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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
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mehr erschütterte. Sein Blut floss kalt wie Gletschereis durch seine Adern, und voller Entsetzen, das schon fast an Panik grenzte, wurde ihm klar, dass der Angriff gerade erst begonnen hatte.
    Eine weitere Woge brandete auf die unglückliche Gruppe von Grauen Schwertern inmitten des Friedhofs zu. Überall in den breiten Straßen tobte eine rasende, dicht gedrängte Masse von Tenescowri. Alle Augen waren auf Itkovian und seine Soldaten gerichtet. Hände reckten sich ihnen entgegen, ganz egal, wie weit entfernt sie waren, und griffen hungrig in die Luft.
    Mit überlappenden Schilden bildeten die Grauen Schwerter das ramponierte Quadrat neu, das den Schild-Amboss umgab. Itkovian wusste nur zu gut, dass es verschlungen werden würde, genau so, wie es wenige Augenblicke zuvor schon einmal geschehen war. Doch wenn seine schweigenden Soldaten das tun konnten, was sie schon einmal getan hatten, würde sich das Quadrat erneut aus dem Meer von Leibern erheben, würde sich den Weg freihauen, den Feind zurückwerfen und auf einen neu erschaffenen Hügel aus Fleisch und Knochen klettern. Und wenn es Itkovian gelang, im Sattel zu bleiben, konnte er sein Schwert in alle Richtungen niederfahren lassen und alle töten, die in seine Reichweite kamen – und jene, die er nur verwundete, würden dann unter den eisenbeschlagenen Hufen seines Pferdes sterben.
    Er hatte noch nie so ein Gemetzel angerichtet, und es machte ihn krank, füllte sein Herz mit überwältigendem Hass – Hass auf den Seher. Der seinem eigenen Volk so etwas angetan hatte. Und auf Septarch Kulpath, wegen der kalten Grausamkeit, diese unglücklichen Bettler in den Rachen einer verzweifelten Armee zu werfen.
    Noch viel bitterer war, dass es ganz so aussah, als hätte diese Strategie Erfolg. Doch zu einem Preis, der jedes Vorstellungsvermögen weit übersteigt.
    Mit einem Aufbrüllen griffen die Tenescowri an.
    Die Ersten, die das waffenstarrende Quadrat erreichten, wurden in Stücke gehauen. Taumelnd, kreischend wurden sie von ihren Kameraden zurückgezerrt, in eine alles verschlingende Mitte, die sogar noch grausamer war als der Feind, dem sie in der vordersten Reihe gegenübergestanden hatten. Andere drängten sich nach vorn, um ein ähnliches Schicksal zu erleiden. Doch es kamen immer mehr; sie kletterten jetzt auf den Rücken der vor ihnen Stehenden, während andere an ihren Schultern emporklommen. Einen winzigen Augenblick lang starrte Itkovian auf eine dreigeschossige Mauer aus entfesseltem menschlichen Fleisch, dann stürzte sie vornüber in sich zusammen, begrub die Grauen Schwerter unter sich.
    Das Quadrat sackte unter der Last zusammen. Waffen wurden gepackt, Schilde heruntergezerrt, Helme von Köpfen gerissen, und überall, wo der Schild-Amboss hinblickte, war Blut.
    Gestalten torkelten über die sich hebende und senkende Oberfläche. Hackmesser, Beile und Messer wurden im Vorbeigehen nach unten geschwungen, doch ihr eigentliches, ihr endgültiges Ziel war Itkovian.
    Der Schild-Amboss machte Breitschwert und Schild bereit. Ein leicht veränderter Schenkeldruck veranlasste sein Pferd, sich unaufhörlich um sich selbst zu drehen. Das Tier warf kurz den Kopf hoch und senkte ihn dann, um seine Kehle zu schützen. Die Rüstung, die seine Stirn, seinen Hals und seine Brust bedeckte, war bereits verschmiert und eingedellt. Hufe stampften, begierig darauf, lebendes Fleisch zu zertrampeln.
    Der erste Bettler kam in Reichweite. Itkovian schwang sein Schwert, sah zu, wie ein Kopf davonflog, sah zu, wie der Rumpf zu zittern und zu zucken begann, ehe er zusammenbrach. Sein Pferd schlug mit den Hinterbeinen aus, traf mit einem knirschenden Geräusch auf etwas. Dann fing sich das Tier wieder und bäumte sich auf, die eisenbeschlagenen Vorderhufe traten und hackten zu, rissen eine kreischende Frau zu Boden. Ein anderer Tenescowri sprang mit einem Satz heran und wollte eines der Vorderbeine packen. Itkovian beugte sich vor und stieß mit dem Schwert nach dem verlängerten Rücken des Mannes; der Hieb ging tief genug, um das Rückgrat des Angreifers zu durchtrennen.
    Sein Pferd wirbelte herum, das Bein schleuderte den Leichnam weg. Der Kopf zuckte nach vorn, Zähne krachten durch den haarigen Schädel eines Bettlers, bohrten sich durch Knochen, wurden mit einem Bissen Haare und Schädel zurückgezogen.
    Hände rissen auf Itkovians Schildseite an seinem Oberschenkel. Er fuhr herum, schwang sein Schwert über den Widerrist seines Reittiers nach unten. Die Klinge durchtrennte

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