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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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nicht teilen will. Die einzige andere Person, die dieses Geheimnis kennt, ist Geisterhand.«
    Leoman starrte Karsa mehrere Herzschläge lang an und ging dann langsam in die Hocke. Die beiden Männer waren von Schlangen umgeben, das raschelnde Geräusch, mit dem sie über den Sand glitten, bildete eine ständige, gedämpfte Untermalung. Leoman senkte eine Hand und schaute zu, wie eine Kobra sich um seinen Arm zu winden begann. »Deine Worte, Toblakai, flüstern von einer Niederlage.«
    Schulterzuckend schritt Karsa zu seiner Werkzeugkiste, die am Fuße eines Baums stand. »Diese Jahre haben mir viel gegeben. Deine Gesellschaft, Leoman. Die Altere Sha’ik. Ich habe einst geschworen, dass die Malazaner meine Feinde wären. Doch nach allem, was ich seit damals von der Welt gesehen habe, ist mir nun klar, dass sie nicht grausamer sind als irgendwelche anderen Tiefländer. Tatsächlich scheinen sie die Einzigen zu sein, die überhaupt noch einen Sinn für Gerechtigkeit haben. Die Menschen aus dem Reich der Sieben Städte, die die Malazaner so sehr verachten und sich wünschen, dass sie verschwinden – die wollen nichts weiter, als sich die Macht zurückholen, die die Malazaner ihnen genommen haben. Macht, die sie dazu benutzt haben, ihre eigenen Leute schlecht zu behandeln. Leoman, du und deine Leute, ihr führt Krieg gegen die Gerechtigkeit, und das ist nicht mein Krieg.«
    »Gerechtigkeit?« Leoman bleckte die Zähne. »Du erwartest, dass ich deine Worte in Frage stelle, Toblakai? Das werde ich nicht tun. Die Wiedergeborene Sha’ik sagt, dass keine Loyalität in mir steckt. Vielleicht hat sie Recht. Ich habe zu viel gesehen. Und doch bleibe ich hier – hast du dich jemals gefragt, warum?«
    Karsa nahm einen Meißel und einen Hammer aus der Kiste. »Das Licht wird schwächer – und das macht die Schatten tiefer. Es ist das Licht, das begreife ich jetzt. Das ist es, was an ihnen anders ist.«
    »Das Apokalyptische, Toblakai. Auflösung. Vernichtung. Alles. Alle Menschen … alle Tiefländer. Mit unseren verdrehten Schrecken – all das, was wir anderen antun. Die Verwüstungen, die Grausamkeiten. Für jede Geste voller Freundlichkeit und Mitleid gibt es zehntausend brutale Taten. Loyalität? Stimmt, ich habe keine. Nicht meiner Art gegenüber, und je eher wir uns selbst auslöschen, desto besser wird’s für diese Welt sein.«
    »Das Licht«, sagte Karsa, »lässt sie beinahe menschlich aussehen.«
    Abgelenkt wie er war, bemerkte Toblakai nicht, wie Leoman die Augen zusammenkniff, und auch nicht, wie er sich bemühte, sich ganz still zu verhalten.
    Man tritt nicht zwischen einen Mann und seine Götter.
    Die Schlange hob den Kopf direkt vor Leomans Gesicht; dort verharrte sie und betrachtete ihn züngelnd.
     
    »Das Haus der Ketten«, murmelte Heboric, und sein Gesichtsausdruck wurde bitter bei diesen Worten.
    Bidithal erschauerte, doch es war schwer zu sagen, ob aus Furcht oder Vergnügen. »Plünderer. Gemahlin. Die Ungebundenen – die sind interessant, was? Die ganze Welt wie zerschmetterte – «
    »Woher stammen diese Bilder?«, wollte Heboric wissen. Die hölzernen Karten mit den lackierten Bildern auch nur anzusehen – verschwommen, wie sie waren – ließ in dem ehemaligen Priester die Galle hochsteigen. Ich spüre … Fehler. In jeder einzelnen Karte. Das ist kein Zufall, kein Versagen der Hand, die diese Bilder gemalt hat.
    »Es gibt keinen Zweifel an ihrer Echtheit«, antwortete L’oric auf seine Frage. »Die Macht, die sie verströmen, stinkt nach Zauberei. Ich bin noch niemals zuvor Zeuge einer so kraftvollen Geburt innerhalb der Drachenkarten geworden. Nicht einmal Schatten hat – «
    »Schatten!«, schnappte Bidithal. »Diese Betrüger konnten die wahre Macht jener Sphäre niemals entfesseln! Nein, hier, in diesem neuen Haus, ist das Thema rein. Die Unvollkommenheit wird gefeiert, die Verdrehung des chaotischen Zufalls beeinträchtigt sie allesamt – «
    »Ruhe!«, zischte Sha’ik. Sie hatte die Arme eng um den Oberkörper geschlungen. »Darüber müssen wir nachdenken. Niemand sagt etwas. Lasst mich nachdenken!«
    Heboric beobachtete sie einen Moment lang; er blinzelte, um sie deutlicher erkennen zu können, obwohl sie direkt neben ihm saß. Die Karten des neuen Hauses waren auf dem gleichen Weg gekommen wie die Nachricht über die malazanischen Fehlschläge in Genabackis. Seither gärte es unter Sha’iks Kommandanten; die andauernden Streitereien hatten nicht nur ihre Freude darüber

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