Sechseckwelt 03 - Entscheidung in der Sechseck-Welt
er eingezogen, auf einen Pegasus gesetzt und in den Kampf geschickt worden – verbündet mit keinem anderen als Antor Trelig.
Renard war natürlich desertiert und hatte Mavra gefunden. Zusammen mit zwei Lata waren sie auf seinem Pegasus Doma über die Meere geflogen. In Olborn hatte er verhindert, daß Mavra ganz zu einem Maultier geworden war, und gemeinsam hatten sie alle die Vernichtung des Raumschiffantriebs in Gedemondas beobachtet.
Renard begleitete Mavra Tschang ins Exil, aber sie hatte ihn fortgeschickt. Selbst nach all diesen Jahren machte er sich noch immer Sorgen um sie. Ab und zu erhielt er Nachricht von Ortega, war aber seiner Arbeit wegen nie mehr zu ihr zurückgekehrt.
Mavra hatte vorausgesagt, daß die Agitar ihn als Helden empfangen würden. Das war nun nicht gerade der Fall gewesen, aber sie hatten ihn nicht als Deserteur behandelt, weil er ein frischer Neuzugang gewesen war und Mavra Tschang auch etwas geschuldet hatte. Er hatte seine neue Laufbahn eingeschlagen und großen Erfolg gehabt.
»Renard!« rief eine Frauenstimme aus dem Bürobereich. Er drehte sich um und sah eine Angestellte winken.
Die weiblichen Agitar waren auf den Kopf gestellte Männer ihrer Rasse; sie glichen in Kopf und Oberkörper einer Ziege, darunter waren sie menschlich. Aber einen Agitar störte das keineswegs. Er hatte viele Kinder von zahlreichen Frauen.
»Was gibt es, Guda?« sagte er, als er sie erreicht hatte. »Haben wir alle Gehaltserhöhung bekommen?«
Sie schüttelte den Kopf. Wie alle weiblichen Agitar war sie keiner Mimik fähig, aber ihre Augen verrieten, daß es sich um etwas Ernstes handelte. Sie reichte ihm ein Telegramm. Er las es, und seine Miene wurde düster.
RENARD, MAVRA TSCHANG ÜBERFALLEN, VERMUTLICH ENTFÜHRT. VERDACHT RICHTET SICH GEGEN TRELIG. ANZEICHEN LASSEN ERKENNEN, DASS ANSCHLAG MÖGLICHERWEISE MISSGLÜCKT IST. KÖNNEN SIE NACH SÜDEN FLIEGEN, GLATHRIEL ASAP, UM BEI DER SUCHE ZU HELFEN? LASSEN SIE SICH AN ZONE-TOREN UNTERWEGS NEUE INFORMATIONEN GEBEN. ENTSENDE AUSSERDEM VISTARU ZUM SELBEN ORT. VIEL GLÜCK. ORTEGA.
Er war halb betäubt. Mit einer solchen Entwicklung hatte er nicht gerechnet. Er zögerte kurz und dachte nach. Die Farm zu verlassen, vielleicht für Wochen – man würde in der Hauptstadt nicht erbaut sein. Aber es ging um Mavra…
»Guda, Schatz, sattle mir Domaru mit Ausrüstung für mindestens zwei Wochen. Ich unternehme eine Reise«, sagte er. »Sag zu Vili, daß er das Kommando führt, bis ich wieder zurück bin.« Er drehte sich um und trabte hinaus, während Guda ihm nachstarrte, den Mund halb geöffnet.
Everod, vor der Küste von Ecundo
Fast die ganze Nacht hatte Nebel geherrscht, und sie waren nach Süden getrieben. Sie wußten es, beschlossen aber, sich der Strömung zu überlassen, solange sie in tiefem Wasser waren, jedenfalls bis zum Morgen, der ihnen Gelegenheit bot, sich an der Sonne zu orientieren.
Und die Sonne spielte auch ein wenig mit – ein kaum sichtbarer Fleck steuerbord vor ihnen. Nachdem der Kapitän das aus seiner Mitte ragende Nasenstück gerieben hatte, beschloß er, Segel zu setzen und nach Westen zu fahren, geleitet von der Überlegung, daß der Nebel sich an der Inselküste hielt.
Mavra war lebendiger und froher, als irgend jemand sie in Erinnerung hatte. Sie forschte die Besatzung nach Informationen über Ecundo und Wuckl aus. Joshi begrüßte die Seereise ebenfalls als Abenteuer und lief überall herum, stellte Fragen, untersuchte die Geräte und genoß den Geruch der See und das kühle Streicheln des Nebels.
Der Segelmacher hatte zwei Tage lang an Jacken gearbeitet, die von den Tschangs benützt werden konnten.
Tbisi blieb besorgt, nicht nur, was die bevorstehenden Märsche der beiden, sondern auch, was die Zeit danach anging.
»Gut, nehmen wir an, ihr kommt durch Ecundo, was ohnehin schon schwierig ist, und ihr bringt auch Wuckl hinter euch und trefft wieder auf uns oder auf eines der anderen Paketschiffe, die wir verständigen. Wenn wir euch nach Mucrol bringen, müßt ihr immer noch dort hindurch, bevor ihr Gedemondas erreicht. Dann müßt ihr in die kalten Berge hinaufsteigen, für die ihr nicht ausgerüstet seid. Was dann? Was bringt euch das ein?«
Mavra hatte oft darüber nachgedacht.
»Vielleicht Hilfe – man kennt mich dort und hat Verständnis für mich. Man scheint mich als den kommenden Mittelpunkt ihrer mystischen Vermutungen zu betrachten. Ob man diesen Quatsch nun glaubt oder nicht, die Leute nehmen das ernst.
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