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S.E.C.R.E.T.

S.E.C.R.E.T.

Titel: S.E.C.R.E.T. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. Marie Adeline
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hatte ich getan.
    Es gab Furcht. Ich spürte sie. Und dann ließ ich sie los.

 
    NEUN
    In den Wochen nach meinem Sturz in den Golf und jenem unglaublichen Erlebnis auf dem Boot war ich von einer ganz neuen Furchtlosigkeit erfüllt. Ich begann, mich gegen Tracinas subtile Schikane bei der Arbeit zu wehren. Ich wurde zwar nicht gemein, aber wenn sie zu spät kam, verließ ich das Café pünktlich zum Ende meiner Schicht, statt auf sie zu warten. Ich beschloss, dass es Wills Aufgabe war, diese Lücke zu füllen und sie zu tadeln, nicht meine. Außerdem begann ich, mein Haar zu einem tief sitzenden Pferdeschwanz zusammenzufassen, der meine neuen blonden Strähnchen zur Geltung brachte. Ich hob ein bisschen von der Versicherungssumme ab, die ich nach Scotts Tod erhalten hatte, und ging shoppen – ein Luxus, den ich mir bis jetzt noch nie gegönnt hatte. Ich kaufte ein paar enge, schwarze Hosen und bunte T-Shirts mit V-Ausschnitt. Schließlich brachte ich sogar den Mut auf, Trashy Divas aufzusuchen, ein Dessous-Geschäft im French Quarter, in dem Tracina einzukaufen pflegte. Ich erstand ein paar hübsche BHs, die passenden Tangas und ein sexy Nachthemd. Nichts allzu Gewagtes, aber immerhin war es mal was anderes als meine übliche Baumwollunterwäsche. Ich warf dabei kein Geld zum Fenster hinaus. Ich wollte nur, dass mein Äußeres die Lebendigkeit widerspiegelte, die ich innerlich spürte. Auch ging ich regelmäßiger joggen. Nach der Arbeit machte ich eine drei Meilen lange Tour um das French Quarter. Ich entdeckte Teile der Stadt, die ich bisher ignoriert hatte, so sehr war ich in meiner Alltagsroutine gefangen gewesen. Gegen Wills Willen bot ich mich sogar an, im Namen des Cafés den Stand beim Kostümball der New Orleans Revitalization Society zu besetzen. Der Erlös war für wohltätige Zwecke bestimmt. »Haben wir mit der Renovierung nicht schon genug am Hals?«, hatte Will gesagt.
    Es stimmte, dass das Café eine, wenn auch langsame, Renaissance erfuhr, die – sehr zu Tracinas Leidwesen – Wills Freizeit zum großen Teil in Anspruch nahm. Er hatte dem Laden zunächst einen neuen Anstrich verpasst und Gerätschaften aus Edelstahl angeschafft. Langfristig plante er, den zweiten Stock für die Gäste auszubauen, die bei gepflegter Musik elegant zu Abend essen wollten. Aber nachdem er einen kleinen Waschraum neben der Treppe eingerichtet hatte, hatte die Stadt ihm die Genehmigung dafür entzogen. Er warf eine Matratze auf den Boden, und wenn er nicht bei Tracina schlief, dann fand ich ihn häufig dort, planend, grübelnd oder auch einfach nur schmollend. Im Moment musste er sich damit zufriedengeben, den Müll aus dem oberen Stockwerk, der dort seit Urzeiten stand, zur Deponie zu bringen.
    »Altruismus ist die beste Werbung, Will«, argumentierte ich. »Geben ist gut für die Seele.« Meine Gedanken wanderten zurück zu der Szene in der Villa vor ein paar Monaten, wo ich den Segen des Gebens kennengelernt hatte. So viel Veränderung innerhalb einer so geringen Zeitspanne!
    Indem ich mich freiwillig für den Stand auf dem Ball meldete, beteiligte ich mich zum ersten Mal im Leben an einer der einzigartigen und beliebtesten Freizeitbeschäftigungen in New Orleans: an Clubaktivitäten. Ich war noch nie Mitglied in irgendeinem Club oder Verein, einer Gruppe oder einer gemeinnützigen Organisation gewesen. Das Blättern im Lokalteil der Zeitungen hatte in mir nie das Verlangen nach Geld oder Ansehen ausgelöst, mir jedoch das Gefühl gegeben, dass es da draußen noch eine völlig andere Welt gab. Eine Welt, in der die Gemeinschaft zählte, wo man zusammen feierte und Kameradschaft großgeschrieben wurde. Ich lebte jetzt fast sechs Jahre in dieser Stadt. Einer der Stammgäste des Cafés hatte mal gesagt, dass New Orleans einen »im siebten Jahr gefangen nimmt«. Ich begann zu verstehen, was er damit meinte. So langsam fühlte ich mich an diesem Ort heimisch.
    Das sagte ich auch zu Matilda, als ich sie auf eins unserer Nachgespräche im Tracy’s traf.
    »Man braucht einfach sieben Jahre, um sich an einem Ort zu Hause zu fühlen«, bestätigte sie. Auch sie war eine Zugezogene, vor vielen Jahrzehnten hergekommen, wenn auch aus dem Süden.
    Sie entschuldigte sich mehrfach dafür, dass ich über Bord gegangen war, und für den daraus resultierenden Schrecken. »Das war nicht vorgesehen. Wir wollten so tun, als ob der Motor ausgefallen sei, und Jake sollte dich aufgabeln. Nicht im Traum hätten wir damit gerechnet, dass er

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