Sean King 03 - Im Takt des Todes
Freundin erklärte ihr, wie Camp Peary aufgebaut war, und gab ihr einen Überblick über die Geschichte der Anlage sowie über deren Zweck. »Ein Großteil der Ausbildung findet heutzutage in North Carolina statt, aber Camp Peary ist noch immer einer der Hauptflugplätze der CIA . Gleichzeitig überlegt das Pentagon, eine eigene Spionageschule aufzubauen und überall auf der Welt Nachrichtendienstzentralen zu errichten.«
»Zu viel Nachrichtendienst ist auch nicht gut«, bemerkte Michelle in spöttischem Tonfall.
Judy lachte. »Offiziell kann ich das nicht kommentieren. Im Augenblick ist ein Mann namens Ian Whitfield der Chef von Camp Peary. Gehörte mal zur Delta Force, glaube ich. Ein ordensgeschmückter Vietnamveteran. Ein Mann, mit dem man sich besser nicht anlegen sollte. Er ist in den Achtzigern zum Geheimdienst gewechselt. Die letzten paar Jahre war er im Nahen Osten stationiert. Nun, da er wieder in den Staaten ist, tut er angeblich alles, damit Camp Peary wieder an Bedeutung gewinnt.«
»Und wie macht er das?«
»Sag mal, warum interessiert dich das eigentlich?«
»Ich habe einen Auftrag, der mit Camp Peary zu tun hat. Man hat einen Toten auf dem Gelände gefunden.«
»Ja, ich hab in der Zeitung davon gelesen. Ich dachte, es wäre Selbstmord?«
»Könnte sein. Aber erzähl mir mehr über das Camp.«
»Nun, vor zwei Jahren hat der Kongress Gelder freigegeben, um dort ein neues Gebäude zu errichten, angeblich ein Wohnheim.«
»Angeblich?«
»Das weißt du nicht von mir!«
»Ich hab nie mit dir gesprochen, Judy. Und jetzt raus mit der Sprache.«
»Sie haben bereits in den Neunzigern ein Wohnheim mit mehr als hundert Zimmern gebaut, dazu eine neue Schule. Deshalb geht hier das Gerücht, dass es sich bei dem neuen Gebäude in Wahrheit um ein Verhörzentrum handelt.«
»Ein Verhörzentrum? Aber warum die Heimlichtuerei?«
»Nun, es kommt schließlich darauf an, wen sie da verhören und …«
Michelle beendete den Satz für sie: »… und wie die Verhöre vonstatten gehen.«
»Genau.«
»Terroristen?«
»Dir ist doch klar, dass die Nationale Sicherheitsbehörde dieses Gespräch vermutlich abhört?«
»Sollen sie ruhig. Die NSA hat ja nicht mal genug Personal, um die Gespräche der wirklich bösen Jungs zu analysieren, von Leuten wie uns ganz zu schweigen. Dann bringen sie also Leute da runter, von denen niemand etwas weiß, und foltern sie.«
»Natürlich nicht! Inoffiziell … wer weiß? Wir erzählen ja schließlich nicht jedem, dass gerade ein brandneues Folterzentrum in Tidewater, Virginia, geöffnet hat, nur wenige Autostunden von der Hauptstadt der freien Welt entfernt. Ich bin auch nicht dafür, Gefangene zu misshandeln, aber wir führen einen Krieg gegen den Terror. So einen Krieg können wir nicht auf die althergebrachte Weise führen.«
»Okay, wie bringen sie die Leute dorthin?«
»Man hat da nicht nur das Wohnheim gebaut, sondern auch eine neue Landebahn für große Jets.«
»Jets für Kontinentalflüge?«
»Ja.«
Michelle schwieg ein paar Augenblicke. »Gibt es noch immer paramilitärische Einheiten in Camp Peary?«
»Das kann ich nicht sagen.«
»Mach schon, Judy.«
»Lass es mich mal so ausdrücken: Komm lieber nicht auf die Idee, da ein Picknick zu machen. Es könnte dein letztes sein.«
»Du hast mir sehr geholfen, Judy. Danke.«
»Wärst du nicht gewesen, hätte ich mein erstes Jahr beim Secret Service nicht überlebt.«
»Wir Mädels müssen zusammenhalten.«
»Arbeitest du mit Sean King an diesem Fall?«
»Ja.«
»Und? Seid ihr beide inzwischen mehr als nur Geschäftspartner?«
»Warum willst du das wissen?«
»Wenn du ihn nicht willst, möchte ich es mal versuchen. Er ist ein geiler Typ.«
»Du solltest ihn mal sehen, wenn er schlecht gelaunt ist.«
»Ich würde ihn auch schlecht gelaunt nehmen.«
Michelle legte auf, aß einen Powerriegel und trank ihren Kaffee. Sie schaute auf ihre Uhr und dann auf das Navigationssystem: Sie fuhr neunzig Meilen die Stunde und hatte noch sechzig Minuten Fahrt vor sich.
Ach, wie schön ein illegales Radarwarngerät doch war.
40.
H ayes und Sean folgten der Frau auf den Parkplatz einer sehr beliebten Bar, knapp drei Querstraßen vom William und Mary College entfernt. Als die Frau die Bar betrat, berieten Sean und Hayes sich kurz. Schließlich beschlossen sie, dass Sean ihr alleine folgen sollte, während der uniformierte Hayes in seinem Streifenwagen sitzen blieb.
Als Sean aus dem Wagen stieg, hob der Sheriff die Hand.
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