SdG 11 - Die Kochenjäger
geworden. »Du vergisst es wohl nie, was, Hauptsergeant?«
»Erkläre es deinem Freund. Aber nicht hier. Versuch’s in der Seitengasse.«
Die beiden Soldaten verzogen sich. Sie unterhielten sich flüsternd, als sie zu ihrem Tisch zurückgingen.
»Ich neige eigentlich zu der Annahme«, sagte Banaschar, »dass ein übler Ruf normalerweise eher unverdient ist. Im Zweifel für den Angeklagten, sozusagen, und vielleicht habe ich auch noch einen schwachen Hoffnungsschimmer, dass Menschlichkeit sich hin und wieder doch mal durchsetzt. Aber was dich angeht, Tapferer Zahn, wird diese Art von Optimismus als das entlarvt, was er tatsächlich ist: reine Selbsttäuschung.«
»Das hast du richtig verstanden. Und was spricht dagegen?«
»Nichts.«
Sie hörten Geschrei draußen auf der Straße, ein Tumult von Stimmen, der dann wieder erstarb. Das ging schon den ganzen Abend so. Umherstreifende Banden von Idioten, die nach irgendjemandem suchten, den sie einschüchtern konnten. Die Stimmung in der Stadt war düster und hässlich, wurde mit jedem Glockenschlag schlimmer, obwohl es keinen Grund dafür zu geben schien. Was sich allerdings geändert hatte, wie Banaschar sich ins Gedächtnis zurückrief.
Nun, vielleicht gab es immer noch keinen wirklichen Grund. Aber es hatte sich ein … Ziel ergeben.
»Irgendjemand stochert mit nem Messer rum«, sagte Tapferer Zahn.
»Die Imperiale Flotte ist schuld«, sagte Banaschar. »Ein schlechter Zeitpunkt für die Rückkehr, wie ich vermute, in Anbetracht all der Wickaner, die sich an Bord dieser Schiffe befinden, und angesichts der anderen Fremden, die sie dabeihaben.«
»Du trinkst ja kaum was, Banaschar. Bist du krank oder so?«
»Schlimmer«, antwortete er. »Ich bin zu einem Entschluss gekommen. Der Herbst ist da. Man kann es im Wind spüren. Die Würmer schwärmen zum Ufer. Es ist D’reks Jahreszeit. Heute Nacht rede ich mit dem Imperialen Hohemagier.«
Der Hauptsergeant starrte ihn düster an. »Ich dachte, du hast gesagt, dass man dich ganz schnell umbringen wird, wenn du das versuchst. Es sei denn, natürlich, das ist genau das, was du eigentlich willst.«
»Ich habe vor, meinen Verfolger in der Menge abzuschütteln«, sagte Banaschar leise, während er sich über den Tisch beugte. »Ich werde durchs Hafenviertel gehen, zumindest bis zur Brücke. Ich hab gehört, dass sich dort die Stadtwache rumtreibt und die hirnlosen Dummköpfe wieder von der Mole verjagt. Bei den Göttern, wie dumm können Menschen eigentlich sein? Dort draußen auf den Schiffen ist eine Armee!«
»Wie ich gesagt habe, jemand stochert rum. Wäre nett, diesem Jemand mal zu begegnen. Sodass ich ihm meine Faust ins Gesicht setzen und zusehen kann, wie sie am Hinterkopf wieder rauskommt. Ist ’ne ziemliche Sauerei, aber dafür ist es auch schnell vorbei -viel schneller, als dieser Dreckskerl es verdient.«
»Wovon sprichst du?«, fragte Banaschar.
»Ist nicht wichtig.«
»Nun«, sagte der ehemalige Priester, und seine Stimme klang wesentlich tapferer als er sich fühlte, »es heißt jetzt oder nie. Morgen Abend werde ich dir einen Krug Malazanisches Dunkles ausgeben.«
»Da fällt mir ein: Du scheinst immer genug Münzen aufzutreiben – wie kommt das?«
»Sie stammen aus der Schatzkammer des Tempels, Tapferer Zahn.«
»Du hast sie dem hiesigen D’rek-Tempel gestohlen?«
»Dem hier in Malaz? Das ist gut. Ja, dem hier und auch allen anderen, die ich besucht habe. Hab’ alle weggeschafft, an einen Ort, wo niemand außer mir sie finden kann. Das Problem ist, dass ich mich jedes Mal schuldig fühle, wenn ich mir etwas davon abzweige. Ich hole nie viel – es hat schließlich keinen Sinn, einen Raubüberfall herauszufordern. Aber das ist nur meine Entschuldigung. Wie ich schon gesagt habe, es ist das Schuldgefühl.«
»Das heißt, wenn du heute Nacht getötet wirst …«
Banaschar grinste und hob die Arme. »Puff! Alles weg. Für immer.«
»Netter Trick.«
»Willst du, dass ich sie dir überlasse?«
»Beim Vermummten, nein! Was sollte ich mit ein paar Truhen voller Münzen machen?«
»Truhen? Teurer Hauptsergeant, eher Kammern. Jedenfalls sehe ich dich morgen … oder auch nicht. Und wenn nicht, dann … Schön, dass wir uns begegnet sind, Tapferer Zahn.«
»Erzähl keinen Blödsinn. Morgen, wie du gesagt hast.«
Nickend stand Banaschar auf und schlängelte sich durch die Menge auf die Vordertür zu.
Tapferer Zahn, der nun allein am Tisch saß, hob langsam seinen Bierkrug, um einen
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