wirbelten um sie herum, taumelten auf Coll zu.
    Fluchend warf der Daru sich nach rechts, rollte scheppernd über die Steine und prallte gegen die erste halbmondförmige Stufe des Tempels.
    Doch die Magie wogte auf zu breiter Front heran, um ihr zu entkommen; sie wirbelte und breitete ihre tintige Macht aus, überflutete die Straße wie eine Sturmflut.
    Auf der Seite liegend, den Rücken gegen die Stufe gepresst, konnte Coll nur einen Unterarm hochreißen, um seine Augen zu bedecken, als die magischen Energien sich über ihm aufbäumten und dann auf ihn herabstürzten.
    Und verschwanden. Coll keuchte, blinzelte, und senkte den Arm gerade rechtzeitig, um eine dunkle, gerüstete Gestalt zu erblicken, die über ihn hinwegtrat; sie war von hinten gekommen, aus der Richtung des Tempeleingangs.
    Aus den Augenwinkeln erhaschte er einen Blick auf zwei Lang-Schwerter, eines davon merkwürdig gekrümmt, die über ihn hinwegglitten, dann setzte der gewaltige Krieger seinen Fuß auf das Straßenpflaster.
    Der Angreifer, der oben auf dem Wagen hockte, sprach mit hoher, schriller Stimme. Er klang nachdenklich. »Du solltest tot sein. Ich kann spüren, wie kalt du bist. Ich kann die Faust des Vermummten spüren, die sich in deiner leblosen Brust ballt. Er hat dich hier behalten. Lässt dich umherwandern.«
    Na, dieser Neuankömmling sieht mir aber nicht sonderlich tot aus. Er warf einen Blick in die

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