SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
war – «
»Weil es keinen Weg zurück gibt. Sie ist hier – die Macht hinter deinen geisterhaften Händen – nicht das Otataral, das schwächer wird, immer schwächer – «
»Schwächer?«
»Ja, schwächer! Sind deine Träume und Visionen nicht schlimmer geworden? Hast du nicht begriffen, warum? Ja, meine Mutter hat mir davon erzählt – die Statue … auf der Otataral-Insel, in der Wüste. Heboric, eine ganze Insel aus Otataral war geschaffen worden, um jene Statue zu bändigen, um sie gefangen zu halten. Doch du hast ihr ein Mittel zur Flucht verschafft – da, durch deine Hände. Du musst dorthin zurückkehren!«
»Genug!«, schnaubte er, schüttelte ihre Hand ab. »Sag mir, hat sie dir auch von sich erzählt, von ihrer Reise?«
»Was sie zuvor war, spielt keine Rolle mehr – «
»Oh, aber das tut es sehr wohl, mein Schätzchen! Es spielt eine Rolle!«
»Wie meinst du das?«
Beinahe hätte ihn die Versuchung überwältigt. Weil sie eine Malazanerin ist! Weil sie Tavores Schwester ist! Weil dieser Krieg nicht mehr länger der Krieg des Wirbelwinds ist – er ist gestohlen worden, von etwas weitaus Mächtigerem verzerrt worden, von den Blutsbanden, die uns alle in die stärksten Ketten schlagen! Welche Chance hat dagegen eine rasende Göttin?
Doch er sagte nichts.
»Du musst diese Reise unternehmen«, sagte Felisin mit leiser Stimme. »Aber ich weiß, dass du es nicht allein tun kannst. Nein. Ich werde mit dir gehen – «
Er stolperte bei diesen Worten ein paar Schritte von ihr weg und schüttelte den Kopf. Es war eine schreckliche Idee, eine Furcht erregende Idee. Doch sie passte erschreckend gut, ein Albtraum der Übereinstimmung.
»Hör zu! Wir beide müssen das nicht alleine tun – ich werde noch jemand anderen finden. Einen Krieger, einen loyalen Beschützer–«
»Genug! Kein Wort mehr davon!« Aber es würde sie fortbringen – fort von Bidithal und seinen grässlichen Begierden. Es würde sie fortbringen … fort von dem Sturm, der heraufzieht. »Mit wem hast du noch darüber gesprochen?«, wollte er wissen.
»Mit niemandem, aber ich hatte … an Leoman gedacht. Er könnte für uns jemanden von Mathoks Leuten auswählen – «
»Sag nichts mehr, Schätzchen. Nicht jetzt. Noch nicht.«
Sie packte ihn erneut am Unterarm. »Wir dürfen nicht zu lange warten, Geisterhand.«
»Noch nicht, Felisin. Und jetzt bring mich bitte nach Hause.«
»Willst du mit mir kommen, Toblakai?«
Karsa wandte den Blick von Urugals Steingesicht ab. Die Sonne war mit der ihr eigenen Plötzlichkeit untergegangen, und über ihnen leuchteten die Sterne hell und klar. Die Schlangen waren dabei, sich zu zerstreuen; auf der Suche nach Nahrung zog es sie in den unheimlich stillen Wald hinein. »Willst du, dass ich neben dir und deinen winzigen Pferden herlaufe, Leoman? In diesem Land gibt es kein Reittier für einen Teblor. Nichts, was meiner Größe angemessen wäre, wie die Pferde meiner Heimat – «
»Kein Reittier für einen Teblor, sagst du? Da täuschst du dich aber gewaltig, mein Freund. Na ja, hier vielleicht nicht, das stimmt schon. Aber im Westen, in der Jhag-Odhan, gibt es wilde Pferde, die zu deiner Statur passen. Jetzt sind sie jedenfalls wild. Es sind Jhag-Pferde – sie wurden vor langer Zeit von den Jaghut gezüchtet. Es könnte gut sein, dass die Pferde, die ihr Teblor in eurer Heimat reitet, der gleichen Zucht entstammen – schließlich hat es auch in Genabackis Jaghut gegeben.«
»Warum hast du mir das nicht schon früher gesagt?«
Leoman senkte die rechte Hand zum Boden hinab und schaute zu, wie sich die Kobra von seinem Arm herunterschlängelte. »Du hast nie zuvor erwähnt, dass ihr Teblor Pferde besitzt. Toblakai, ich weiß so gut wie nichts über deine Vergangenheit. Niemand hier weiß etwas darüber. Du bist kein sonderlich redseliger Mann. Du und ich, wir sind immer zu Fuß unterwegs gewesen, oder?«
»Die Jhag-Odhan. Das ist jenseits der Raraku.«
»Ja. Wenn du nach Westen durch den Wirbelwind gehst, wirst du an Klippen kommen, zur gebrochenen Küstenlinie des alten Meeres, das einst diese Wüste ausgefüllt hat. Geh immer weiter, bis du zu einer kleinen Stadt kommst – Lato Revae. Direkt im Westen liegt der äußerste Zipfel des Thalas-Gebirges. Umrunde seine südliche Ecke, immer weiter Richtung Westen, bis du zu einem Fluss namens Ugarat gelangst. Es gibt eine Furt südlich von Y’Ghatan. Bist du auf der anderen Seite, geh zwei Wochen oder noch länger nach Südwesten und
Weitere Kostenlose Bücher