SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
von Mandata Tavore hier angekommen und zum Verbindungsoffizier ernannt worden war, stand er an vorderster Front den Überlebenden der Kette der Hunde gegenüber – sowohl denen, die mit dem Historiker Duiker hier angekommen waren, als auch denjenigen, die sie in der Stadt empfangen hatten. Gamet stand unter ständigem Druck. Wieder und wieder brach die Wut aus, die unter dem Mantel aus Anstand schwelte. Herzen, die nicht einfach nur gebrochen worden waren, sondern zerfetzt, in Stücke gerissen, auf denen herumgetrampelt worden war. Die Hoffnung der Mandata, den Lebensmut der Überlebenden wieder zu wecken – Nutzen aus ihrer Vertrautheit mit den örtlichen Gegebenheiten zu ziehen, um ihre Legionen aus unerfahrenen Rekruten zu verstärken –, erschien Gamet mit jedem Tag, der verstrich, unrealistischer.
Außerdem war ganz offensichtlich, dass es Blistig herzlich egal war, dass Gamet der Mandata täglich Bericht erstattete und seine Tiraden vermutlich mit sämtlichen tadelnswerten Einzelheiten an Tavore weitergab. So gesehen hatte der Kommandant doppelt Glück, dass Gamet der Mandata bis jetzt noch gar nichts davon erzählt hatte; generell befleißigte er sich in den Einsatzbesprechungen extremer Knappheit und beschränkte seine persönlichen Bemerkungen auf ein Minimum.
Während Blistigs Worte allmählich verklangen, seufzte Gamet nur und trat an den Karren heran, blickte auf den betrunkenen alten Mann hinunter, der darauf lag. Die Soldaten traten einen Schritt zurück – als hätte die Faust eine ansteckende Krankheit.
»Das da«, sagte Gamet gedehnt, »ist also Blinzler. Der Mann, der Coltaine getötet hat – «
»Reine Barmherzigkeit!«, schnappte einer der Wächter.
»Sieht aber ganz so aus, als wäre Blinzler anderer Ansicht.«
Darauf kam keine Antwort. Blistig trat an die Seite der Faust. »In Ordnung«, sagte er zu seinem Trupp. »Nehmt ihn mit und macht ihn sauber – und dann sperrt ihn ein.«
»Jawohl, Kommandant.«
Wenig später wurde der Karren weggezogen.
Gamet wandte sich erneut an Blistig. »Euer nicht gerade ausgeklügelter Plan, degradiert, in Eisen gelegt und mit dem nächstbesten Schiff nach Unta zurückgeschickt zu werden, wird nicht aufgehen, Kommandant. Die Mandata und ich – wir beide scheren uns einen Dreck um Euren angegriffenen Zustand. Wir bereiten uns auf einen Krieg vor, und dafür werdet Ihr gebraucht. Ihr und jeder Einzelne von Euren schrumpelgesichtigen Soldaten.«
»Es wäre besser gewesen, wir wären mit dem Rest gestorben – «
»Aber das seid Ihr nicht. Wir haben drei Legionen mit Rekruten, Kommandant. Sie machen große Augen und sind jung, aber sie sind auch bereit, das Blut von Sha’iks Getreuen zu vergießen. Die Frage ist – was wollt Ihr und Eure Soldaten ihnen zeigen?«
Blistig starrte ihn düster an. »Die Mandata macht den Hauptmann ihrer Leibwache zu einer Faust, und ich soll – «
»Ich war in der Vierten Armee«, schnappte Gamet. »In der Ersten Kompanie, von Anfang an. Die wickanischen Kriege. Ich habe dreiundzwanzig Jahre lang gedient, Kommandant. Ich habe Coltaine schon gekannt, da seid Ihr noch auf den Knien Eurer Mutter rumgeturnt. Ich habe eine Lanze in die Brust bekommen und war zu dickschädelig, um zu sterben. Mein Kommandant war so freundlich, mir meinen Abschied zu gewähren und mir eine Position in Unta zu besorgen, die er für sicher gehalten hat. Stimmt, ich war Hauptmann der Wache des Hauses Paran. Aber das hatte ich mir verdammt hart verdient.«
Nach einem langen Augenblick erschien ein schiefes Grinsen auf Blistigs Lippen. »Dann seid Ihr also genauso glücklich darüber, hier zu sein, wie ich.«
Gamet verzog das Gesicht zu einer Grimasse, sagte jedoch nichts.
Die beiden Malazaner kehrten zu ihren Pferden zurück.
Gamet schwang sich in den Sattel. »Wir rechnen damit, dass heute im Laufe des Tages der letzte Truppentransporter von der Insel Malaz hier eintrifft. Die Mandata wünscht alle Kommandanten beim achten Glockenschlag in ihrem Ratssaal zu sehen.«
»Wozu?«, fragte Blistig.
Um dich teeren und federn zu lassen, wenn’s nach mir ginge. »Seid einfach da, Kommandant.«
Die gewaltige Mündung des Menykh war ein brauner, schäumender Wirbel, der eine halbe Länge hinaus in die Bucht von Aren reichte. Saiten lehnte gleich hinter dem Vorderdeck an der Steuerbordreling des Truppentransporters und starrte in das brodelnde Wasser, dann hob er den Blick zu der Stadt am Nordufer des Flusses.
Er rieb sich über die Stoppeln,
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