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SdG 12 - Der Goldene Herrscher

SdG 12 - Der Goldene Herrscher

Titel: SdG 12 - Der Goldene Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Form
    Ein merkwürdig flüchtiges Antlitz.
     
    Zeitalter werden sich verbergen, wenn Stein Wasser ist.
    Zyklen, die in diesen Tiefen gebunden sind,
    Sind fehlerhafte Trugbilder, die die Strömung brechen.
     
    Wenn Stein Wasser ist, ist Zeit Eis.
    Wenn alles im Frost erstarrt ist,
    poltern unsere Leben wie eine Steinlawine dahin.
     
    Und wir regnen herab, regnen herab
    Wie Wasser auf Stein
    Mit jedem Schlag der Hand.
    Wasser und Stein
    Ältester der Fent
     
    Die Schattensphäre beherbergte manch grausamen Ort, doch nichts war auch nur annähernd so grausam wie Schatten auf der Seele. Solche Gedanken quälten Cotillion in diesen Tagen. Er stand auf einer Hügelkuppe, von der aus ein langgezogener Hang sich sanft bis zu den ruhigen Wassern eines Sees erstreckte. Vierzig Schritt zu seiner Linken war auf einer ebenen Terrasse ein behelfsmäßiges Lager zu sehen, ein einzelnes Langhaus, das von halb begrabenen Nebengebäuden umgeben war, darunter ein Stall und ein Hühnerhaus. Der gesamte Komplex, der glücklicherweise zum entscheidenden Zeitpunkt nicht bewohnt gewesen war - wenn man von einem Dutzend Hennen und einem Hahn, einer gereizten Saatkrähe mit Hinkebein und zwei Milchkühen absah -, war aus einer anderen Sphäre geraubt worden, entweder durch irgendeine Laune des Zufalls oder, was wahrscheinlicher war, weil irgendwelche geheimnisvollen Gesetze gebrochen worden waren, was während der endlosen Wanderung der Schattensphäre anscheinend gelegentlich vorkam.
    Wie auch immer er letztlich hierhergekommen war - Schattenthron hatte früh genug davon erfahren, um einen Schwarm Gespenster herzuschicken und somit Anspruch auf die Gebäude und das Vieh zu erheben und sie vor umherstreifenden Dämonen oder auch einem der Schattenhunde zu retten.
    Nach dem Debakel beim Ersten Thron waren die knapp zwei Dutzend Überlebenden an diesen Ort gebracht worden, wo sie herumwandern und sich über die merkwürdigen Artefakte wundern konnten, die die vorherigen Bewohner zurückgelassen hatten: den geschwungenen hölzernen Bug mit seinen komplizierten, schlangenförmigen Schnitzereien, der den First des Langhauses sowohl vorne wie auch hinten überragte; die geheimnisvollen Schmuckstücke, die größtenteils aus Silber, gelegentlich aber auch aus Bernstein waren und anscheinend als Totems gedient hatten; die Stoffballen aus grober und feiner Wolle; hölzerne Schüsseln und Becher aus gehämmerter Bronze. Sie wanderten zwischen all diesen Dingen herum, betäubt, mit leeren Blicken …
    Sie erholen sich.
    Als ob so etwas überhaupt möglich wäre.
    Ein Stück entfernt zu seiner Rechten stand eine einsame, in einen Kapuzenumhang gehüllte Gestalt reglos direkt am Ufer und schien auf die vollkommen glatte Wasserfläche hinauszustarren. An diesem See war nichts Normales, wie Cotillion wusste, obwohl der Anblick, der sich von diesem Uferabschnitt aus bot, täuschend friedlich war. Wenn man vom Fehlen der Vögel absah. Und der Abwesenheit von Weichtieren, Krustentieren und sogar Insekten.
    Jeder Krümel, der notwendig war, um das Vieh - und die erbärmliche Saatkrähe - zu füttern, wurde von den Gespenstern herbeigeschafft, die Schattenthron mit dieser Aufgabe betraut hatte. Trotz alledem war der Hahn wenige Tage nach der Ankunft gestorben. Aus Kummer, nehme ich an. Keine einzige Morgendämmerung, die man mit fröhlichem Krähen begrüßen kann.
    Er konnte Stimmen hören, von irgendwo hinter dem Langhaus. Panek, Aystar und die anderen Kinder, die überlebt hatten - nun, eigentlich waren das keine Kinder mehr. Sie hatten eine Schlacht miterlebt, sie hatten miterlebt, wie ihre Freunde starben, sie wussten, dass die Welt - jede Welt - ein unfreundlicher Ort war, an dem ein Menschenleben nicht viel wert war. Und sie wussten auch, was es bedeutete, benutzt zu werden.
    Etwas weiter entfernt schritten Trull Sengar und Onrack der Zerbrochene, der T’lan Imass, am Ufer entlang. Wie ein Künstler mit seiner unsterblichen Muse, oder vielleicht auch wie von einem Kritiker mit gespenstischer Miene begleitet. Eine merkwürdige Freundschaft. Andererseits steckten die T’lan Imass stets voller Überraschungen.
    Seufzend machte sich Cotillion auf den Weg den Hang hinab.
    Als er näher kam, wandte der Mann im Kapuzenumhang halb den Kopf. Ein Gesicht von der Farbe blank geriebenen Leders, dunkle Augen unter dem verfilzten Rand der Kapuze. »Habt Ihr den Schlüssel mitgebracht, Cotillion?«
    »Es ist schön, zu sehen, dass du dich erholt hast, Schneller

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