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SdG 12 - Der Goldene Herrscher

SdG 12 - Der Goldene Herrscher

Titel: SdG 12 - Der Goldene Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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siehst jetzt, dass das notwendig ist, nicht wahr?«
    Trull Sengar trat vor. »Es ist das Schwert, Rhulad. Es ist verflucht - bitte wirf es weg. Zerstöre es. Du hast jetzt den Thron errungen, du brauchst es nicht mehr …«
    »Du täuschst dich.« Er bleckte die Zähne, als als wäre ihm übel vor Selbsthass. »Ohne das Schwert bin ich einfach nur Rhulad, der jüngste Sohn von Tomad. Ohne das Schwert bin ich nichts, Bruder.«
    Trull neigte den Kopf. »Du hast uns angeführt, als wir dieses Land erobert haben. Ich werde an deiner Seite stehen. Genau wie Binadas - und unser Vater. Du hast diesen Thron errungen, Rhulad - du brauchst Hannan Mosag nicht zu furchten …«
    »Diesen jämmerlichen Wurm? Du glaubst, dass ich mich vor ihm fürchte?« Die Schwertspitze klickte, als sie von den Fliesen freikam. Rhulad richtete die Waffe auf Trulls Brust. »Ich bin der Imperator!«
    »Nein, das bist du nicht«, entgegnete Trull. »Dein Schwert ist der Imperator - dein Schwert und die Macht, die hinter ihm steht.«
    »Lügner!«, kreischte Rhulad.
    Nisall sah, wie Trull zurückzuckte und sich dann wieder fing. »Beweise es.«
    Die Augen des Imperators weiteten sich.
    »Zerschmettere das Schwert - beim Segen der Schwester, lass es einfach nur fallen. Nur das, Rhulad. Einfach nur das. Lass es fallen!«
    »Nein! Ich weiß, was du willst, Bruder! Du willst es selbst haben - ich sehe deine Anspannung, deine Bereitschaft zum Sprung - ich sehe die Wahrheit!« Die Waffe erzitterte zwischen ihnen, als würde sie nach Blut gieren, egal von wem.
    Trull schüttelte den Kopf. »Ich will, dass diese Klinge zerschmettert wird, Rhulad.«
    »Du kannst nicht an meiner Seite stehen«, zischte der Imperator. »Das ist zu nah - da ist Verrat in deinen Augen - du hast mich verlassen! Hast mich verkrüppelt auf dem Fußboden liegen lassen!« Er hob die Stimme. »Wo sind meine Krieger? Kommt hier herein! Euer Imperator befiehlt es euch!«
    Plötzlich tauchten ein halbes Dutzend Edur-Krieger mit blank gezogenen Waffen auf.
    »Trull«, flüsterte Rhulad. »Ich sehe, dass du kein Schwert hast. Jetzt ist es an dir, deine bevorzugte Waffe fallen zu lassen - deinen Speer. Und deine Messer. Was ist? Hast du Angst, dass ich dich töten könnte? Beweise das Vertrauen, das du für dich in Anspruch nimmst. Leite mich mit deiner Ehre, mein Bruder.«
    Sie hatte es damals nicht erkannt; sie hatte nicht genug von der Lebensweise der Edur gewusst, aber sie hatte etwas in Trulls Gesicht gesehen, etwas, das an Selbstübergabe erinnerte - aber eine Selbstübergabe, die weit komplizierter, weit bedeutungsschwerer war, als einfach nur vor seinem Bruder die Waffen abzulegen. Schichten aus Resignation, die übereinander lagen, eine unmöglich zu ertragende Last, die sich herabsenkte - und das Wissen, was diese Art von Selbstübergabe bedeutete; ein Wissen, das beide Brüder teilten. Sie hatte die wahre Bedeutung von Trulls Antwort damals nicht begriffen, die Art und Weise, in der sie gegeben wurde, nicht in seinem eigenen Namen, nicht für sich selbst, sondern für Forcht. Mehr als für sonst irgendjemanden hatte er es für Forcht Sengar getan. Sie hatte damals nicht begriffen, wie unermesslich groß sein Opfer war, als er seinen Speer losmachte und ihn klappernd auf die Fliesen fallen ließ, als er seinen Messergürtel öffnete und ihn zur Seite warf.
    In Rhulads gequältem Blick hätte Triumph stehen müssen, aber da war kein Triumph. Stattdessen wurde er von einer Art Verwirrung verschleiert, die ihn zurückscheuen ließ, als suchte er Hilfe. Sein Blick fiel auf die sechs Krieger, blieb an ihnen hängen, und er wedelte mit dem Schwert und sagte mit gebrochener Stimme: »Trull Sengar soll geschoren werden. Er wird aufhören zu existieren, für uns, für alle Edur. Ergreift ihn. Fesselt ihn. Schafft ihn weg.«
    Und sie hatte auch nicht begriffen, was dieses Urteil, diese Entscheidung Rhulad selbst gekostet hatte.
    Da ihr zu wählen erlaubt war, hatte sie sich entschieden zu bleiben, aus Gründen, die sie sich noch nicht einmal selbst erklären konnte. War es Mitleid? Vielleicht. Und fraglos auch Ehrgeiz - denn dank jener raubtierhaften Instinkte, die zu entwickeln das Leben bei Hofe notwendig machte, hatte sie gespürt, dass es eine Möglichkeit gab, zu ihm durchzudringen - eine Möglichkeit, jene, die nun nicht mehr an Rhulads Seite waren, ohne die ganze damit verbundene Vergangenheit zu ersetzen. Das konnte nämlich keiner seiner kriecherischen Krieger - sie waren letztlich

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