See der Schatten - Kriminalroman (German Edition)
Verbrechen?«
»Ich glaube nicht.« Kate schüttelte nachdenklich den Kopf. »Aber wahrscheinlich hatte er einen Verdacht, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Er ist ja nicht blöd.«
»Weißt du auch, wie Shannon den angeblichen Selbstmord von Susannah inszeniert hat?«, fragte Tess.
»Allerdings.« Wieder nickte Kate. »Anscheinend hat sich Justin öfter Nachrichten mit Susannah geschrieben. Die beiden haben sich ja ab und zu heimlich getroffen. Als Shannon in seinem Handy geschnüffelt hat, hat sie die Nachrichten entdeckt. Also hat sie Susannah in seinem Namen geschrieben, sie soll dringend nach Shadow Lake kommen, als Justin geschäftlich länger weg war. Es gäbe etwas Wichtiges zu besprechen. Als sie dann wirklich bei ihr zuhause vor der Tür stand, hat sie sie mit dem alten Revolver ihres Vaters bedroht. Dann ist sie mit ihr zu der Landzunge am See gefahren und hat sie mit vorgehaltener Waffe dazu gezwungen, den Abschiedsbrief zu schreiben und den Whisky zu trinken, in dem sie die übrig gebliebenen Tabletten von Justins Mutter aufgelöst hatte. Sie ist einfach abgehauen und hat Susannah allein am See sterben lassen.«
Tess stöhnte auf und schlug sich die Hände vor das Gesicht. »Es ist kaum zu ertragen, zu was diese Frau alles imstande war«, brachte sie mühsam hervor. Dann blickte sie Kate ängstlich an. Obwohl sie sich vor der Antwort fürchtete, fragte sie mit rauer Stimme »Hat sie auch gesagt, was mit Jared passiert ist?«
Einen Augenblick sah Kate ihre Freundin unsicher an, dann schluchzte sie plötzlich laut auf und presste eine Hand vor den Mund. Sie zitterte. »Das brauchte sie gar nicht. Ich wusste die ganze Zeit, wo er war.«
Tess war wie vor den Kopf gestoßen. Ungläubig starrte sie Kate an. »Wie – wie meinst du das?«, stammelte sie.
Kate brauchte eine Weile, um einigermaßen ihre Fassung wiederzugewinnen. Dann antwortete sie: »Jared ist in der Nacht zu mir gekommen. Meine Mutter hatte zum Glück ihre Schlaftabletten genommen und hat ihn nicht bemerkt. Er war von oben bis unten mit Blut beschmiert. Zuerst war er so außer sich, dass er kaum sprechen konnte, aber dann hat er von eurem Picknick erzählt. Er hat berichtet, dass du zum Auto gegangen bist, um deine Jacke zu holen, und er mit Joanna allein am See geblieben ist. Irgendwann musste wohl dringend mal pinkeln und ist ein Stück in den Wald gegangen. Als er dann zurückkam, lag Joanna auf dem Boden und Shannon war bei ihr. Jared dachte zuerst, dass Joanna sich irgendwie bei einem Unfall verletzt hat, und wollte ihr helfen. Er hat versucht, sie wiederzubeleben. Dabei hat er das Blut abbekommen. Dann erst hat er das Messer gesehen und begriffen, was wirklich passiert ist. Er ist in Panik vom See weg bis zu mir gerannt und hat mich um Hilfe gebeten. Ich sollte ihn irgendwie aus dem Ort hinausbringen.« Sie lächelte leicht. »Er wusste genau, wie verknallt ich ihn war.«
»Und du hast ihm tatsächlich geholfen?«
Kate nickte. »Aber erst zwei Tage später. Solange habe ich ihn in meinem Zimmer versteckt gehalten.«
»Aber warum habt ihr denn nicht einfach die Wahrheit gesagt?«, fragte Tess fassungslos.
»Die Wahrheit?« Kate lachte spöttisch auf. »Wer hätte die denn geglaubt? Shannon hat Jared noch am See gedroht, dass sie bezeugen würde, er hätte Joanna erstochen. Was glaubst du, wem man mehr geglaubt hätte, der ehrbaren Tochter eines reichen Gutsbesitzers oder einem polizeibekannten Unruhestifter, der dazu über und über mit dem Blut des Opfers beschmiert war? Shannon war doch da längst weg und hatte ihre besudelten Klamotten bestimmt schon entsorgt.«
Tess rieb sich mit der Hand über die Augen. Sie dachte an Sheriff Marcks. Für ihn war Jared von Anfang an der Täter gewesen. Er wäre sicherlich kaum davon zu überzeugen gewesen, gegen Shannon zu ermitteln.
»Du hast ja recht«, gab sie leise zu. Dann atmete sie einmal tief durch. »Aber warum hast du denn nicht wenigstens mir die Wahrheit gesagt? Ich hätte dir geglaubt.«
»Ich weiß«, seufzte Kate. »Und es tut mir auch unglaublich leid. Aber ich musste Jared versprechen, absolut niemandem etwas darüber zu sagen, nicht einmal dir oder Ellen. Er wollte nicht, dass ihr da mit hineingezogen werdet. Du glaubst gar nicht, wie schwer es für mich war, dich ständig anlügen zu müssen. In dieser Zeit war es mit lieber, dir aus dem Weg zu gehen, anstatt dir eine Lüge nach der anderen aufzutischen. Aber ich hatte solche Angst, dass man Jared doch
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