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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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deinen gefallenen Freunden, die versagt haben, im Gegensatz zu dir. Dieser Tempel soll nicht durch Sentimentalität geweiht werden. Ihre Gegenwart beleidigt uns. Zerstöre sie noch heute Nacht.«
    Die sieben Gesichter waren jetzt alle erwacht, und Karsa spürte das Gewicht ihrer Blicke auf sich lasten, ein tödlicher Druck, hinter dem etwas verborgen lag … gierig, dunkel und voller Schadenfreude.
    »Mit meinen eigenen Händen habe ich euch zu diesem Ort gebracht«, sagte Karsa zu Urugal. »Durch meine Hände seid ihr aus eurem Gefängnis im Fels in den Landen der Teblor befreit worden – nein, ich bin nicht der Narr, den ihr in mir sehen wollt. Ihr habt mich angeleitet, das hier zu tun, und nun seid ihr gekommen. Und sprecht als Erstes von Strafe? Vorsicht, Urugal. Ich kann hier jede Statue mit meinen Händen zerstören, wenn ich will.«
    Er spürte, wie ihre Wut auf ihn einschlug, Schläge, die ihn dazu bringen sollten, sich unter dem Ansturm zu winden, doch er stand vor ihnen, unbeweglich und unbewegt. Den Teblor-Krieger, der im Angesicht seiner Götter verzagen würde, gab es nicht mehr.
    »Du hast uns näher herangebracht«, krächzte Urugal schließlich. »Nah genug, dass wir den genauen Aufenthaltsort dessen spüren können, was wir begehren. Dort musst du nun hingehen, Karsa Orlong. Du hast die Reise so lange aufgeschoben – deine Reise zu uns – und dann weiter zu dem Weg, den wir für dich ausersehen haben. Du hast dich zu lange in der Gesellschaft dieses armseligen Geists versteckt, der wenig mehr tut als Sand zu spucken.«
    »Dieser Weg, diese Reise – wohin führt das? Was sucht ihr?«
    »Genau wie du, Krieger, suchen wir die Freiheit.«
    Karsa schwieg. Begierig, in der Tat. Dann sprach er. »Ich werde nach Westen reisen. In die Jhag Odhan.«
    Er spürte ihren Schreck und ihre Aufregung, dann den Chor aus Verdächtigungen, der den sieben Göttern entströmte.
    »Nach Westen! In der Tat, Karsa Orlong. Aber woher weißt du das?«
    Weil ich letztendlich doch der Sohn meines Vaters bin. »Ich werde bei Anbruch der Morgendämmerung aufbrechen, Urugal. Und ich werde für euch suchen, was ihr begehrt.« Er konnte spüren, wie ihre Präsenz verblasste, und wusste instinktiv, dass diese Götter der Freiheit längst nicht so nah waren, wie sie ihn glauben machen wollten. Und auch nicht so mächtig.
    Urugal hatte die Lichtung einen Tempel genannt, aber es war ein umkämpfter Tempel, und nun, da die Sieben sich zurückzogen und plötzlich fort waren, wandte Karsa sich von den Gesichtern der Götter ab und blickte jene an, denen dieser Ort in Wirklichkeit geweiht war. Durch seine eigenen Hände. Im Namen jener Ketten, die ein Sterblicher mit Stolz tragen konnte.
    »Meine Loyalität«, sagte der Teblor-Krieger leise, »war fehlgeleitet. Ich habe nur dem Ruhm gedient. Bloße Worte, meine Freunde. Worte können eine falsche Würde vermitteln. Sie können brutale Wahrheiten verhüllen. Die Worte der Vergangenheit, die die Teblor in Heldengewänder gehüllt haben – diesen Dingen habe ich gedient. Während der wahre Ruhm offen vor mir lag. Neben mir. Du, Delum Thord. Und du, Bairoth Gild.«
    Aus der steinernen Statue von Bairoth Gild drang eine entfernte, müde Stimme an sein Ohr. »Führe uns, Kriegsführer.«
    Karsa zuckte zusammen. Träume ich das alles? Dann reckte er sich. »Ich habe eure Geister an diesen Ort gezogen. Seid ihr im Gefolge der Sieben gereist?«
    »Wir sind durch die leeren Lande geschritten«, erwiderte Bairoth Gild. »Die leeren Lande, doch wir waren nicht allein. Fremde warten auf uns, Karsa Orlong. Dies ist die Wahrheit, die sie vor dir zu verbergen suchen. Wir wurden gerufen. Wir sind hier.«
    »Niemand«, erklang Delum Thords Stimme von der anderen Statue her, »kann dich auf dieser Reise besiegen. Du führst den Feind im Kreis, du setzt dich über jede Vorhersage hinweg und offenbarst so die Stärke deines Willens. Wir haben versucht, dir zu folgen, aber wir konnten es nicht.«
    »Wer ist jetzt unser Feind, Kriegsführer?«, fragte Bairoth, und seine Stimme klang jetzt kühner.
    Karsa richtete sich vor den beiden Uryd-Kriegern auf. »Seid Zeugen meiner Antwort, meine Freunde. Seid meine Zeugen.«
    »Wir haben dich im Stich gelassen, Karsa Orlong«, sagte Delum. »Und doch lädst du uns ein, dich noch einmal zu begleiten.«
    Karsa unterdrückte das Bedürfnis zu schreien, einen Kriegsschrei auszustoßen – als ob eine solche Herausforderung die heraufziehende Dunkelheit zurückdrängen

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