Seelen
an unsere Lieder zu erinnern. Bei seinem unharmonischen Geplätscher konnte ich trauern.
Ich schlang meine Arme fest um meinen Körper und trauerte um das Kind und die andere Seele, die zusammen mit ihm gestorben war. Meine Geschwister. Meine Familie. Wenn ich einen Weg hier hinaus gefunden hätte, wenn ich die Sucher benachrichtigt hätte, würden ihre Überreste jetzt nicht so durcheinandergeworfen in diesem blutbefleckten Raum liegen.
Ich hätte am liebsten geweint, erbärmlich geheult. Aber das war die menschliche Art zu trauern. Also presste ich meine Lippen aufeinander, kauerte mich in die Dunkelheit und verschloss den Schmerz in meinem Inneren.
Mein Schweigen, mein Trauern, wurde mir genommen.
Sie brauchten ein paar Stunden. Ich hörte sie suchen, hörte ihre verzerrten Stimmen durch die langen Luftschächte hallen. Sie riefen nach mir, erwarteten eine Antwort. Als sie keine erhielten, brachten sie Licht mit. Nicht die gedämpften blauen Lampen, die mein Versteck hier in all der Schwärze vielleicht nie enthüllt hätten, sondern die durchdringenden gelben Kegel der Taschenlampen. Sie schwangen hin und her, wie Lichtpendel. Sogar mit den Taschenlampen fanden sie mich erst, als sie den Raum zum dritten Mal durchsuchten. Warum konnten sie mich nicht in Ruhe trauern lassen?
Als mich der Strahl einer Taschenlampe schließlich ausfindig machte, war ein erleichterter Seufzer zu hören.
»Ich hab sie gefunden! Sag den anderen, sie sollen wieder herkommen! Sie ist doch hier drin!«
Ich kannte die Stimme, gab ihr aber keinen Namen. Nur ein weiteres Monster.
»Wanda? Wanda? Ist alles in Ordnung?«
Ich hob weder den Kopf noch öffnete ich die Augen. Ich trauerte.
»Wo ist Ian?«
»Was meinst du, sollen wir Jamie holen?«
»Er sollte mit seinem Bein nicht aufstehen.«
Jamie. Beim Klang seines Namens zuckte ich zusammen. Mein Jamie. Er war ebenfalls ein Monster. Er war genau wie alle anderen. Mein Jamie. Es tat körperlich weh, an ihn zu denken.
»Wo ist sie?«
»Hier drüben, Jared. Sie … reagiert nicht.«
»Wir haben sie nicht angerührt.«
»Los, gib mir die Lampe«, sagte Jared. »Und alle anderen raus hier. Der Ausnahmezustand ist beendet. Lasst ihr ein bisschen Luft zum Atmen, okay?«
Man hörte ein schlurfendes Geräusch, das sich nicht besonders weit entfernte.
»Im Ernst, Leute. Ihr seid hier keine Hilfe. Verschwindet. Ganz raus hier.«
Das Scharren begann langsam, wurde dann aber energischer. Ich hörte, wie sich viele Schritte durch den Raum entfernten und schließlich ganz verhallten.
Jared schwieg, bis es wieder still war.
»Okay, Wanda, wir sind allein.«
Er wartete auf irgendeine Art von Antwort.
»Hör zu, ich weiß, dass das ziemlich … übel für dich gewesen sein muss. Wir wollten nicht, dass du das siehst. Es tut mir leid.«
Es tat ihm leid? Geoffrey hatte gesagt, es sei seine Idee gewesen. Er wollte mich heraustrennen, in kleine Stücke schneiden, mein Blut an der Wand verspritzen. Er würde eine Million von uns langsam verstümmeln, wenn er nur einen Weg fände, um sein Lieblingsmonster am Leben zu erhalten. Er würde uns alle in Scheiben schneiden.
Er schwieg eine ganze Weile und wartete weiterhin auf eine Reaktion von mir.
»Du willst offenbar gern allein sein. Das ist in Ordnung. Ich kann sie von dir fernhalten, wenn du das möchtest.«
Ich rührte mich nicht.
Etwas berührte mich an der Schulter. Ich zuckte zurück und drückte mich an die spitzen Steine.
»Entschuldigung«, murmelte er.
Ich hörte, wie er aufstand, und das Licht - rot hinter meinen geschlossenen Augen - wurde langsam schwächer, als er wegging.
Er traf jemanden am Ausgang.
»Wo ist sie?«
»Sie will allein sein. Lass sie in Ruhe.«
«Stell dich nur nicht schon wieder in den Weg, Howe.«
»Glaubst du, sie will von dir getröstet werden? Von einem Menschen?«
»Ich wusste nichts von diesem …«
Jared antwortete mit leiserer Stimme, aber ich konnte immer noch ihren Widerhall hören. »Diesmal nicht. Du bist einer von uns, Ian. Ihr Feind. Hast du gehört, was sie da drin gesagt hat? ›Monster‹, hat sie geschrien. So sieht sie uns jetzt. Sie will deinen Trost nicht.«
»Gib mir die Lampe.«
Sie sagten nichts mehr. Eine Minute verstrich und ich hörte ein Paar Füße langsam an der Wand entlangkommen. Schließlich fiel das Licht auf mich und färbte meine Lider wieder rot.
Ich kauerte mich noch fester zusammen, da ich damit rechnete, dass er mich berühren würde.
Ein leiser Seufzer war
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