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SdG 11 - Die Kochenjäger

SdG 11 - Die Kochenjäger

Titel: SdG 11 - Die Kochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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haben, lange genug am Leben bleiben, um die Sauerei wegzumachen, die Dinge wieder zusammenzusetzen. Der normalen Welt wieder Geltung zu verschaffen. Das ist das, was wir tun, wenn wir es können. Schau doch, du hast ein totes Boot wieder zum Leben erweckt, du hast ihm wieder eine Aufgabe gegeben. Schau es dir an, Schlitzer, es sieht jetzt endlich so aus, wie es aussehen sollte, und das ist befriedigend, oder?«
    »Um des Vermummten willen«, sagte Schlitzer und schüttelte den Kopf. »Scillara, wir sind nicht einfach nur Termiten, die einen Tunnel sauber machen, nachdem ein Gott unachtsam irgendwo hingetreten ist. Das ist nicht genug.«
    »Ich habe nicht behauptet, dass es genug ist«, sagte sie. »Ich sage, dass es das ist, womit wir anfangen müssen. Indem wir etwas wieder aufbauen – indem wir Gebäude wieder aufbauen und unsere Leben.«
    Barathol war während ihrer Unterhaltung hin und her gestapft, und inzwischen war auch Chaur zaghaft näher ans Wasser gekommen. Der Stumme hatte die Vorräte von den Pferden abgeladen, darunter auch Heborics eingewickelten Leichnam, und die Tiere – ungesattelt und ohne Zaumzeug – wanderten nun mit zuckendem Schweif den grasbewachsenen Streifen jenseits der Flutlinie entlang.
    Schlitzer fing an, das Boot zu beladen.
    Einmal machte er eine Pause und lächelte gequält. »Sich eine Pfeife anzuzünden ist eine gute Möglichkeit, der Arbeit aus dem Weg zu gehen, was?«
    »Du hast gesagt, du würdest keine Hilfe brauchen.«
    »Beim Schöpfen, ja.«
    »Was du nicht verstehst, Schlitzer, ist, wie spirituell notwendig Belohnungen sind, ganz zu schweigen von der Klarheit, die während solcher Ruhephasen plötzlich über den Geist kommt. Und da du es nicht verstehst, empfindest du stattdessen Unmut, was das Blut in deinem Herzen sauer und dich selbst bitter macht. Aber genau diese Bitterkeit bringt die Menschen um, verstehst du – sie frisst sie von innen auf.«
    Er musterte sie. »Was bedeutet, ich bin in Wirklichkeit neidisch?«
    »Natürlich bist du das, aber da ich mit dir mitfühlen kann, fällt es mir leicht, mich eines Urteils zu enthalten. Sag mir – kannst du das von dir auch sagen?«
    Barathol kam mit zwei Fässern unter den Armen herangestapft. »Hoch mit dem Arsch, Frau. Es weht gerade ein günstiger Wind, und je eher wir unterwegs sind, desto besser.«
    Sie salutierte, als sie aufstand. »Da hast du’s, Schlitzer – ein Mann, der die Dinge in die Hand nimmt. Beobachte ihn, höre zu und lerne.«
    Der Daru starrte sie verwirrt an.
    Sie konnte es in seinem Gesicht lesen: Aber du hast doch gerade gesagt …
    Das habe ich, mein junger Geliebter. Wir sind Kreaturen voller Widersprüche, wir Menschen, aber das ist nichts, wovor wir Angst haben oder uns auch nur Sorgen machen müssen. Und wenn du eine Liste von den Leuten machst, die die Stetigkeit verehren, wirst du feststellen, dass sie allesamt Tyrannen oder Möchtegerntyrannen sind. Die über Tausende herrschen oder über einen Ehemann oder eine Ehefrau oder über ein sich duckendes Kind. Fürchte dich niemals vor Widersprüchen, Schlitzer – sie sind das Herz der Verschiedenheit.
     
    Chaur hielt das Steuerruder, während sich Schlitzer und Barathol um die Segel kümmerten. Der Tag war strahlend, der Wind frisch, und die Karacke ritt auf der Dünung, als wäre ihr Holz lebendig. Dann und wann neigte sich ihr Bug tief nach unten, und Gischt spritzte auf. Chaur lachte jedes Mal, ein Lachen wie das eines Kindes, ein Ausdruck purer Freude.
    Scillara setzte sich mittschiffs hin; die Sonne auf ihrem Gesicht war warm, nicht heiß, und sie streckte sich aus.
    Wir segeln auf einer Karacke namens Kummer und haben einen Leichnam an Bord. Den Schlitzer zu seiner letzten Ruhestätte bringen will. Heboric, hast du gewusst dass es in deinem Schatten eine solche Loyalität geben könnte?
    Irgendwann ging Barathol an ihr vorbei, und als Chaur wieder einmal lachte, sah sie ein antwortendes Lächeln auf seinem zerschlagenen, zerschrammten Gesicht.
    Oh ja, das sind in der Tat gesegnete Wohllaute. So unerwartet – und so notwendig in ihrer Unschuld …
     
    Die Rückkehr gewisser, normalerweise den Sterblichen vorbehaltener Charakterzüge erinnerte daran, dass das Leben alles andere als vollkommen war, und genau das war Onrack dem Zerbrochenen mittlerweile klar. Nicht dass er in dieser Hinsicht viele Illusionen gehabt hätte. Um die Wahrheit zu sagen, machte er sich eigentlich gar keine Illusionen. Über nichts. Dennoch verging einige

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