Sechs, Sieben, Cache! | Ein Hildesheim-Krimi
schüttelte den Kopf, sagte aber nichts.
Michael hob die Schachtel auf und klaubte die Dinge auf, die hineingehörten. Ein Umschlag, die Rolle für die Eintragungen der Finder, ein paar Münzen und eine Plastiktüte mit … er stutzte, hielt den Beutel etwas höher … tatsächlich … mit einem Finger.
Jetzt nahm er auch den Geruch wahr. Was für ein … Oh Gott, das sah aus wie ein echter Finger. Eingeschweißt und dann zusätzlich in eine Plastiktüte mit Reißverschluss gesteckt. Was sollte er jetzt tun? Er checkte sein Handy. Kein Empfang. Sollten sie den Cache mitnehmen oder zurücklegen? Keine gute Idee. Sie hatten sowieso alle Spuren vernichtet. Wenn ein Tier die Schachtel wegschleppte, war sie für immer verloren. Er seufzte. Mit unsicheren Bewegungen legte er alles in den Behälter und klappte ihn zu. Dann räusperte er sich.
„Ich bin sicher, dass dies ein Spaß sein sollte. Wir nehmen den Cache mit und melden ihn bei der Polizei. Solche Späße gehören sich nicht.“
„Ist es ein echter Finger?“, fragte Denise.
Er zuckte mit den Schultern. „Kann ich mir nicht vorstellen.“ Gleichzeitig spürte er, wie sich die feinen Härchen auf seinem Rücken aufrichteten. Unsicher sah er sich um. Stand da jemand im Schatten hinter dem Turm?
Wurden sie beobachtet?
Er beeilte sich, die Kinder zurück zur Treppe zu führen. Sie gingen auf dem kürzesten Weg hinunter ins Tal. Niemand sprach. Michael bemühte sich zweimal, in fröhlichem Plauderton ein Gespräch in Gang zu bringen, doch es gelang ihm nicht.
Erst als sie den düsteren Wald verlassen hatten und die Sonnenstrahlen helle Muster auf die Blätter zeichneten, entspannten sich die Gesichter der Kinder. Nachdem zwei graue Eichhörnchen sich quer über den Weg und zurück gejagt hatten, sprachen die Mädchen über Denises neuen Rucksack, während sich die Jungs über Zeldas und Links unterirdische Abenteuer unterhielten.
Michael seufzte. Er hoffte, dass sie an einen Spaß glauben konnten, dass sie alles für ein Spiel hielten und den Schreck bald überwinden würden.
Während sich die Kinder an den Apenteichquellen hungrig auf das Picknick stürzten, das seine Frau in ihrer Abwesenheit vorbereitet hatte, schlenderte er bis auf die Wiese. Dort hatte er endlich Empfang.
Dreimal musste er bestätigen, dass es sich definitiv um einen echten Finger handelte, bevor der Polizeibeamte ihn ernst nahm und ankündigte, dass die Kollegen gleich vorbeischauen würden.
An das Gleich glaubte er nicht, aber er hatte sowieso keinen Hunger und war heilfroh, dass er den anderen nicht beim Essen zusehen musste. Die Schachtel stellte er neben den Reifen seines Wagens in den Schatten und setzte sich dann so auf die Wiese, dass er sie nicht zu sehen brauchte.
3
Winzenburg, Sonntag, der 4.9.2011
„Erinnerst du dich noch an unseren Toten bei den Quellen?“, fragte Lisa ihren Kollegen Markus Heitkämper, während sie links blinkte und einen entgegenkommenden Wagen durchließ, bevor sie nach Winzenburg abbiegen konnte.
„Der besaß aber definitiv noch alle Finger“, antwortete der.
„Dafür hatte der Täter ziemlich einen an der Waffel“, sagte Lisa.
„Wollen wir mal hoffen, dass das heute auch der Fall ist.“
„Meinst du, da will uns jemand verarschen?“, fragte Lisa.
„Klingt glaubwürdiger als ein abgetrennter Finger in einer Tupperdose. Da rechts sind die Teiche. Gleich dahinter kommt die Wiese, wo der Herr Falkner auf uns wartet.“
„Hoffst du. Ich kann niemanden sehen.“
Markus reckte den Kopf. „Da ist er. Hinter dem Wagen.“
Sie stiegen gleichzeitig aus. Lisa nahm sich Zeit, um den Mann genau zu betrachten, während Markus zielstrebig auf ihn zuging, sich auswies und ihn begrüßte. Der groß gewachsene, blonde Mann zeigte mit der Hand auf etwas, das Lisa von ihrer Position aus nicht sehen konnte.
Markus bückte sich. Sie ging um den Wagen herum und beobachtete die beiden.
Ihr Kollege klappte die Plastikdose auf und warf ihr einen schnellen Blick zu. Sie seufzte. Also doch kein Scherz.
Es dauerte eine ganze Weile, bis sie alle Details geklärt hatten. Der Mann bat sie, die Kinder nicht zu befragen, wenn es sich vermeiden ließe. Sie stimmten erst einmal zu, baten ihn aber, ihnen vorsichtshalber die Namen zu geben.
Lisa reichte ihm ihren Notizblock. Falkner krakelte mehr als er schrieb. Dann fragte er: „Stammt der Finger von einem echten Menschen?“
‚Gibt es auch falsche Menschen?‘ Lisa wunderte sich über die Frage, doch
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