SdG 07 - Das Haus der Ketten
dann, Kriegshäuptling?«
»Ich mache mir Gedanken, Corabb.«
»Worüber?«
»Über die Imperatrix. Sie war einst Herrin der Klauen. Sie hat dieser schrecklichen Macht Gestalt verliehen, und wir haben alle gelernt, diese Magier-Assassinen zu fürchten. Ein ziemlich unheilvoller Anfang, nicht wahr? Und dann, als Imperatrix, hatte sie die großen Anführer ihrer Armeen. Dujek Einarm. Admiral Nok. Coltaine. Graumähne.«
»Aber heute Nacht – hier – stehen wir keinem dieser Männer gegenüber, Kriegshäuptling.«
»Das stimmt. Wir stehen Mandata Tavore gegenüber, die von der Imperatrix persönlich ausgewählt wurde. Um als ihr verlängerter Arm Rache zu nehmen.«
Corabb runzelte die Stirn, dann zuckte er die Schultern. »Hat die Imperatrix nicht auch Hohefaust Pormqual ausgewählt? Oder Korbolo Dom? Hat sie nicht Elster degradiert – den grimmigsten Malazaner, dem unsere Stämme jemals gegenübergestanden haben? Und – wenn die Gerüchte stimmen – war sie nicht auch verantwortlich für die Ermordung von Dassem Ultor?«
»Deine Worte sind scharfsinnig, Corabb. Sie ist nicht gefeit vor … folgenschweren Fehlurteilen. Nun gut, wollen wir sie dafür bezahlen lassen.« Er drehte sich um und winkte seine Krieger vorwärts.
Corabb Bhilan Thenu’alas grinste. Vielleicht würden die Geister ja in dieser Nacht auf ihn herablächeln. Und wenn – dann bitte ich darum, dass ich inmitten all der zahllosen toten Malazaner eine gute Axt oder Keule finde.
Bordukes Trupp hatte einen kleinen Hügel gefunden, auf dem er Position beziehen konnte. Die Soldaten fluchten, während sie zu der bescheidenen Kuppe hinaufkrochen, und machten sich daran, Löcher zu graben und Felsbrocken anders aufzustellen.
Ihr Hügel war wahrscheinlich irgendein altes rundes Hügelgrab – die Hügel in dieser Senke waren viel zu regelmäßig, um natürlichen Ursprungs zu sein. Zwanzig Schritt entfernt lauschte Fiedler dem Gemurmel und den Geräuschen der Seesoldaten des Sechsten Trupps auf ihrem Stützpunkt, die dann und wann von Bordukes ungeduldigem Geknurre unterbrochen wurden. Fünfzig Schritt weiter westlich grub sich ein anderer Trupp auf einem anderen Hügel ein, und der Sergeant begann sich zu fragen, ob sie zu lange gewartet hatten. Hügelgräber waren schließlich meist große Haufen aus Felsen unter einem Mantel aus sandiger Erde, und sich auf ihnen einzugraben war nie leicht. Er konnte hören, wie eiserne Schaufeln über harten Granit knirschten und Felsbrocken gelockert wurden, von denen ein paar durch die dichten, hartblättrigen Büsche den Hügelhang hinunterrollten.
Beim Atem des Vermummten – wie tollpatschig müsst ihr Idioten euch denn noch anstellen?
Als Corabb sich gerade zur nächsten Deckung weiterschieben wollte, packte Leoman ihn mit der behandschuhten Hand an der Schulter. Der Krieger erstarrte.
Und jetzt konnte er es hören. In der Senke waren Soldaten.
Leoman kam an seine Seite gekrochen. »Außen gelegene Vorposten«, flüsterte er. »Auf den Hügelgräbern. Scheint, als würde sie uns schließlich doch noch ein Geschenk machen«, fügte der Kriegshäuptling mit einem Grinsen hinzu. »Hör nur, wie sie rumstolpern – sie haben zu lange gewartet, und jetzt können sie in der Dunkelheit nichts mehr sehen.«
Es war nicht schwierig, die feindlichen Positionen auszumachen – sie hatten sich für sämtliche Hügelgräber entschieden und machten reichlich Lärm, während sie sich eingruben. Und wie Corabb klar wurde, waren sie zu weit voneinander entfernt, um sich gegenseitig zu Hilfe zu kommen. Jede Position konnte leicht isoliert und umzingelt und alle Soldaten bis auf den letzten Mann niedergemetzelt werden. Lange bevor irgendeine Unterstützung vom eigentlichen Lager eintreffen konnte.
Wahrscheinlich erwarteten die Malazaner einen Überfall kurz vor Anbruch der Morgendämmerung, ähnlich dem Ersten, dachte Corabb, während er durch die Dunkelheit auf die nächste feindliche Stellung zuglitt. Deshalb hatte die Mandata die Soldaten sozusagen als Sicherheitsmaßnahme Stellung beziehen lassen. Aber, wie Leoman ihm einst erklärt hatte, jede einzelne Einheit einer Armee im Feld musste sich an die Regeln gegenseitiger Unterstützung halten – selbst die Vorposten, wo die erste Feindberührung stattfinden würde. Ganz eindeutig hatte die Mandata es versäumt, diesen elementaren Grundsatz zu befolgen.
Dies war – neben ihrem Unvermögen, ihre Seti-Reiterkrieger zu kontrollieren – in Corabbs Augen ein
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