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SdG 12 - Der Goldene Herrscher

SdG 12 - Der Goldene Herrscher

Titel: SdG 12 - Der Goldene Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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wertlos, und sie wusste, dass Rhulad sich dieser Tatsache sehr wohl bewusst war. Am Ende - das war für sie klar zu erkennen - hatte er niemanden. Weder seinen Bruder Binadas, der sich genau wie Trull als zu nahestehend und daher zu gefährlich für den Imperator erweisen würde, um ihn dicht bei sich zu haben - und daher musste er ihn wegschicken, auf die Suche nach Meisterkämpfern und verstreuten Artgenossen der Edur-Stämme -, noch seinen Vater Tomad, für den sich die Rolle eines untergeordneten Beraters erneut als zu schwierig erweisen würde, um sich in sie einzufinden. Von Hannan Mosags überlebenden K’risnan waren glatt die Hälfte mit Tomad und Binadas weggeschickt worden, als wäre es darum gegangen, den neuen Ceda nicht zu stark werden zu lassen.
    Und die ganze Zeit, während diese Entscheidungen getroffen wurden, während Trull abseits der Augen der Letherii geschoren wurde und Nisall es mit Geschick ins Bett des Imperators schaffte, hatte Triban Gnol, der Kanzler zugesehen - mit dem verschleierten Blick eines Raubtiers.
    Turudal Brizad, der Galan, war verschwunden, obwohl Nisall von den Bediensteten bei Hofe Gerüchte gehört hatte, dass er angeblich nicht weit weg war, sondern sich in den weniger frequentierten Korridoren und unterirdischen Geheimgängen des alten Palasts aufhielt, eine geisterhafte und selten mehr als flüchtig gesehene Erscheinung. Sie war sich nicht sicher, was den Wahrheitsgehalt dieser Aussagen betraf; doch ihr wurde klar, dass es sie nicht im Geringsten überraschen würde, sollte er sich tatsächlich immer noch im Palast aufhalten. Es spielte keine Rolle - schließlich hatte Rhulad keine Frau.
    Die Rolle der Geliebten des Imperators war eine, an die sie gewöhnt war, auch wenn es nicht so aussah. Rhulad war so jung, so anders als Ezgara Diskanar. Seine seelischen Wunden waren zu tief, als dass sie sie hätte durch ihre Berührung heilen können, und daher fühlte sie sich hilflos, obwohl sie sich in einer hohen Position befand, einer Machtposition - so nah, wie sie dem Thron war. Und darüberhinaus fühlte sie sich absolut allein.
    Sie stand da und sah den Imperator von Lether sich winden, während er sich in der Zimmerecke enger und enger zusammenrollte. Und immer wieder von Gewimmer, von Stöhnen und Keuchen unterbrochen, spuckte er Fetzen der Unterhaltung mit Trull, seinem ausgestoßenen Bruder aus. Wieder und wieder bat Rhulad ihn heiser flüsternd um Vergebung.
    Doch sie erinnerte sich daran, dass ein neuer Tag sie erwartete. Sie würde erleben, wie dieser gebrochene Mann sich sammelte und seinen Platz auf dem Thron des Imperiums einnahm, wie er aus seinen rotgeränderten Augen um sich blickte, während seine bruchstückhafte Rüstung aus Münzen matt im Licht der Fackeln schimmerte, die traditionell entlang der Wände des Thronraums aufgereiht waren; wo die Münzen fehlten, war nichts als narbiges Gewebe, von roten Ringen umgebene Schwielen aus missgestaltetem Fleisch. Und schließlich würde diese grässliche Erscheinung sie im Laufe des Tages wieder und wieder in Erstaunen versetzen.
    Die alten Etikette imperialer Herrschaft vermeidend, würde der Imperator der Tausend Tode sich eine schier kein Ende nehmende Präsentation von Gesuchen anhören, die von einer immer größer werdenden Anzahl Bürgern des Imperiums - reichen wie armen gleichermaßen - vorgetragen wurden, die die imperiale Einladung angenommen hatten und nun den erforderlichen Mut aufbrachten, ihrem fremden Herrscher von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten. Glockenschlag um Glockenschlag würde Rhulad Recht sprechen, so gut er konnte. Seine Bemühungen, die Lebensweise der Letherii zu verstehen, hatten Nisall auf unerwartete Weise angerührt; unter all den verfluchten Verletzungen verbarg sich, so hatte sie zu glauben begonnen, eine anständige Seele. Und genau dabei wurde Nisall am dringendsten gebraucht, obwohl in letzter Zeit häufiger der Kanzler die Beratungen beherrschte und ihr inzwischen klar geworden war, dass Tribal Gnol begonnen hatte, sie als Rivalin zu betrachten. Er war derjenige, der die Gesuche in erster Linie organisierte, der Filter, der dafür sorgte, dass die Zahl der Bittsteller noch zu handhaben war, und entsprechend hatte sich sein Amt entwickelt. Dass sein erweiterter Stab auch als ausgedehntes und zudringliches Netzwerk von Spionen im Palast diente, war natürlich eine Tatsache.
    Und so beobachtete Nisall, wie ihr Imperator, der durch Seen aus Blut gewatet war, um den Thron

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