Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Seelen

Titel: Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
Vom Netzwerk:
Antwort selbst herauszuschneiden; das war so offensichtlich zum Scheitern verurteilt, dass es mir nie in den Sinn gekommen war.
    »Jeb, wir sind ziemlich kleine Wesen und vollkommen abhängig von unwilligen Wirtskörpern. Wir hätten es nicht besonders weit gebracht, wenn wir nicht unsere Verteidigungsmöglichkeiten hätten.«
    »Ich leugne nicht, dass ihr ein Recht auf diese Verteidigung habt. Ich sage nur, dass wir uns weiter wehren werden, so gut wir nur können. Wir fügen niemandem absichtlich Leid zu. Das ist nur ein unerfreulicher Nebeneffekt. Aber wir werden auf jeden Fall weiterkämpfen.«
    Wir sahen uns an.
    »Dann hättest du mich vielleicht wirklich von Doc aufschlitzen lassen sollen. Wozu bin ich sonst gut?«
    »Jetzt komm schon, Wanda. Sei nicht albern. Wir Menschen sind nicht nur der Logik verpflichtet. Wir haben eine größere Spanne von Gut und Böse in uns als ihr. Okay, vielleicht mehr Böses …«
    Ich nickte dazu, aber er ging nicht darauf ein und sprach weiter.
    »Das Individuum hat bei uns einen hohen Stellenwert. Letzten Endes wahrscheinlich sogar einen zu hohen. Wie viele Leute, abstrakt gesprochen, würde … sagen wir Paige … wie viele Leute würde sie opfern, um ihren Andy am Leben zu erhalten? Die Antwort wäre ziemlich unsinnig, wenn man die Gleichheit aller Menschen zugrunde legt.
    Und wie du hier geschätzt wirst … na ja, das ergibt auch nicht viel Sinn, wenn man es aus der Menschenperspektive betrachtet. Aber es gibt einige, die dich höher schätzen würden als manchen Menschen. Ich muss zugeben, dass ich mich zu dieser Gruppe zähle. Ich sehe dich als Freundin, Wanda. Obwohl das natürlich nicht funktioniert, wenn du mich hasst.«
    »Ich hasse dich nicht, Jeb. Aber …«
    »Ja?«
    »Ich sehe einfach keine Möglichkeit, weiter hier zu leben. Nicht, wenn ihr nebenan meine Familie abschlachtet. Und ich kann hier natürlich auch nicht weg. Verstehst du, was ich meine? Was bleibt da noch für mich außer Docs sinnlosem Geschnippel?« Ich schauderte.
    Er nickte ernsthaft. »Damit hast du natürlich Recht. Es wäre nicht fair, von dir zu verlangen, damit zu leben.«
    Mein Magen machte einen Satz. »Wenn ich es mir aussuchen kann, wäre mir ehrlich gesagt lieber, ihr würdet mich erschießen«, flüsterte ich.
    Jeb lachte. »Immer mit der Ruhe, Kleines. Niemand erschießt meine Freunde oder schlitzt sie auf. Ich weiß, dass du nicht lügst, Wanda. Wenn du sagst, auf unsere Art wird es nicht funktionieren, dann müssen wir die Dinge neu überdenken. Ich werde den Jungs sagen, sie sollen erst mal keine weiteren Geiseln mehr mitbringen. Im Übrigen glaube ich, dass Doc völlig mit den Nerven fertig ist. Er würde das sowieso nicht mehr lange mitmachen.«
    »Du könntest mich anlügen«, sagte ich. »Ich würde es wahrscheinlich nicht merken.«
    »Dann wirst du mir wohl vertrauen müssen. Denn ich werde dich nicht erschießen. Und ich werde auch nicht zulassen, dass du dich zu Tode hungerst. Iss was, Mädchen. Das ist ein Befehl.«
    Ich holte tief Luft und versuchte zu denken. Ich war mir nicht sicher, ob wir eine Einigung erzielt hatten oder nicht. In diesem Körper ergab nichts einen Sinn. Ich mochte die Leute hier zu sehr. Sie waren Freunde. Monströse Freunde, die ich nicht nüchtern betrachten konnte, solange ich dermaßen in Emotionen verstrickt war.
    Jeb nahm eine dicke Scheibe Maisbrot, die von geschmuggeltem Honig durchtränkt war, vom Tablett und schob sie mir in die Hand.
    Das Brot machte eine Riesensauerei und zerbröselte in schmierige Krümel, die mir an den Fingern kleben blieben. Ich seufzte wieder und begann sie abzulecken.
    »Na also! Wir kriegen das schon hin. Du wirst sehen, dass sich alles finden wird. Versuch, positiv zu denken.«
    »Positiv zu denken«, murmelte ich mit vollem Mund und schüttelte ungläubig den Kopf. Nur Jeb …
    Da kam Ian zurück. Als er in unseren Lichtkegel trat und das Essen in meiner Hand sah, erfüllte mich der Ausdruck, der auf sein Gesicht trat, mit Schuldgefühlen. Es war ein Ausdruck freudiger Erleichterung.
    Nein, ich hatte nie jemandem absichtlich körperliche Schmerzen zugefügt, aber ich hatte Ian tief verletzt, indem ich mich selbst verletzte. Menschliche Leben waren so unglaublich eng miteinander verwoben. Was für ein Durcheinander.
    »Hier bist du also, Jeb«, sagte er mit leiser Stimme, als er sich gegenübersetzte, wobei er Jeb nur wenig näher war als mir. »Jared hat vermutet, dass du hier bist.«
    Ich rutschte ein Stück

Weitere Kostenlose Bücher