See der Schatten - Kriminalroman (German Edition)
noch finden und verhaften würde.« Sie verzog schuldbewusst das Gesicht. »Deshalb habe ich auch versucht, dir deine Nachforschungen auszureden.«
Tess brauchte eine Weile, bis sie begriff. »Der Pflasterstein mit der Nachricht – der kam von dir?«
Kate nickte zerknirscht. »Es tut mir alles inzwischen so leid«, beteuerte sie noch einmal. »Und glaub mir, wenn ich auch nur geahnt hätte, dass Joanna nicht Shannons einziges Opfer ist, ich wäre sofort zur Polizei gegangen.«
»Weißt du, wo Jared sich jetzt aufhält?«, flüsterte Tess nach einer Pause.
»Er lebt inzwischen unter falschem Namen an der Ostküste, in New York. Wir schreiben uns noch regelmäßig E-Mails« Kate lächelte vorsichtig. »Und er wird wahnsinnig erleichtert sein, wenn er erfährt, dass endlich die Wahrheit ans Licht gekommen ist. Ich werde ihm gleich nachher schreiben.«
Ein paar Minuten saßen die beiden schweigend beieinander. Sie mussten ihr Gespräch erst einmal verdauen.
»Meinst du, du kannst mir irgendwann verzeihen?«, fragte Kate schließlich leise.
Tess sah sie lange an. Dann lächelte sie. »Ich habe gehört, dass du Ryan aus dem Feuer gerettet hast. Man könnte also sagen, du hast schon alles wieder gutgemacht.«
»Naja, eigentlich war ja Greg Koborski der heldenhafte Lebensretter«, schränkte Kate ein. »Ich habe nur ein ganz klein wenig geholfen.«
Tess zog die Augenbrauen nach oben. »Komisch, das habe ich ganz anders gehört«, grinste sie vielsagend.
Auch Kate gelang ein kleines Lächeln. »Wie geht es ihm denn?«, erkundigte sie sich.
»Ich habe mich vorhin kurz in sein Zimmer geschlichen, obwohl ich eigentlich noch nicht aufstehen darf«, gestand Tess. »Er hat eine schwere Gehirnerschütterung, eine Platzwunde am Kopf und noch dazu eine ordentliche Rauchvergiftung, aber zum Glück wird wohl alles verheilen, ohne bleibende Schäden zu hinterlassen. Allerdings muss er bestimmt ein paar Tage länger im Krankenhaus bleiben als ich.«
Kate verzog das Gesicht zu einem Grinsen. »Dieser Ryan scheint dir ja eine Menge zu bedeuten, oder?«
»Ich würde sagen, ungefähr genauso viel, wie Jared dir bedeutet«, konterte Tess mit einer hochgezogenen Augenbraue. Dann nahm sie ihre Freundin in den Arm und drückte sie an sich.
»Ich habe dich so vermisst in den letzten Jahren«, murmelte sie.
55. Kapitel
»Bist du sicher, dass du allein zu dem Treffen gehen willst?«, fragte Ryan mit einem skeptischem Blick in das Gesicht seiner Freundin.
Tess nickte. »Ich denke, es ist das Beste so. Immerhin haben wir uns seit sieben Jahren nicht gesehen.«
Drei Wochen war es jetzt her, dass sie beide bei dem Brand beinahe ums Leben gekommen waren. Glücklicherweise hatten sich beide schnell erholt. Sogar Ryan war trotz seiner schweren Gehirnerschütterung schon nach ein paar Tagen aus dem Krankenhaus entlassen worden. Dennoch war ihnen klar, dass sie noch lange brauchen würden, um die Ereignisse zu verarbeiten.
Aber gemeinsam packen wir das sicher, dachte Tess und lächelte Ryan zuversichtlich an. »Wir treffen uns dann nachher im Hotel, okay?«, schlug sie vor.
»Okay«, stimmte Ryan zu, obwohl ihm deutlich anzusehen war, dass er lieber bei ihr geblieben wäre.
Tess unterdrückte ein Grinsen. Seitdem Shannon versucht hatte, sie umzubringen, hatte er einen ausgeprägten Beschützerinstinkt ihr gegenüber entwickelt, an dem er noch dringend arbeiten musste. Sie gab ihm einen Kuss und wandte sich dann in Richtung Metropolitan Museum. Vor dem Haupteingang hatte sie sich mit Jared verabredet, der seit seinem Verschwinden aus Shadow Lake hier in New York lebte.
Es war ein schöner Frühsommertag und der Central Park war voll von Menschen. Massen von Besuchern strömten in das Museum. Der prächtige neoklassizistische Bau beherbergte eines der bedeutendsten Kunstmuseen der Welt. Tess hatte allerdings an diesem Tag weder einen Blick für das imposante Bauwerk noch für die schöne Parkanlage übrig. Sie war viel zu aufgeregt wegen des Wiedersehens mit ihrem Cousin.
Trotz der vielen Menschen vor dem Museum sah sie Jared sofort. Er stand seitlich am Fuß der großen Treppe, die zum Eingang hinaufführte, und blickte nervös in alle Richtungen. Bei seinem Anblick bekam Tess ein mulmiges Gefühl. Sie freute sich unglaublich, Jared wiederzusehen, der für sie immer fast wie ein Bruder gewesen war. Aber sie hatte auch Angst. Soviel war seit ihrem letzten gemeinsamen Abend am See passiert. Sie hatten zwar ein paar Mal miteinander
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