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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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von den spielenden Kindern ab und ging zu der Bank, auf der Hull saß. Männer waren schnell damit bei der Hand, ihre Mauern zu errichten und sie dann starrsinnig zu verteidigen, doch jetzt hatte sie genug. »Die Nerek werden verhungern, wenn du nichts tust.«
    Es gab keinerlei Anzeichen, dass er ihre Worte gehört hatte.
    »Na toll«, knurrte sie. »Was sind schon ein paar tote Nerek mehr auf deiner Liste?«
    Sie hatte ihn wütend machen wollen. Hatte einen Ausbruch erwartet, hatte ihn mit ihren Worten verletzen wollen, und wenn nur, um sich davon zu überzeugen, dass in seinen Adern immer noch Blut floss. Doch auf ihre boshaften Worte hin, hob er nur den Kopf und lächelte sie sanft an. »Seren Pedac, die Nerek erwarten, von den Tiste Edur willkommen geheißen zu werden, genau wie wir – obwohl wir Letherii den seelischen Schaden, den uns die Edur zufügen wollen, weitaus weniger deutlich wahrnehmen. Unsere Haut ist eben ziemlich dick …«
    »Das kommt von unserer Fixierung auf unser sogenanntes unfehlbares Schicksal«, antwortete sie. »Was ist damit?«
    »Ich hatte angenommen«, sagte er, und sein Lächeln verschwand, »dass die Dicke unseres … Panzers nichts weiter als eine Illusion ist. Große Töne und selbstgerechte Arroganz, die eine tief sitzende Unsicherheit überdecken sollen. Und dass wir in einer dauerhaften Krise leben, da das Schicksal, zu dem wir uns selbst bekennen, viele Masken trägt, von denen keine einzige wirklich passt …«
    »Wie sollen sie auch, wenn sie nach einem Idealbild gestaltet wurden, Hull?«
    Er zuckte die Schultern und senkte den Blick, schien seine Hände anzustarren. »Aber in vielerlei Hinsicht ist unser Panzer tatsächlich dick. Taub für Zwischentöne, blind für Schattierungen. Deshalb sind wir immer so misstrauisch, wenn es um feinsinnige Dinge geht, besonders, wenn sie von Fremden zur Schau gestellt werden, von Außenseitern.«
    »Wir Letherii haben unsere eigenen betrügerischen Spiele«, sagte Seren. »Du malst ein Bild von stümperhaften Narren …«
    »Was wir in vielerlei Hinsicht auch sind«, erwiderte er. »Oh, wir vergegenwärtigen uns unsere Ziele klar und deutlich. Aber wir übersehen die Tatsache, dass jeder Schritt, den wir auf diese Ziele zu machen, irgendjemanden zermalmt, irgendwo.«
    »Selbst unsere eigenen Leute.«
    »Ja, auch das gibt es.« Er erhob sich, und Seren Pedac war einmal mehr beeindruckt von seiner Größe. Ein großer, gebrochener Mann. »Ich werde mich bemühen, die missliche Lage der Nerek zu verbessern. Aber es liegt bei den Tiste Edur, die richtige Antwort zu geben.«
    »Sehr gut.« Sie trat zurück und drehte sich um. Die Kinder spielten noch immer inmitten der verlorenen Schatten. Sie hörte, wie Hull davonging, lauschte seinen Schritten, die sich auf den Holzschnitzeln entfernten.
    Sehr gut.
    Sie begab sich ins Dorf, ging die Hauptstraße entlang, über die Brücke, die durch offene Tore in den inneren Bezirk führte, wo die adligen Hiroth ihre Häuser hatten. Dahinter lag Hannan Mosags Langhaus. Seren Pedac blieb auf der großen Lichtung gleich innerhalb der Palisade stehen. Es waren keine Kinder zu sehen, nur Sklaven, die mit ihren niederen Arbeiten beschäftigt waren, und ein halbes Dutzend Edur, die sich mit einer Vielzahl unterschiedlicher Waffen übten. Keiner nahm Notiz von der Freisprecherin, zumindest nicht erkennbar, obwohl sie sicher war, dass ihre Ankunft heimlich beobachtet worden war und man genau darauf achten würde, wo sie hinging.
    Zwei Letherii-Sklaven gingen unweit von ihr vorbei, ein mit Muscheln prall gefülltes Netz zwischen sich. Seren trat zu ihnen.
    »Ich möchte mit einer würdigen Dame der Edur sprechen.«
    »Sie kommt schon«, antwortete einer der beiden, ohne sie anzublicken.
    Seren drehte sich um.
    Die Edur, die auf sie zukam, wurde von Bediensteten begleitet. Sie sah jung aus, doch das war bei den Edur schwer zu beurteilen. Und attraktiv, doch das wiederum war nicht ungewöhnlich. Sie trug ein langes Gewand aus mitternachtsblau gefärbter Wolle; Muster aus Goldfäden schmückten die Armelaufschläge. Ihre langen, glatten, braunen Haare waren nicht zusammengebunden.
    »Freisprecherin«, sagte sie in der Sprache der Edur, »habt Ihr Euch verirrt?«
    »Nein, meine Dame. Ich wollte mit Euch sprechen; es geht um die Nerek.«
    Schmale Augenbrauen hoben sich in dem herzförmigen Gesicht. »Mit mir?«
    »Mit einer Edur«, erwiderte Seren.
    »Ach. Und was wünscht Ihr zu sagen?«
    »Solange die Edur den Nerek

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