S.E.C.R.E.T.
tatsächlich ausfallen würde. Ganz zu schweigen von einem Sturm!«
Ich zog die Augenbrauen hoch. »Sturm? Das war ein Hurrikan , Matilda!«
»Stimmt. Tut mir leid. Den Charm für Schritt fünf hast du dir redlich verdient«, antwortete sie und deutete auf mein hübsch verziertes Armband.
Ich hielt das blassgoldene Schmuckstück ans Licht und beobachtete, wie die einzelnen Charms schimmerten. Ich liebte es, sie zu sammeln. Dennoch sehnte ich mich nach Beständigkeit in meinem Leben. Ich hatte angefangen, mir vorzustellen, wie es wohl wäre, einen Mann in meinem Leben zu haben. Einen einzigen, der nur mir treu ergeben war. So sehr die Fantasien mein Leben und meine Einstellung zu mir selbst veränderten – ich spürte eine gewisse Leere. Ich wollte das Matilda gegenüber nicht erwähnen. Ich hatte noch vier Fantasien über. Ich wusste, sie würde mich drängen, sie bis zum Ende auszukosten und, wenn überhaupt, dann keinesfalls voreilig eine Beziehung einzugehen. Aber bald würde ich die S.E.C.R.E.T.-Schritte absolviert haben. Was dann? Würde ich der Organisation beitreten oder meine Erfahrungen nutzen, um einen besonderen Menschen zu finden, mit dem ich ein neues Leben beginnen konnte? War ich bereit? Und wer würde mich wollen? Eigentlich gab es so viele Fragen, die ich Matilda stellen wollte.
»Du erkundest dich gerade selbst«, sagte sie über ihren Drink hinweg. »Zuerst bekommst du, was du magst, was du nicht magst. Erst an zweiter Stelle stehen die Bedürfnisse deines Partners. Verstehst du?«
»Aber was, wenn ich dem Mann erkläre, dass ich ein Mitglied von S.E.C.R.E.T. war, und er kriegt die Krise?«
»Dann ist er nicht der Richtige für dich«, sagte sie und zuckte die Achseln. »Jeder Mann, der sich dagegen sperrt, dass eine alleinstehende, gesunde Frau mit anderen Erwachsenen, die in das Arrangement einwilligen, intim ist, und zwar freudig und sicher intim, ist deine Zeit nicht wert, Cassie. Außerdem schuldest du einem neuen Geliebten keine Rechenschaft über dein Sexualverhalten in der Vergangenheit, insbesondere dann nicht, wenn es nicht die geringsten Auswirkungen auf ihn hat. Besonders dann nicht, wenn es ihm auch noch zugutekommt!«
Erneut betrachtete ich mein Armband. Ich trug es zwar nicht täglich, aber wenn, dann erfüllte es mich mit einem ganz besonderen Gefühl. Vielleicht hatte es etwas mit den Worten zu tun, die auf den Charms eingraviert waren: Hingabe, Mut, Vertrauen, Großzügigkei t und jetzt Furchtlosigkeit . Bisher hatte lediglich Will bei der Auktion das Schmuckstück erwähnt. Sonst niemand. Nicht mal Tracina, die wie eine Elster war, wenn sie glitzernde Dinge sah.
»Diese Worte bedeuten mir wirklich etwas«, sagte ich zu Matilda. Ich war selbst überrascht, als ich es aussprach.
»Nun, das ist das Paradoxon, Cassie, das du hoffentlich verinnerlichen wirst. In mancherlei Hinsicht bedeutet ein Augenblick der Glückseligkeit gar nichts. Aber wenn du es schaffst, ihn erst geschehen und dann wieder los zu lassen, kann er plötzlich alles sein.«
Ich hatte Männer gekannt, die sich nicht vorstellen konnten, nur mit einer einzigen Frau zusammen zu sein. Die für die Gelegenheit gestorben wären, ihre sexuellen Fantasien auszuleben, ohne Verpflichtungen, mit einigen Traumfrauen, die speziell angeworben worden waren, um ihre Wünsche zu erfüllen. Ich war Matilda und S.E.C.R.E.T. keineswegs undankbar. Aber das Bedürfnis, mich zu binden, die Nähe eines ganz besonderen Menschen zu spüren, wurde heftiger und unwiderstehlicher. Warum hatte ich Will vor Jahren zurückgewiesen? Ich hatte ihn immer schon attraktiv gefunden. Unglaublich. Damals hatte ich befürchtet, dass er, wenn er mir näherkam, erkennen würde, wie ich wirklich war: langweilig, voller Angst, nicht liebenswert. Jetzt glaubte ich zum ersten Mal in meinem Leben, nichts von alldem zu sein. Ich entwickelte Selbstvertrauen und gelangte langsam zu der Überzeugung, dass ich eines Mannes wie Will würdig sein könnte – bedauerlicherweise genau in dem Augenblick, da er eine innigere Beziehung zu Tracina entwickelte.
Ich freute mich nach wie vor, wenn ich Will bei der Arbeit sah. Ich spitzte die Ohren, wenn ich seinen Lieferwagen vorfahren hörte, wurde ganz kribbelig, wenn wir beide allein im Büro waren. Und seit wir planten, den Spendenstand beim Ball mit Mitarbeitern des Rose zu besetzen, waren wir häufiger zusammen denn je. Wir entwarfen die Spruchbanner für den Stand. Er verbrachte mehr Zeit mit mir als mit
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