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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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gedämpft, dass ihr Bruder Ganoes Paran überlebt hatte, sondern auch dafür gesorgt, dass sie nun auf für sie untypische Weise abgelenkt wirkte.
    Das Haus der Ketten war mit ihren Schicksalen verwoben. Und sie hatten nicht die geringste Chance, sich auf die heimtückische Einmischung, diese … Infektion vorzubereiten. Aber war es ein Feind oder eine mögliche Quelle erneuerter Stärke? Es schien, als wäre Bidithal eifrig damit beschäftigt, sich einzureden, dass es Letzteres wäre, wobei ihn seine wachsende Unzufriedenheit mit der Wiedergeborenen Sha’ik zweifellos darin bestärkte. L’oric hingegen schien eher geneigt, Heborics Befürchtungen zu teilen, während Febryl sich als Einziger überhaupt nicht zu der ganzen Sache äußerte.
    Die Luft im Zelt war schwül, und es roch nach Schweiß. Heboric wäre am liebsten gegangen, all dem hier entflohen, doch er spürte, dass Sha’ik sich an ihn klammerte, ein geistiges Sichfesthalten, das genauso verzweifelt war wie alles andere, was er zuvor in ihr gespürt hatte.
    »Zeigt uns noch einmal die neue Neutrale Karte.«
    Ja. Zum tausendsten Mal.
    Mit finsterem Gesicht ging Bidithal die Karten durch und legte dann die gesuchte in die Mitte der Ziegenfellmatte. »Wenn eine der neuen Karten zweifelhaft ist«, spöttelte der alte Mann, »dann diese hier. Herr der Drachenkarten? Das ist absurd. Wie soll jemand das Unkontrollierbare kontrollieren können?«
    Stille folgte auf seine Worte.
    Das Unkontrollierbare? Wie der Wirbelwind?
    Sha’ik hatte die Anspielung offensichtlich nicht bemerkt. »Geisterhand, ich möchte, dass du diese Karte nimmst, dass du versuchst, so viel wie möglich über sie zu erspüren.«
    »Darum bittet Ihr mich immer wieder, Erwählte«, seufzte Heboric. »Aber ich sage Euch, es besteht keine Verbindung zwischen der Macht meiner Hände und den Drachenkarten. Ich kann da nicht helfen – «
    »Dann hör gut zu, denn ich werde sie dir beschreiben. Denk nicht an deine Hände – ich frage dich jetzt als ehemaligen Priester, als Gelehrten. Hör zu. Das Gesicht ist verdeckt, doch es deutet – «
    »Es ist verdeckt«, unterbrach Bidithal sie höhnisch, »weil die Karte nichts weiter als die Projektion des Wunschdenkens von jemandem ist.«
    »Unterbrecht mich noch einmal, und Ihr werdet es bedauern, Bidithal«, sagte Sha’ik. »Ich habe von Euch genug zu dieser Angelegenheit gehört. Wenn Ihr den Mund noch einmal aufmacht, werde ich Euch die Zunge herausreißen. Geisterhand, ich fahre fort. Die Gestalt ist ein wenig größer als der Durchschnitt. Da ist ein roter Streifen von einer Narbe – oder vielleicht ist es auch Blut – auf einer Seite des Gesichts – eine Verwundung, ja? Er – ja, ich bin mir sicher, dass es ein Mann ist und keine Frau – er steht auf einer Brücke. Einer steinernen Brücke, durch die Risse und Sprünge laufen. Der Horizont ist voller Flammen. Es scheint, als wären er und die Brücke umgeben – von Anhängern … oder Dienern – «
    »Oder Wächtern«, fügte L’oric hinzu. »Entschuldigt, Erwählte.«
    »Wächter. Ja, das ist gut möglich. Sie sehen wie Soldaten aus, oder?«
    »Worauf stehen diese Soldaten?«, fragte Heboric. »Könnt Ihr den Boden sehen, auf dem sie stehen?«
    »Knochen – es gibt hier jede Menge feiner Einzelheiten, Geisterhand. Woher hast du das gewusst?«
    »Beschreibt bitte die Knochen.«
    »Sie stammen nicht von Menschen – und sie sind sehr groß. Ein Schädel ist zum Teil zu sehen, mit einer langen Schnauze, schrecklichen Fängen. Er trägt Überreste von einer Art Helm – «
    »Ein Helm? Auf dem Schädel?«
    »Ja.«
    Heboric verstummte. Er fing an, sich vor und zurück zu wiegen, war sich der Bewegung jedoch kaum bewusst. In seinem Kopf begann eine Totenklage anzuschwellen, die keinen Ursprung hatte, ein Schrei voller Kummer, voller Schmerz.
    »Der Herr der Drachenkarten …«, sagte Sha’ik, und ihre Stimme zitterte, »er steht irgendwie merkwürdig. Mit ausgestreckten Armen, die Ellbogen angewinkelt, so dass die Hände vom Körper abgewandt sind – es ist eine sehr merkwürdige Haltung – «
    »Sind seine Füße nah beieinander?«
    »Fast unmöglich nah.«
    Als ob sie einen Punkt bilden würden. Heborics Stimme klang in seinen eigenen Ohren dumpf und wie aus weiter Ferne, als er fragte: »Und was trägt er?«
    »Enge Seidengewänder, nach ihrem Schimmer zu urteilen. Schwarz.«
    »Noch irgendwas?«
    »Da ist eine Kette. Sie verläuft quer über seinen Oberkörper, von der linken Schulter

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