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Seegrund

Seegrund

Titel: Seegrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kobr Michael Kluepfel Volker
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noch mal nachdenken? Das kam ja jetzt sehr schnell.«
    »Ich weiß, wen ich kenne. Und den …«, er warf noch einmal einen flüchtigen Blick auf das Bild, »kenn ich nicht.«
    »Wir haben den Mann am Alatsee gefunden … sehr, sehr schwer verletzt. Der Mann schwebt in Lebensgefahr. Wie gesagt, am Alatsee …« Kluftinger machte eine Pause, in die Friedel Marx hineinplatzte: »… wo er beim Tauchen war.«
    Kluftinger belegte sie mit einem strafenden Blick. Er lobte sich ungern selbst – eine Eigenschaft, für die er sich übrigens sehr gerne selbst lobte –, aber er hatte sich im Laufe der Jahre gute Verhörtechniken zugelegt, bei denen es oft auch auf die Pausen ankam. Einer Stille in einem Gespräch hielten nicht viele Menschen stand. Und die, die etwas zu verbergen hatten, schon gar nicht. Eine Stille gab ihm Zeit, sein Gegenüber genau zu mustern und jede kleine Reaktion geistig zu notieren. Doch die Stille nutzte ihm nur, wenn niemand hineinplatzte, wie es seine Kollegin eben getan hatte.
    »Im Alatsee? Das glaub ich nicht, weil da das Tauchen verboten ist.«
    »Hm, das scheint ja so ziemlich jeder hier zu wissen. Wissen Sie auch, warum?«, hakte Kluftinger nach, um Marx keine Chance zu geben, sich noch einmal einzumischen.
    »Zu gefährlich.«
    »Aber er hat doch da getaucht.«
    Der Verkäufer blickte sie aus zusammengekniffenen Augen an. Kluftinger kam es vor, als würde er sich seine nächsten Worte genau überlegen.
    »Also, na ja, es gab immer wieder solche Fälle. Manche haben ihren Leichtsinn dann mit dem Leben bezahlt. Aber Sie wissen ja: Alles, was verboten ist, zieht die Leute an. Die kriegen ihren Kick erst dann, wenn es wirklich gefährlich wird.«
    »Kennen Sie solche Leute?«
    Wieder kniff der Mann seine Augen zusammen. »Ich nehme an, Sie fragen mich das in meiner Funktion als Vorsitzender des Tauchclubs? Natürlich kenne ich solche Leute. Wer nicht. Aber hören Sie:Tauchen ist eine wunderbare Sache. Leni Riefenstahl ist noch mit hundert Jahren getaucht. Und auch ich gedenke, das bis ins hohe Alter zu tun.«
    Als er Kluftingers prüfenden Blick bemerkte, schob er nach: »Bis in ein noch höheres Alter, als ich es schon erreicht habe.«
    »Sollen Sie ja. Wir wollten ja nur wissen …«
    Der Mann ließ Kluftinger nicht ausreden. »Tauchen ist nichts Ungesetzliches. Wenn man sich an die Regeln hält, ist es in Ordnung. Und ich halte mich an die Regeln, oder bezweifeln Sie das?«
    Bisher hatte Kluftinger das nicht getan, aber dass der Mann nun so vehement darauf bestand, machte ihn doch stutzig.
    »Ich tue nichts Illegales, wenn ich Ihnen jetzt und hier keine Namen nenne. Ich war noch im Krieg. Und wissen Sie, was ich da bitterlich lernen musste? Kameradenschweine werden bestraft. Irgendwann. Früher oder später. Und Kameradschaft ist wichtig in unserem Hobby, wissen Sie? Da muss man hundertprozentig aufeinander bauen können.«
    »Vielen Dank, Herr …«
    »… Appel.«
    »Vielen Dank, Herr Appel. Das genügt uns fürs Erste. Kann sein, dass wir noch einmal wiederkommen.« Kluftinger wusste, dass das nicht nur sein konnte, sondern sicher war. Aber heute wäre aus dem Souvenirhändler sicher nichts mehr herauszuholen gewesen.
    »Immer gerne«, sagte der Verkäufer, doch Kluftinger konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er genau das Gegenteil meinte.
    Als sie aus der drangvollen Enge des Souvenirladens wieder nach draußen traten, fühlte sich der Kommissar erleichtert. »Überprüfen Sie den mal. Kam mir schon sehr komisch vor mit seinem Kameradengeschwätz«, sagte er zu seiner Füssener Kollegin.
    »Also, ich weiß nicht. Der Herr Appel ist eigentlich … und was heißt ›schon sehr komisch‹? Wo soll ich denn da ansetzen?«
    Der Kommissar, der keine Lust hatte, sich auf eine Diskussion einzulassen, warf Strobl einen Blick zu, mit dem er ihm zu verstehen gab, dass er die Kollegin in seine Arbeitsweise einweisen sollte. Er selbst ging noch einmal in den Laden zurück, weil er sich an einen Gedanken erinnerte, den er vorhin gehabt hatte. Als er sich wieder zu den anderen gesellte, fiel keinem der Kollegen sein seltsam ausgebeulter Wintermantel auf.

Zur selben Zeit

    Er wartete mehrere Minuten, um sicherzugehen, dass der Kommissar nicht noch einmal zurückkehren würde. Dann nahm er mit zitternden Fingern den Telefonhörer, wählte, legte wieder auf weil er sich vertippt hatte, und wählte erneut. Er bebte innerlich, während er wartete. Dann wurde abgenommen. Er sammelte sich, atmete

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