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SdG 11 - Die Kochenjäger

SdG 11 - Die Kochenjäger

Titel: SdG 11 - Die Kochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Zeit, bis Onrack erkannte, dass er Ungeduld spürte.
    Der Feind würde wiederkommen. Diese Höhlen würden von Schreien widerhallen, vom Geklirr der Waffen, von wütenden Stimmen. Und Onrack würde an Trull Sengars Seite stehen und genau wie der Edur in hilfloser Wut mitansehen, wie noch mehr von Minalas Kindern getötet wurden.
    Natürlich war Kinder eine Bezeichnung, die nicht mehr so recht passte. Wären sie Imass, hätten sie die Prüfung des Übergangs ins Erwachsenenleben längst hinter sich gehabt. Sie hätten sich Lebensgefährten genommen, hätten Jagdgruppen angeführt und in die Nachtgesänge des Clans eingestimmt, wenn die Dunkelheit zurückkehrte, um sie alle daran zu erinnern, dass der Tod auf sie wartete – dort hinten, am Ende des Lebenspfades.
    Auch bei Geliebten zu liegen, gehörte zur Nacht, und das ergab Sinn, denn in der Mitte der wahren Dunkelheit war das erste Feuer des Lebens geboren worden, war flackernd erwacht und hatte die unveränderliche Abwesenheit von Licht vertrieben. Mit einer Geliebten zu liegen, bedeutete, die Erschaffung des Feuers zu feiern. Von hier im Fleisch zur jenseitigen Welt.
    Hier, in dieser Kluft, herrschte immerwährende Nacht, und es gab kein Feuer in der Seele, keine Erhitzung durch Liebesspiele. Es gab nur das Versprechen des Todes.
    Und was das betraf, war Onrack ungeduldig. Es lag kein Ruhm darin, auf das Vergessen zu warten. Nein, für ein Dasein, das mit wahrer Bedeutung und Bestimmung verbunden war, sollte das Vergessen immer unerwartet kommen, ungeahnt und ungesehen. In diesem Augenblick noch mit voller Kraft dahinrasend – im nächsten fort.
    Als ein T’lan Imass von Logros wusste Onrack um den schrecklichen Preis, den ein Zermürbungskrieg forderte. Der Geist wird über alle Vernunft hinaus erschöpft, ohne dass irgendeine Erlösung auf ihn gewartet hätte. Stattdessen sah man immer nur dasselbe: die Verwandten, die auf der Strecke blieben, zerschmettert und reglos, den Blick in irgendeine nicht existierende Ferne gerichtet – eine Szenerie, die man eine Ewigkeit lang betrachten musste, Jahrhunderte der Gleichgültigkeit, in kleinsten Veränderungen gemessen; irgendeine furchtsame Kreatur, die vorbeihastete, das üppige Grün einer Pflanze, das sich nach dem Regen aus der Erde schob, Vögel, die nach Samenkörnern pickten, Insekten, die Reiche schufen …
    Onrack wurde von seinen Gedanken abgelenkt, als Trull Sengar zu ihm an die Engstelle kam, die er bewachte. »Monok Ochem sagte, dass die Präsenz der Edur … geschrumpft ist, weiter weg von uns ist. Im Augenblick. Als ob irgendetwas meine Verwandten dazu veranlasst hätte, sich zurückzuziehen. Mein Freund, ich habe das Gefühl, dass man uns eine Atempause gewährt – eine, die ich nicht willkommen heiße. Ich weiß nicht, wie lange ich noch kämpfen kann.«
    »Wenn du so weit bist, dass du tatsächlich nicht mehr kämpfen kannst, Trull Sengar, wird es für dich keine Rolle mehr spielen.«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass sie ihr die Stirn bieten würden, weißt du, aber jetzt sehe ich, dass das einen Sinn ergibt. Sie hat erwartet, dass sie das hier einfach aufgeben würden, dass sie die Handvoll, die noch hier ist, ihrem Schicksal überlassen würden.
    Unserem Schicksal, meine ich.« Er zuckte die Schultern. »Panek war nicht überrascht.«
    »Die anderen Kinder richten sich nach ihm«, sagte Onrack. »Sie werden ihn nicht im Stich lassen. Genauso wenig wie ihre Mütter.«
    »Und dadurch, dass sie hierbleiben, werden sie uns allen das Herz brechen.«
    »Ja.«
    Der Tiste Edur sah ihn an. »Bedauerst du inzwischen, dass in dir Gefühle erwacht sind, Onrack?«
    »Dieses Erwachen dient dazu, mich zu erinnern, Trull Sengar.«
    »Woran?«
    »Daran, warum man mich den ›Zerbrochenen‹ nennt.«
    »Genauso zerbrochen wie wir anderen.«
    »Monok Ochem ist es nicht, und auch Ibra Gholan nicht.«
    »Nein, sie nicht.«
    »Trull Sengar, ich will, dass du dies weißt: Wenn die Angreifer kommen, werde ich deine Seite verlassen.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Ich habe vor, ihren Anführer herauszufordern. Ihn zu töten oder bei dem Versuch selbst getötet zu werden. Und wenn es mir dabei gelingt, irgendeinen entscheidenden Schaden anzurichten -vielleicht werden sie dann noch einmal über ihr Bündnis mit dem Verkrüppelten Gott nachdenken. Möglicherweise ziehen sie sich zumindest zurück und kehren lange Zeit nicht wieder.«
    »Ich verstehe.« Trull lächelte in der Düsternis. »Ich werde dich in jenen letzten

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