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Seefeuer

Seefeuer

Titel: Seefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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Erstens lässt sich mit ihm beweisen, was auf der ›Crown of
St. Gallen‹ wirklich abgegangen ist. Zweitens ist es ein ideales Druckmittel,
um den alten Männern die geforderte Summe abzupressen. Und drittens ließen sich
über das Video sogar die Lehrer ans Messer liefern, da sie die Videoanlage rein
zum Zwecke der Ausspähung auf dem Schiff installiert hatten.« An dieser Stelle
legte sie eine kurze Pause ein, ehe sie fortfuhr: »Könnte es sein, dass
Schönwald mehr als nur das eine Video gerettet hat?«
    »Er hat«, nickte Wolf. »Wir haben in seiner Wohnung
einen ganzen Karton mit CD s gefunden. Er wusste
ganz genau, wer es wann mit wem auf welche Weise getrieben hatte.«
    Zwischen Karins Augen bildete sich eine steile Falte.
»Das erklärt so manches. Trotzdem verstehe ich eines nicht: Wieso hat
Schönwald, mehrere Tage bevor er an die Videos gelangte, Weselowski und Hohnisch
umgebracht? Wie konnte er wissen, dass die beiden zu den Teilnehmern der Party
gehörten, bei der Tamara auf der Strecke blieb?«
    »Na endlich! Hab schon gedacht, Sie stellen diese
Frage nie«, lachte Wolf und schlürfte genießerisch von seinem Wein. Dann griff
er erneut nach seinen Zigaretten. »Die Frage ist leicht zu beantworten – wenn
auch bedauerlicherweise erst seit heute Nachmittag«, erwiderte er und blies
einige Rauchkringel in den nachtblauen Himmel. »Schönwald hat nämlich über
seine Aktivitäten Tagesprotokolle geführt, die haben wir in seiner Wohnung
gefunden. Im Grunde war er eine tragische Figur, aber um das zu verstehen, muss
ich etwas weiter ausholen. Tagelang haben sämtliche Zeugen unsere Fragen nach
einer festen Beziehung Tammys verneint. Heute früh nun erfuhr Vögelein von
Tammys Mutter, es habe da vor ungefähr drei Jahren gewisse Nachstellungen eines
jungen Mannes gegeben. Tammy war ja damals noch ein Kind, wenngleich ein
überaus hübsches und frühreifes. Dennoch, oder gerade deswegen, hat sich der
Mitschüler in das Mädchen verguckt. Auf überaus zurückhaltende Weise übrigens,
wie der Direktor des Internats sich erinnerte, doch immerhin so, dass die Sache
auffiel. Am Ende hagelte es Ermahnungen für den Schüler, was dessen Zuneigung
jedoch nur noch forcierte.«
    »Dieser Mitschüler war Manfred Schönwald?«
    »So ist es. Schließlich legte ihm der Direktor nahe,
die Schule zu verlassen, und da kurz zuvor sein Vater gestorben war und Tammy
ihn weiterhin mit Nichtachtung strafte, ihn im Gegenteil demütigte und
verspottete, wo sie nur konnte, wechselte er an das Gymnasium in Singen, wo er
ein Jahr später das Abitur machte und anschließend seine Karriere bei der
Berufsfeuerwehr begann. Während der ganzen Zeit stellte er, wenn auch auf sehr
diskrete Weise, Tammy nach. Sie hat vielleicht nicht einmal selbst bemerkt,
dass er noch immer hinter ihr her war. Schönwald war von dem Mädchen regelrecht
besessen. Vor etwa drei Monaten hat er herausgefunden, dass Tammy mit einigen
anderen Mädchen aus dem Internat immer wieder mal die Nacht außerhalb der
Schule verbrachte. Eines Abends – das alles ist detailliert in seinen
Protokollen festgehalten – ist er den Mädchen nachgeschlichen und hat
beobachtet, wie sie an Bord eines Schiffes gingen.«
    »Die ›Crown of St. Gallen‹.«
    »Genau. Das hat sich noch zwei-, dreimal wiederholt.
Schon beim zweiten Mal wusste er, wer alles mit an Bord war. Er hat die Namen
und Adressen der acht Männer genau festgehalten, ebenso die der beiden Lehrer.
Und den Besitzer des Schiffes herauszufinden war für ihn Pipifax.«
    Wieder sah Wolf auf die Uhr. Karin runzelte die Stirn,
sagte aber nichts. »Er muss gewusst haben, was auf dem Schiff ablief,
spätestens seit den Videos«, überlegte sie.
    »Sie meinen, dass Tammy keineswegs der Engel war, für
den er sie immer gehalten hatte? Eben nicht! In diesem Punkt war er mit
Blindheit geschlagen, wollte die Realität einfach nicht wahrhaben. Für ihn war
Tammy die unschuldig Verführte – verführt von Hajek, von den alten Knackern und
deren Geld. Als Tammy schließlich tot am Seeufer gefunden wurde, war das für
ihn ein Wendepunkt. Er beschloss, Tammy, die über alles geliebte, die verführte
Heilige, zu rächen.«
    »Dieser Entschluss war für vier Männer das Todesurteil.
Nicht zu fassen!« Karin schüttelte den Kopf.
    »Es war nicht schwierig für ihn, diese Urteile zu
vollstrecken. Er hatte das Umfeld seiner Opfer sorgfältig ausgekundschaftet,
manches auch über den Dienstweg erfahren – vergessen Sie nicht,

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