Sean King 03 - Im Takt des Todes
schaute auf die Uhr. Michelle würde bald auftauchen, und er wollte Valerie beim ersten Mal nicht allzu sehr unter Druck setzen.
»Tut mir leid, wenn ich Sie langweile«, sagte sie.
»Oh, ganz im Gegenteil. Aber ich muss zu einem Termin.«
»Nun, dann sollten Sie besser gehen, und vielleicht kann ich dann endlich meinen Drink in Ruhe trinken.«
»Valerie, ich habe gesehen, wie sich vorhin der junge Kerl an Sie rangemacht hat. Ich bin nicht so.«
»Berühmte letzte Worte.«
Sean griff in seine Tasche, holte ein Stück Papier heraus und schrieb etwas darauf. Dann reichte er es ihr. »Ich muss jetzt gehen; aber hier ist meine Nummer.«
»Warum sollte ich Ihre Nummer wollen?«
»Sagen wir einfach, sie dient dazu, dass neue Freunde ein paar Informationen austauschen können.« Er schaute sie erwartungsvoll an. »Sie müssen mir Ihre Nummer nicht geben, wenn Sie nicht wollen.«
»Gut, denn das will ich wirklich nicht.«
Sean leerte seinen Mojito und stand auf. »Es war mir eine Freude, Sie kennen zu lernen, Valerie.«
Sie erwiderte nichts, doch Sean spürte ihren brennenden Blick im Rücken, als er zur Tür ging.
Im Streifenwagen berichtete er Hayes von der Begegnung.
»Leiden Sie unter Todessehnsucht?«, rief Hayes. »Whitfield schien Sie ja schon umbringen zu wollen, weil Sie ihm eine einzige Frage über Camp Peary gestellt haben. Können Sie sich vorstellen, was er mit Ihnen anstellt, wenn er herausfindet, dass Sie sich an seine Frau rangemacht haben?«
»Ich hab nur einen Drink mit ihr genommen. Erst war sie freundlich, doch dann ist irgendwas geschehen, und sie hat sich um hundertachtzig Grad gedreht. Das war einer der Gründe, warum ich den Rückzug angetreten habe.«
»Vielleicht ist sie es gewöhnt, dass fremde Kerle versuchen, über sie an ihren Mann heranzukommen. Und genau das haben Sie ja auch getan.«
Schweigend fuhren sie nach Babbage Town zurück. Als Sean ausstieg, sagte er: »Ein paar meiner Mitstreiter kommen hierher, Sheriff. Würden Sie die Abmachung, die Sie mit mir haben, auch auf diese Leute ausdehnen?«
»Sie meinen, ob ich mit denen zusammenarbeiten will?«
Sean nickte.
»Ich weiß nicht. Sind diese Leute gut in ihrem Job?«
»Genauso gut wie ich, wenn nicht besser.«
»Nun, was Sie betrifft, werde ich vielleicht bald zuschauen dürfen, wie Sie von einem eifersüchtigen Ehemann erschlagen werden.«
Kaum war Hayes verschwunden, sah Sean die Scheinwerfer eines SUV , die rasch näher kamen.
Michelle war eingetroffen.
41.
S ean täuschte Erstaunen vor, als er Michelle sah, bat aber nicht um eine längere Erklärung, sondern richtete seine Aufmerksamkeit stattdessen darauf, sie ins Camp hineinzubekommen. Dabei kam es zu einer hitzigen Debatte mit dem Torposten von Babbage Town, und schließlich musste Sean Champ Pollion anrufen, der auch sofort erschien, um den Streit zu schlichten.
Als Champ Michelle zum ersten Mal sah, verwandelte er sich augenblicklich in einen Welpen, der um Aufmerksamkeit bettelte.
»Ja … ja, natürlich können Sie bleiben«, stammelte er und streckte Michelle die Hand entgegen.
»Wie wär’s, wenn wir in die Kantine gehen und dort den Fall besprechen, Michelle?«, schlug Sean vor.
»Einverstanden«, erwiderte sie, den Blick auf Champ gerichtet. »Ich muss mich bei Ihnen erst einmal bedanken, Mr. Pollion.«
»Bitte, nennen Sie mich Champ.«
»Ich bin sicher, Sie machen Ihrem Namen Ehre«, sagte Michelle.
Als Sean mit ihr davonfuhr, schaute er noch einmal zu Champ zurück und sah den sehnsüchtigen Blick, den er Michelle hinterherwarf.
Träum weiter, Kumpel.
Die Kantine war um diese Uhrzeit fast leer, aber da überall in Babbage Town Vierundzwanzig-Stunden-Schichten gefahren wurden, waren auch die Köche im Dienst, und nach fünfzehn Minuten hatten Sean und Michelle Kaffee und etwas zu essen.
Sean brachte Michelle auf den neuesten Stand. Unter anderem erzählte er ihr von dem Mordanschlag auf ihn, von seiner Theorie über den Mord an Rivest und von seinem kurzen Gespräch mit Valerie Messaline. Im Gegenzug berichtete Michelle ihm, was sie von ihrer Freundin beim Geheimdienst erfahren hatte.
Sean horchte auf, als Michelle ihm von der Landebahn berichtete, die neu angelegt worden war. »In meiner ersten Nacht hier habe ich um zwei Uhr morgens ein Flugzeug landen hören. Eine große Maschine. Ich habe mich schon gewundert, dass keine Landelichter zu sehen waren.« Dann schloss er die Frage an: »Hat deine Freundin sich auch über Whitfield
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