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SdG 11 - Die Kochenjäger

SdG 11 - Die Kochenjäger

Titel: SdG 11 - Die Kochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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achten.
    Voll begeisterter Faszination beobachtete Chaur jede Rauchwolke, die Scillara ausstieß.
    Ja, mein Junge, es ist genau, wie die Legenden sagen – manche Dämonen atmen Feuer.
     
    Sie ließen Schlitzer schlafen, und er erwachte erst mitten am Vormittag – schoss mit einem verwirrten Gesichtsausdruck in eine sitzende Haltung hoch. Augenblicke später sah er aus, als ob er sich schuldig fühlte. In der Sonne war es mittlerweile warm, doch eine angenehm kühle, von Osten heranwehende Brise ließ es nicht zu heiß werden.
    Barathol sah zu, wie Schlitzer sich umblickte und Scillara entdeckte, die sich mit dem Rücken an einen Felsblock lehnte, und der Daru zuckte leicht zusammen, als sie ihm grüßend zuwinkte und eine Kusshand zuwarf.
    Chaur umkreiste das Lager wie ein aufgeregter Hund – das Tosen der Brandung war nun, da es vom Wind herangetragen wurde, viel lauter, und er konnte seine Ungeduld, den Ursprung dieses Geräuschs zu entdecken, kaum zügeln.
    Schlitzer wandte den Blick von Scillara ab und beobachtete Chaur einige Zeit. »Was ist mit ihm?«
    »Das Meer«, sagte Barathol. »Er hat es noch nie gesehen. Er weiß vermutlich noch nicht einmal, was es ist. Es ist noch ein bisschen Tee da, Schlitzer, und die Päckchen, die vor Scillara liegen, sind dein Frühstück.«
    »Es ist spät«, sagte er, während er aufstand. »Ihr hättet mich wecken sollen.« Dann hielt er inne. »Das Meer? Beru hilf, sind wir ihm denn schon so nah?«
    »Kannst du es nicht riechen? Oder hören?«
    Schlitzer lächelte plötzlich; es war ein echtes Lächeln – das erste, das Barathol bei dem jungen Mann zu sehen bekam.
    »Hat irgendjemand letzte Nacht den Mond gesehen?«, fragte Scillara. »Er war voller Flecken. Irgendwie merkwürdig. Als ob jemand Löcher in ihn gestochen hätte.«
    »Ein paar von den Löchern«, bemerkte Barathol, »scheinen größer zu werden.«
    Sie blickte ihn an. Nickte. »Gut. Ich habe es auch gedacht, aber ich war mir nicht sicher. Was glaubst du – was hat das zu bedeuten?«
    Barathol zuckte die Schultern. »Es heißt, dass der Mond eine andere Sphäre ist, eine wie unsere hier, mit Leuten auf seiner Oberfläche. Manchmal fallen Dinge aus unserem Himmel. Felsen. Feuerbälle. Es heißt, der Sturz des Verkrüppelten Gottes war so etwas. Ganze Berge, die herabgestürzt sind, den größten Teil eines Kontinents ausgelöscht und den halben Himmel in Rauch und Asche gehüllt haben.« Er sah erst Scillara, dann Schlitzer an. »Ich habe gedacht, dass vielleicht irgendetwas den Mond auf die gleiche Weise getroffen hat.«
    »Wie ein Gott, der heruntergezogen wurde?«
    »Ja, so in etwa.«
    »Und was sind dann diese dunklen Flecken?«
    »Ich weiß es nicht. Könnten Rauch und Asche sein. Könnten Stücke sein, die aus der Welt herausgebrochen sind.«
    »Sie werden größer …«
    »Ja.« Barathol zuckte erneut die Schultern. »Rauch und Asche breiten sich aus. Es leuchtet ein, oder?«
    Schlitzer beeilte sich mit dem Frühstück. »Tut mir leid, dass ihr meinetwegen warten musstet. Wir sollten aufbrechen. Ich will wissen, was es in dem verlassenen Dorf gibt.«
    »Alles, was wir brauchen, ist irgendein seetüchtiges Boot«, sagte Barathol.
    »Und ich hoffe, dass wir eins finden.« Schlitzer wischte sich ein paar Krümel von den Händen, stopfte sich eine letzte getrocknete Feige in den Mund, dann stand er auf. »Ich bin fertig«, sagte er mit vollem Mund.
    Sehr schön, Scillara, das hast du gut gemacht.
     
    In den Seitenstraßen des Fischerdorfs lagen von der Sonne gebleichte, von Hunden angenagte Knochen. Bei den in Sichtweite gelegenen Häusern standen die Türen offen; das galt auch für das Wirtshaus und das Gebäude, in dem einst der malazanische Steuereinschätzer gewohnt hatte. Sand war in die Eingänge geweht worden und bildete dort kleine Häufchen. Beiderseits der steinernen Mole waren halb untergegangene Fischerboote vertäut, die Seile, die sie hielten, zum Zerreißen gespannt, während in der flachen Bucht dahinter zwei etwas größere Karacken vor Anker lagen.
    Chaur stand wie angewurzelt an der Stelle, von der aus er das erste Mal das Meer und seine wogenden, schaumgekrönten Wellen sah. Sein Lächeln war unverändert, aber aus seinen Augen strömten hemmungslos und unablässig Tränen, und es schien, als würde er versuchen zu singen, ohne den Mund zu öffnen, so dass nur merkwürdige wimmernde Geräusche zu hören waren. Was ihm aus der Nase lief, überzog der herangewehte Sand mit einer

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