See der Schatten - Kriminalroman (German Edition)
überlebt.«
Er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. Seine Stimme klang gequält, als er weitersprach. »Danach konnte ich einfach nicht mehr so weitermachen, als wäre nichts passiert. Ich habe den Kontakt zu allen Freunden und Bekannten abgebrochen und mich hier in Shadow Lake verkrochen. Aber vor meinen Schuldgefühlen konnte ich nicht davonlaufen.«
Er blickte auf und sah Kate mit einem kleinen Lächeln an. »Vielleicht war das Feuer heute meine Chance, meinen Fehler wieder gutzumachen.«
54. Kapitel
Am nächsten Abend klopfte es an die Tür von dem Krankenzimmer, in dem Tess seit der Nacht lag.
Mühsam richtete sie sich in ihrem Bett auf. Stundenlang war Sheriff Marcks am Vormittag da gewesen und hatte alle Einzelheiten wissen wollen, die Tess bei ihren Nachforschungen erfahren hatte. Zum Glück hatte sie sich an alles erinnern können, was Shannon am Tag zuvor zu ihr gesagt hatte. Detailliert hatte sie darüber Auskunft gegeben. Trotz der ernsten Umstände hatte sie einen leichten Anflug von Genugtuung empfunden, als sie gesehen hatte, dass er bei jedem Satz blasser geworden war. Ihr letztes Zusammentreffen in seinem Büro hatte sie noch nicht vergessen.
Aber das anstrengende Gespräch mit dem Sheriff, die Nachwirkungen des Beruhigungsmittels und die Rauchvergiftung, die sie bei dem Brand erlitten hatte, forderten ihren Tribut. Tess war froh, dass sie sich jetzt im Krankenhaus ausruhen konnte und gut versorgt wurde.
»Ja?«, rief sie und schielte hinüber zur Tür, die langsam geöffnet wurde. Kates Gesicht erschien im Türspalt. Sie lächelte unsicher.
»Darf ich reinkommen?«, fragte sie höflich.
»Ja klar.« Tess klopfte auf den Rand ihres Bettes. »Setz dich doch. Ich freue mich, dass du hergekommen bist.«
Schüchtern trat Kate ans Bett heran, blieb aber stehen. »Wie geht es dir?«, erkundigte sie sich.
Tess verzog gequält das Gesicht. »Ich fühle mich, als hätte ich nähere Bekanntschaft mit einer Dampfwalze geschlossen, doch das wird schon wieder«, grinste sie. Dann fügte sie leise hinzu: »Aber trotz allem geht es mir besser als vorher. Ich bin so froh, dass jetzt alles vorbei ist, und dass Shannon niemandem mehr etwas antun kann.«
Kate nickte. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, was zurzeit in Shadow Lake los ist«, berichtete sie zögernd. »Shannons Taten sind natürlich im Moment das einzige Gesprächsthema im Ort. Alle sind immer noch fassungslos über das, was sie gemacht hat. Gleichzeitig zerreißen sie sich aber die Mäuler und übertreffen sich gegenseitig mit den Details ihrer Morde. Gerade eben hat Mrs Pretzky mir erzählt, das Shannon alles gestanden hat. Ausgerechnet Mrs Pretzky! Soviel wie heute hat sie in den letzten Jahren nie mit mir geredet. Ich soll dich übrigens von ihr grüßen.«
Tess musste beinahe lachen, als sie Kates unglückliche Miene sah. »Es ist kaum zu glauben, aber der alte Drache war in den letzten Tagen richtig nett zu mir«, bestätigte sie. »Ohne sie hätte ich wahrscheinlich noch viel länger im Dunkeln getappt.«
Kate nickte. »Zu mir war sie heute auch ausgesprochen liebenswürdig. Ruth Montgomery hat ihr haarklein von Shannons Geständnis erzählt. Shannon hat demnach nicht nur Joanna, Millie und Susannah auf dem Gewissen, sondern auch Cristina Gomez.«
»Das war das Mädchen mit den rot-schwarzen Haaren«, warf Tess ein.
»Genau. Justin hat sie wohl ein Stück mit dem Auto mitgenommen, als sie Richtung Süden trampen wollte. Sie ist von zuhause abgehauen und wollte nach Kalifornien.« Kate seufzte. »Sie hat wohl von der ganz großen Karriere in Hollywood geträumt. Aber sie ist in Shadow Lake hängen geblieben und nicht mehr weitergekommen. Dann hat sie Justins Auto vor dem Haus der Cipratis gesehen und dort geklingelt. Sie hat einfach nur ein Quartier für eine Nacht gesucht. Aber Justin war nicht da, er war mit ein paar Freunden auf einen Drink im Lakeview Inn verabredet. Und Shannon war inzwischen so von ihren Wahnvorstellungen besessen, dass alle hübschen Mädchen ihr ihren Mann ausspannen wollten, dass sie sie kurzerhand erdrosselt hat. Dann hat sie sie zu der Stelle gefahren, an der sie vor sechs Jahren schon Millie abgeladen hat.« Kate lächelte traurig. »Und das ist ihr dann zum Verhängnis geworden.«
Tess atmete hörbar aus. »Justin kannte das Mädchen also. Kein Wunder, dass er so komisch reagiert hat, als ich erzählt habe, dass man ihre Leiche gefunden hat. Meinst du, er wusste von Shannons
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