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Sechseckwelt 02 - Exil Sechseck-Welt

Titel: Sechseckwelt 02 - Exil Sechseck-Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
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wenig und träumte. Jeden Tag ging ich zum Raumflughafen, sah mir die Schiffe an und guckte in die Kneipen der Raumfahrer. Ich wußte, wo ich hinwollte, und mir wurde auch klar, daß ich mit dem Betteln zwar mein Leben fristen konnte, aber nie fortkommen würde. Manche Raumfahrer warfen mit dem Geld nur so um sich, weil sie außer dem Schiff kein Zuhause hatten.«
    Renard war entsetzt.
    »Sie wollen doch nicht sagen, daß Sie –«
    »Ich war zu klein, um Kellnerin zu werden, und ich konnte nicht über die Bar greifen«, sagte sie achselzuckend. »Tanzen lernte ich nie richtig, ich war nicht gebildet und konnte mich in Gesellschaft nur schlecht bewegen. Ich redete wie eine Werftratte. Ich hatte nur eines zu verkaufen, und ich lernte, es richtig zu verkaufen. Männer, Frauen, einmal, zweimal, zehnmal in der Nacht, wenn es ging. Nach einer Weile wurde es ziemlich langweilig, und das Ganze bedeutete überhaupt nichts, aber du lieber Himmel, wie strömte das Geld!«
    Er sah sie betroffen an.
    »Jetzt können Sie sich aber sehr gut ausdrücken«, meinte er verlegen.
    »Und Sie sagten, Sie wären Pilotin. Haben Sie genug Geld verdient, um das alles nachzuholen?«
    Sie lachte trocken.
    »Nein, nicht damit. Ich lernte einen Mann kennen – einen sehr guten und sanften Mann, der Frachterkapitän war. Er kam regelmäßig zu mir. Ich mochte ihn. Er hatte Eigenschaften wie der Retter, von dem ich vorhin erzählt habe. Er war laut, wild, zynisch, haßte die Kom-Welten und war so tapfer wie kein zweiter. Ich glaube, ich wußte, daß ich ihn liebte, daß ich froh war, wenn er kam, was ich bei den anderen nie erlebt hatte. Als ich dahinterkam, daß er oft Umwege machte, um mich zu sehen, wurde unsere Beziehung noch enger. Und er hatte sein eigenes Schiff, die ›Assateague‹, ein wirklich gutes, schnelles, modernes Raumschiff.«
    »Das ist eigentlich ungewöhnlich, nicht?« meinte Renard. »Ich meine, solche Schiffe sind für Konzerne, nicht für einzelne Personen gedacht. Ich habe nie gehört, daß ein Kapitän sein eigenes Schiff hatte.«
    »Es ist ungewöhnlich, gewiß«, gab sie zu. »Ich kam erst später dahinter, als er mich bat, mitzukommen, er könne sich die dauernden Abstecher nicht leisten. Das hatte ich mir immer gewünscht, also tat ich es natürlich. Und dann mußte er mir sagen, warum er so viel Geld hatte. Er war ein Dieb.«
    Renard mußte lachen.
    »Was hat er gestohlen und bei wem?«
    »Alles, bei jedem«, sagte sie. »Der Frachter war Tarnung und sorgte für Beweglichkeit. Juwelen, Kunstwerke, Gold, Silber, was Sie wollen. Wenn es wertvoll war, stahl er es. Bei reichen Leuten, Konzernchefs, Parteiführern auf Kom-Welten. Manchmal unternahm er Einbrüche, manchmal machte er es mit Elektronik und intimer Kenntnis der Bürokratie. Nachdem wir uns zusammengetan hatten, wurden wir ein Team. Er kaufte alle möglichen Lehrmaschinen, Schlaflerngeräte, Hypnohilfen und dergleichen, und er schulte mich, bis ich gebildet sprechen und mich richtig benehmen konnte.« Sie kicherte. »Einmal brachen wir in den Zentralspeicher der Union Aller Monde ein, tauschten Chips aus und ließen drei Tage lang das Planetareinkommen automatisch auf Sonderkonten bei Konföderationsbanken überweisen. Man ist nie dahintergekommen.«
    »Und was ist aus Ihrem Mann geworden?« fragte Renard.
    Sie wurde ernst.
    »Wir sind von der Polizei nie erwischt worden. Nie. Wir waren zu gut. Aber eines Tages holten wir uns zwei herrliche massiv goldene Figuren des alten Künstlers Sun Tat, und sie mußten einem großen Sammler verkauft werden. Das Treffen fand in einer Bar statt, und wir hatten keinen Grund, Verdacht zu schöpfen. Der Sammler war aber ein Strohmann für einen großen Syndikatsboß, den wir ein Jahr vorher ausgeraubt hatten, und das Ganze war abgekartet. Sie zerteilten ihn in kleine Stücke und ließen die Überreste neben den Figuren liegen.«
    »Und Sie haben das Schiff geerbt«, riet Renard.
    »Ja. Ungefähr ein Jahr zuvor hatten wir uns für alle Fälle zu einer traditionellen Zeremonie entschlossen. Er bestand darauf, und es war gut so. Ich war seine Alleinerbin.«
    »Und seitdem sind Sie allein gewesen?«
    Ihre Stimme klang kalt und ätzend.
    »Ich habe ein halbes Jahr dafür aufgewendet, seine Mörder aufzuspüren. Sie sind alle gestorben – langsam. Jeder wußte, warum. Zuerst konnte sich der große Boß nicht einmal an ihn erinnern.« In ihren Augen standen Tränen. »Aber am Ende fiel es ihm wieder ein«, fügte sie befriedigt

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