Sechseckwelt 03 - Entscheidung in der Sechseck-Welt
Kapitän.
Das mächtige Ruder des Schiffes drehte sich unter starken Muskeln, die Ketten ächzten, die Masten schwankten, als das Schiff sich drehte.
Ungefähr dreißig Meter entfernt gab es eine Explosion, einen ungeheuren Schlag, als die Rakete vor ihnen im Wasser auftraf und die Oberfläche mit einer Geschwindigkeit durchstieß, die ausreichte, um die Federzünder auszulösen.
Metallsplitter prasselten selbst aus dieser Entfernung gegen das Schiff, aber der Schuß war eindeutig danebengegangen.
Der Kutter wendete scharf und ließ erkennen, daß er nur über zwei Werfer verfügte, am Bug und am Heck. Bis der Heckwerfer in Position gebracht werden konnte, würde man kurz, aber einladend die Breitseite darbieten müssen.
Der Zweite Maat, der die Geschützmannschaften befehligte, wartete ab. Dann standen, für einen kurzen Augenblick, die Schiffe parallel zueinander.
»Feuer!« schrie er, und augenblicklich wurden lodernde Fackeln an Zündlöcher gehalten. Es gab eine Reihe von Explosionen, die das Schiff erzittern ließen, als sechzehn Kanonen hintereinander feuerten.
Zu kurz. Rings um den Kutter schossen zwar Wasserfontänen hoch, und man hatte ganz den Eindruck, als sei das kleinere Schiff völlig zerstört worden, aber als das Wasser sich beruhigte, war nicht zu übersehen, daß keines der Geschosse näher als fünfzig Meter an den Kutter herangekommen war.
Die ›Trader‹ drehte sich weiter herum, der Bug erschien nun vor dem Heck des Angreifers. Die starke Strömung ließ das kleinere Fahrzeug näher herankommen, aber infolge der aufgepeitschten See war es nicht leichter zu drehen als das viel größere Schiff.
Der Kapitän verlangte vom Navigator eine genaue Ortsbestimmung, als die zweite Granate schon in der Luft war, ganz in der Nähe einschlug und eine Reihe von tiefen Furchen in die Bordwand und die Aufbauten der ›Trader‹ riß.
Der Kapitän schrie Befehle; der Nebel wurde wieder dichter, und man konnte den Kutter nur noch undeutlich sehen. In wenigen Minuten würden die beiden Schiffe füreinander unsichtbar sein, was aber dem Kutter zugute kommen würde, da er in der Lage war, näher heranzufahren.
Joshi schaute unter einem Segeltuch hervor.
»Wenn ich nur sehen könnte, was vorgeht«, klagte er. »Der Nebel wird wieder dicht.«
»Sei froh, wenn du davonkommst«, fuhr ihn Mavra an. »Bleib, wo du bist. Der Kapitän weiß, was er tut.«
Hoffentlich, dachte sie. Sie konnte ebensowenig schwimmen wie Joshi.
Der Navigator auf der Brücke rief: »34 Süd, 62 West!«
»Genau!« sagte der Kapitän. »Wie lange haben wir's noch zur Hex-Spitze von Ecundo und Usurk?«
»Bei dieser Geschwindigkeit vielleicht zehn, zwölf Minuten.«
Der Kapitän war zufrieden.
»Alles hinauf!« schrie er. »Alle Segel hoch!«
Vom Kutter aus war undeutlich erkennbar, daß sich auf dem großen Schiff die Segel entrollten.
Der Parmiter, mittschiffs auf einer Beobachtungsplattform, schrie: »Sie setzen Segel! Wir müssen sie schnell einholen, sonst entwischen sie! Los, ihr Halunken! Wenn wir auf diese Entfernung etwas so Großes nicht treffen, sind wir alle verloren!«
Das Bugrohr feuerte wieder, und diesmal ging es ganz knapp. Sie holten nicht nur auf, sie fanden auch die Reichweite; hätten sie zwei Bugrohre einsetzen können, wäre es ihnen vermutlich gelungen, der ›Trader‹ einen Volltreffer zu verpassen.
Der Kapitän auf der Brücke der ›Trader‹ begann sich ernsthafte Sorgen zu machen. Der letzte Schuß hatte ein Loch ins Heck gerissen und einen Lukendeckel aufgesprengt.
»Wir müssen doch schon nah an der Grenze sein!« rief der Kapitän. »Kesselraum besetzen! Vorheizen! Abwehr A!«
Zwei Twosh-Kegel huschten auf weißen Handschuhen über das Deck und sprangen auf ein abgedecktes Objekt am Bug. Das Segeltuch wurde entfernt und gab ein Gerät frei, das einem kleinen Teleskop mit kuppelförmigem Gehäuse glich.
Wieder zischte eine Raketenmine durch die Luft, schlug mittschiffs ein und riß ein großes Loch in die ›Trader‹.
»Ballast umpumpen!« brüllte der Kapitän. Los, ihr Halunken, wo ist die Grenze? dachte er.
Dann kam plötzlich, als sei ein Vorhang aufgegangen, die ›Toorine Trader‹ aus dem Nebel und stand vor den Verfolgern, eine wehrlose Zielscheibe.
»Wir haben sie!« kreischte der Parmiter.
»Macht sie fertig!«
Die Raketenmannschaften grinsten und luden. Sie zielten auf den Mittelteil, in der Hoffnung, den Hauptmast zu treffen.
Die Besatzung des Parmiters ließ sich Zeit
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