SdG 12 - Der Goldene Herrscher
Geheimnis auf uns wartet.
Hat Clip vor, den Bann zu zerschmettern? Und was wird geschehen, wenn er es tut?
Und was, wenn auch wir davon in Mitleidenschaft gezogen werden? Oder genauer, unsere Aussichten, die Seele von Scabandari Blutauge zu finden und freizulassen?
Sie fing allmählich an, sich vor dem Ende dieser Reise zu furchten. Es wird Blutfließen.
Udinaas, der nun in die Pelze gehüllt war, mit denen die Andii sie versorgt hatten, schloss zu ihr auf. »Freisprecherin, ich habe nachgedacht.«
»Ist das klug?«, fragte sie.
»Natürlich nicht, aber ich kann leider nichts dagegen tun. Und ich bin mir sicher, dass für Euch das Gleiche gilt.«
Sie verzog das Gesicht. »Ich habe hier meine Aufgabe verloren. Clip führt uns jetzt. Ich … ich weiß nicht, warum ich überhaupt noch in eurer schäbigen Gesellschaft dahinstapfe.«
»Dann denkt Ihr darüber nach, uns zu verlassen?«
Sie zuckte die Schultern.
»Tut das nicht«, sagte Forcht Sengar hinter ihnen. Überrascht wandte sie sich halb um. »Warum nicht?« Der Krieger schien sich angesichts seiner eigenen Aussage unbehaglich zu fühlen. Er zögerte.
Was ist das für ein Geheimnis?
Udinaas lachte. »Sein Bruder hat Euch ein Schwert überreicht, Freisprecherin. Forcht weiß es - das war nicht einfach nur aus Zweckmäßigkeit. Genauso, wie Ihr es nicht nur aus einem solchen Grund angenommen habt, da würde ich wetten …«
»Das weißt du nicht«, sagte Seren, die sich plötzlich unwohl fühlte. »Trull hat gesagt … er hat mir versichert, dass es nichts weiter ist…«
»Erwartet Ihr, dass alle offen sprechen?«, fragte der ehemalige Sklave.
»Erwartet Ihr, dass überhaupt jemand offen spricht? In was für einer Welt lebt Ihr, Freisprecherin?« Er lachte. »Ganz sicher nicht in der gleichen wie ich. Bleiben nicht für jedes Wort, das wir sagen, tausende ungesagt? Sagen wir nicht oft das Eine und meinen eigentlich das genaue Gegenteil? Frau, seht uns an - seht Euch selbst an. Unsere Seelen könnten genauso gut in einer heimgesuchten Festung gefangen sein. Gewiss, wir haben sie selbst gebaut - wir alle, mit unseren eigenen Händen, aber wir haben die Hälfte der Zimmer vergessen, wir verirren uns in den Gängen. Wir stolpern in Räume, in denen Hitze wütet, und torkeln rückwärts, nur weg, damit unsere eigenen Gefühle uns nicht bei lebendigem Leibe rösten. Andere Orte sind kalt wie Eis - so kalt wie dieses gefrorene Land hier um uns herum. Wieder andere bleiben ewig dunkel - keine Laterne wird funktionieren, jede Kerze stirbt, als ob es ihr an Luft mangeln würde, und wir tasten herum, stoßen gegen Möbel, die wir nicht sehen können, gegen Mauern. Wir schauen aus den hohen Fenstern nach draußen, aber wir misstrauen allem, was wir sehen. Wir wappnen uns gegen unwirkliche Trugbilder, doch Schatten und Geflüster lassen uns bluten.«
»Eine gute Sache, dass die tausend Worte für jedes gerade gesprochene Wort ungesagt geblieben sind«, murmelte Forcht Sengar, »sonst sind wir am Zwielicht allen Seins angelangt, bis du fertig bist.«
Ohne sich umzudrehen, antwortete Udinaas: »Ich habe den Schleier weggerissen, hinter dem der Grund verborgen ist, warum du die Freisprecherin gebeten hast, zu bleiben. Leugnest du das? Du betrachtest sie als Verlobte deines Bruders. Und dass er zufällig tot ist, hat dabei keine Bedeutung, denn im Gegensatz zu deinem jüngsten Bruder bist du ein ehrenvoller Mann.«
Udinaas stöhnte überrascht auf, als Forcht ihn mit einer Hand an den Pelzen packte, in die er sich gewickelt hatte. Eine wütende Bewegung schleuderte den ehemaligen Sklaven auf den schlammigen, von Geröll bedeckten Boden.
Als der Tiste Edur herumwirbelte, um weiter auf den Letherii loszugehen, dem der Aufprall die Luft aus der Lunge getrieben hatte, trat Seren Pedac ihm in den Weg. »Halt. Bitte, Forcht. Ja, ich weiß, dass er es verdient hat. Aber … trotzdem …«
Udinaas hatte es mittlerweile geschafft, sich aufzusetzen. Kessel kauerte an seiner Seite und versuchte, ihm das schlammverschmierte Gesicht sauber zu wischen. Er hustete und sagte dann: »Das war das letzte Mal, dass ich dir ein Kompliment gemacht habe, Forcht.«
Seren drehte sich zu dem ehemaligen Sklaven um. »Es war ein ziemlich boshaftes Kompliment, Udinaas. Und ich unterstütze deinen eigenen Vorschlag - sag so etwas nicht noch einmal. Niemals. Nicht, wenn dir dein Leben lieb ist …«
Udinaas spuckte Dreck und Blut aus. »Oh, aber jetzt sind wir wirklich in ein dunkles Zimmer
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