SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
zur rechten Hüfte. Es ist eine stabile Kette, aus schwarzem Schmiedeeisen. Auf seinen Schultern sind hölzerne Scheiben – wie Epauletten, aber groß, jeweils eine Handspanne – «
»Wie viele insgesamt?«
»Vier. Du hast jetzt irgendeine Idee, Geisterhand. Sag es mir!«
»Ja«, murmelte L’oric, »Ihr denkt an etwas – «
»Er lügt«, knurrte Bidithal. »Alle haben ihn vergessen – sogar sein Gott –, und jetzt versucht er, sich wichtig zu machen.«
Febryl ergriff zum ersten Mal das Wort, seine Stimme klang krächzend und spöttisch. »Bidithal, was seid Ihr nur für ein Narr. Er ist ein Mann, der berührt, was wir nicht spüren können, und sieht, wo wir mit Blindheit geschlagen sind. Sprecht weiter, Geisterhand. Warum steht der Herr der Drachenkarten so seltsam da?«
»Weil er ein Schwert ist«, sagte Heboric.
Aber nicht irgendein Schwert. Er ist ein Schwert, vor allen Dingen, und es schneidet kalt. Das Schwert entspricht der Natur dieses Mannes. Er wird sich seinen eigenen Weg bahnen. Niemand wird ihn führen. Er steht jetzt vor meinem geistigen Auge. Ich sehe ihn. Ich sehe sein Gesicht. Oh, Sha’ik …
»Ein Herr der Drachenkarten«, sagte L’oric und seufzte. »Ein Magnet der Ordnung … im Gegensatz zum Haus der Ketten – doch er steht allein, Wächter oder nicht, während das Haus über viele Diener verfügt.«
Heboric lächelte. »Allein? Das ist er immer gewesen.«
»Und warum ist Euer Lächeln dann das eines gebrochenen Mannes, Geisterhand?«
Ich trauere um die menschliche Natur. Um diese Familie, die sich so bekriegt. »Auf diese Frage werde ich nicht antworten, L’oric.«
»Ich werde jetzt allein mit Geisterhand sprechen«, verkündete Sha’ik.
Doch Heboric schüttelte den Kopf. »Ich werde heute nichts mehr sagen, auch zu Euch nicht, Erwählte. Nur dies noch: Habt Vertrauen in den Herrn der Drachenkarten. Er wird auf das Haus der Ketten reagieren. Er wird darauf reagieren.«
Heboric stand auf, er fühlte sich um Jahre gealtert. Neben ihm war Bewegung, dann legte die junge Felisin ihm eine Hand auf den Unterarm. Er ließ sich von ihr aus dem Zimmer führen.
Draußen war die Abenddämmerung hereingebrochen, erkennbar am Geschrei der Ziegen, die in die Umzäunung getrieben wurden. Im Süden, knapp jenseits der Außenbezirke der Stadt, dröhnte der Donner von Pferdehufen. Kamist Reloe und Korbolo Dom waren der Besprechung fern geblieben, weil sie die Übungen der Truppen beaufsichtigen wollten. Die Übungen wurden im malazanischen Stil durchgeführt, was – wie Heboric zugeben musste – bisher der einzige Ausdruck von Brillanz der abtrünnigen Faust war. Zum ersten Mal würde eine malazanische Armee sich einem ihr – bis auf die Moranth-Munition – ebenbürtigen Gegner gegenübersehen. Taktik und Aufstellung der Streitkräfte würden identisch sein, was garantierte, dass die bloße Überzahl entscheiden würde. Der Drohung durch die Moranth-Munition würde mit Zauberei begegnet werden, denn die Armee des Wirbelwinds verfügte über einen vollen Kader aus Hohemagiern, während Tavore – so weit sie wussten – keine Magier in Diensten hatte. Spione in Aren hatten beobachtet, dass Nil und Neder, die beiden wickanischen Kinder, noch da waren, doch beide, hieß es, wären durch Coltaines Tod völlig gebrochen.
Warum sollte sie auch Magier brauchen? Schließlich trägt sie ein Otataral-Schwert. Andererseits lässt sich die negierende Wirkung dieses Schwerts nicht über ihre ganze Armee ausdehnen. Liebste Sha’ik, es ist gut möglich, dass du deine Schwester schließlich doch besiegst.
»Was hast du jetzt vor, Geisterhand?«, fragte Felisin.
»Ich gehe zu meinem Zelt, Schätzchen.«
»Das habe ich nicht gemeint.«
Er neigte den Kopf. »Ich weiß es nicht – «
»Wenn du es tatsächlich nicht weißt, dann habe ich deinen Weg noch vor dir gesehen, und das kann ich kaum glauben. Du musst hier weg, Geisterhand. Du musst deinen Weg zurückgehen, denn sonst wird das, was dich quält, dich töten – «
»Und – spielt das eine Rolle? Schätzchen – «
»Versuche einfach mal einen Augenblick über deine Nasenspitze hinauszusehen, alter Mann! In deinem Innern ist etwas. Gefangen in deinem sterblichen Körper. Was wird geschehen, wenn dein Körper versagt?«
Er schwieg einen Moment lang und fragte dann: »Wie kannst du dir dessen so sicher sein? Mein Tod könnte einfach das Risiko der Flucht verringern – er könnte das Portal schließen, es so fest versiegeln, wie es vorher
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