SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
erhoben –, dass die Männer seitwärts auswichen. Nach seiner Zählung waren noch fünf andere übrig, außerdem der Offizier und Damisk. Er wirbelte herum, blickte sich um, aber es war niemand zu sehen – nur das Geräusch von Schritten, die sich in die Dunkelheit zurückzogen. Er schaute dorthin, wo die Pferde angebunden gewesen waren – die Tiere waren fort.
Eine Lanze schoss auf ihn zu. Knurrend lenkte Karsa sie mit der Rückseite seines Blutschwerts zur Seite ab, so dass sie an einem Felsblock zersplitterte. Er hielt inne, dann stapfte er hinüber zu Silgar.
Der Sklavenmeister hatte sich zu einem engen Ball zusammengerollt. Blut floss aus den vier Stümpfen. Karsa packte ihn an seinem Seidengürtel und trug ihn zurück zu der Ebene mit den Felsblöcken.
Als er um den ersten der mächtigen Felsen herumkam, erklang eine Stimme leise, aber deutlich aus den Schatten. »Hier entlang.«
Der Teblor grunzte. »Du hättest doch eigentlich fliehen sollen.«
»Sie werden sich neu formieren, doch wenn der Magier nicht mehr bei ihnen ist, sollten wir ihnen entwischen können.«
Karsa folgte seinem Kameraden auf die felsige Ebene hinaus. Nach etwa fünfzig Schritten blieb der Mann stehen und drehte sich zu dem Teblor um.
»Sie werden allerdings keine Mühe haben, uns zu folgen, so lange deine Beute eine solche Blutspur hinter sich herzieht. Mach irgendwas mit ihm.«
Karsa ließ Silgar zu Boden fallen, drehte ihn mit dem Fuß auf den Rücken. Der Sklavenmeister war bewusstlos.
»Er wird verbluten«, sagte der Tiefländer. »Du hast deine Rache gehabt. Lass ihn hier zum Sterben liegen.«
Stattdessen begann der Teblor, Streifen von Silgars Telaba abzuschneiden, mit denen er die Arm- und Beinstümpfe fest abband.
»Es wird immer noch ein bisschen durchkommen – «
»Damit werden wir leben müssen«, knurrte Karsa. »Ich bin mit diesem Mann noch nicht fertig.«
»Welchen Wert hat sinnlose Folter?«
Karsa zögerte, dann seufzte er. »Dieser Mann hat einen ganzen Teblor-Stamm versklavt. Der Geist der Sunyd ist gebrochen. Der Sklavenmeister ist kein Soldat – er hat keinen raschen Tod verdient. Er ist ein wahnsinniger Hund, der in eine Hütte gejagt und getötet – «
»Dann töte ihn.«
»Das werde ich … wenn ich ihn in den Wahnsinn getrieben habe.«
Karsa hob Silgar wieder auf und warf ihn sich über die Schulter. »Führe uns weiter, Tiefländer.«
Der Mann gab ein lautloses Zischen von sich und nickte.
Acht Tage später erreichten sie den verborgenen Pass durch die Pan’potsun-Berge. Die Malazaner hatten die Verfolgung erneut aufgenommen, doch sie hatten sie seit zwei Tagen nicht mehr gesehen, ein gutes Zeichen dafür, dass sie ihnen tatsächlich entwischt waren.
Sie stiegen den ganzen Tag über den steilen, felsigen Pfad hinauf. Silgar war noch immer am Leben; er fieberte und war nur selten bei Bewusstsein. Sie hatten ihn geknebelt, damit er nicht irgendwelche Geräusche von sich geben konnte. Karsa trug ihn auf seiner Schulter.
Kurz vor Einbruch der Abenddämmerung erreichten sie den Gipfel und kamen an die südwestliche Kante. Der Pfad wand sich zu einer im Schatten liegenden Ebene hinab. Auf der Kuppe setzten sie sich hin, um sich auszuruhen.
»Was liegt dahinter?«, fragte Karsa, während er Silgar zu Boden fallen ließ. »Ich sehe unter uns nichts als eine Ödnis aus Sand.«
»Das ist es auch«, erwiderte sein Begleiter in ehrerbietigem Tonfall. »Und in ihrem Herzen ist diejenige, der ich diene.« Er warf Karsa einen Blick zu. »Ich nehme an, sie wird sich sehr für dich interessieren …«, er lächelte, »Teblor.«
Karsa machte ein finsteres Gesicht. »Warum erheitert dich der Name meines Volkes so sehr?«
»Erheitert? Nein, er erschreckt mich eher. Die Fenn sind seit ihrer ruhmvollen Vergangenheit tief gesunken, doch sie erinnern sich noch genug, um noch ihren alten Namen zu kennen. Du kannst nicht einmal das von dir behaupten. Dein Volk ist schon über die Erde geschritten, als die T’lan Imass noch aus Fleisch und Blut waren. Aus eurem Blut sind die Barghast und die Trell entstanden. Ihr seid die Thelomen Toblakai.«
»Diese Namen kenne ich nicht«, brummte Karsa, »genauso wenig, wie ich deinen kenne, Tiefländer.«
Der Mann richtete den Blick wieder auf die dunklen Lande unter ihnen. »Man nennt mich Leoman. Und diejenige, der ich diene – die Erwählte, zu der ich dich bringen werde –, ist Sha’ik.«
»Ich diene niemandem«, sagte Karsa. »Diese Erwählte, lebt sie in
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