Sechseckwelt 02 - Exil Sechseck-Welt
aus seiner Verankerung gerissen worden war, und der Zyklop betrachtete ihn. Einer der Männer bückte sich ein wenig und hielt seine Hand knapp über das Knie. Mavra konnte sich vorstellen, was gesprochen wurde. Sie versuchten die Größe der Wesen zu schätzen, die mit der Kapsel gekommen waren.
Sie schlich zurück in den Wald. Diese Wesen waren offenbar klug, wenn auch primitiv, und sie wollte sie nicht kennenlernen, solange sie nicht wußte, was die Riesen zu essen pflegten.
»Mavra! Gott sei Dank!« rief Renard und umarmte sie. »Wir haben das Brüllen und Knurren gehört und wußten nicht, was geschehen ist!«
Sie berichtete hastig von den Zyklopen, und die beiden anderen hörten mit wachsendem Entsetzen zu.
»Wir müssen so schnell wie möglich von hier fort«, sagte sie. »Sie wissen schon, daß wir irgendwo in der Nähe sind.«
»Aber in welche Richtung?« fragte Nikki. »Wir könnten auf eine ihrer Städte zulaufen oder was sie sonst haben, ohne es zu ahnen.«
Mavra überlegte kurz.
»Wartet mal. Wir wissen, daß nicht die ganze Welt so ist. östlich von hier gibt es einen Ozean und Berge, ganz bestimmt nicht die richtige Gegend für diese Giganten.«
»Aber wo ist Osten?« fragte Renard.
»Die Rotation des Planeten ging von Westen nach Osten«, erinnerte ihn Mavra. »Das heißt, daß die Sonne im Osten auf- und im Westen untergeht. Ich würde sagen, es wird bald Abend, also muß die Sonne dort drüben sein, und Osten ist hier.« Sie deutete in die Richtung. »Gehen wir.«
Sie hatten keine Wahl und folgten ihr tiefer in den Wald. Hinter sich hörten sie immer noch das Brüllen und Schreien.
Schweigend liefen sie eine Weile dahin. Nikki hielt sich verhältnismäßig gut, hatte aber eine Klage.
»Ich verhungere«, jammerte sie bei jeder kurzen Rast.
Renard begann selbst etwas hungrig zu werden.
»Vielleicht kann ich eines der kleinen Tiere betäuben, die wir immer wieder sehen«, meinte er. »Ein kurzer Stoß mit der Pistole, mehr nicht.«
»Also gut, versuchen Sie es«, sagte Mavra. »Aber achten Sie darauf, daß kein Waldbrand entsteht.«
Wie auf ein Stichwort raschelte eines der Tiere, von denen sie gesprochen hatten, im Unterholz. Es war groß – fast einen Meter lang –, aber niedrig, mit schmaler Schnauze, buschigem Schnurrhaar und kleinen Nagetieraugen.
Renard errechnete aus den Geräuschen, wo es herauskommen mußte, und zielte mit der Pistole. Endlich tauchte das Wesen auf, und Renard drückte ab.
Nichts geschah.
Das kleine Tier drehte sich nach ihnen um, keckerte etwas, das beleidigend klang, und huschte ins Dunkel.
»Was soll das?« entfuhr es Renard. Er klopfte auf die Pistole und starrte die Ladeanzeige an. »Keine Ladung«, sagte er entgeistert. »Sie müßte noch drei Viertel ausmachen.«
Er wollte die Waffe wegwerfen, aber Mavra hielt ihn zurück.
»Behalten Sie sie«, sagte sie. »Unser Schiff hat hier auch nicht funktioniert, wenn Sie sich erinnern. Vielleicht ist das mit allen Maschinen so. Die Pistole kann später, wenn wir das Meer erreichen, noch nützlich sein. Selbst wenn das nicht so sein sollte, weiß keiner, daß sie leer ist.«
»Also müssen wir uns hungrig schlafen legen«, meinte er. »Tut mir leid, Nikki.«
Das Mädchen seufzte.
»Ich besorge morgen etwas zu essen, das verspreche ich«, sagte Mavra und glaubte es selbst halb. Sie war schon oft in verzweifelter Lage gewesen und hatte alles überstanden. »Wir übernachten hier«, sagte sie. »Ein Feuer dürfen wir nicht anzünden, aber ich übernehme die erste Wache, dann löst mich Renard ab, und Nikki löst ihn ab.«
Sie machten es sich bequem, so gut es ging. Mavra zog ihre Gerätschaften aus dem Fach in ihrem Stiefel und überprüfte sie. Ohne Batterie waren sie allerdings nicht viel wert, und wie erwartet, funktionierte sie nicht. Sie gab es auf.
Die Dunkelheit sank herab wie eine schwarze Decke, und ihre Augen schalteten auf Infrarot um.
Nikki schlief fast augenblicklich ein, aber Mavra hörte, wie Renard sich immer wieder herumwarf und schließlich aufsetzte.
»Was ist denn?« flüsterte sie. »Zuviel für einen Tag?«
Er schlich zu ihr.
»Das ist es nicht, aber ich habe nachgedacht. Es fängt langsam an.«
»Was fängt an?«
»Der Schwamm«, sagte er tonlos. »Ich habe starke Schmerzen. Das ist wie eine sehnsüchtige Qual, die den ganzen Körper erfaßt.«
»Die ganze Zeit?« fragte sie besorgt.
»Nein, in Wellen. Jetzt ist es besonders schlimm. Ich weiß nicht, ob Nikki das schon
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