Seelen
nicht mehr lange wehtun. Wie weit ist es noch bis Tucson?«
Genau in diesem Augenblick stießen wir auf Asphalt. Eigenartig, wie der Anblick mein Herz vor Angst zum Rasen brachte. Jared hielt zwischen Gestrüpp versteckt an. Er stieg aus, entfernte die Planen und Ketten von der Stoßstange und legte sie in den Kofferraum. Dann stieg er wieder ein und fuhr langsam an, wobei er sich aufmerksam umsah, um sicherzugehen, dass der Highway leer war. Er streckte die Hand aus, um die Scheinwerfer einzuschalten.
»Warte«, flüsterte ich. Ich konnte nicht lauter sprechen. Ich fühlte mich hier so ungeschützt. »Lass mich fahren.«
Er sah mich an.
»Es darf nicht so aussehen, als sei ich in diesem Zustand zu Fuß ins Krankenhaus gekommen. Das wirft zu viele Fragen auf. Ich muss fahren. Du versteckst dich hinten und sagst mir, wo ich hin muss. Ist da etwas, worunter du dich verstecken kannst?«
»Okay«, sagte er langsam. Er legte den Rückwärtsgang ein und fuhr zurück ins dichtere Gestrüpp. »Okay. Ich verstecke mich. Aber wenn du uns irgendwo anders hinfährst, als ich dir sage …«
Oh! Melanie war genauso verletzt von seinen Zweifeln wie ich.
»Dann erschieß mich«, sagte ich unbewegt.
Er antwortete nicht. Bei laufendem Motor stieg er aus. Ich rutschte über die Becherhalter auf seinen Sitz und hörte, wie der Kofferraumdeckel zufiel.
Jared kletterte mit einer dicken zusammengefalteten Decke unter dem Arm auf den Rücksitz.
»Bieg nach rechts auf die Straße ein.«
Der Wagen hatte eine Automatikschaltung, aber es war lange her, dass ich gefahren war, und ich fühlte mich unsicher hinter dem Steuer. Ich fuhr vorsichtig, erfreut festzustellen, dass ich noch wusste, wie es ging. Der Highway war immer noch leer. Ich bog auf die Straße ein, wobei mein Herz erneut zu klopfen begann.
»Licht an«, sagte Jared. Seine Stimme kam von unten auf der Rückbank.
Ich suchte nach dem Schalter und machte dann die Scheinwerfer an. Sie kamen mir fürchterlich hell vor.
Wir waren nicht weit von Tucson entfernt - ich konnte einen gelblichen Lichtschein am Himmel sehen. Die Lichter der Stadt vor uns.
»Du könntest ein bisschen schneller fahren.«
»Ich fahre schon so schnell, wie ich darf«, protestierte ich.
Er schwieg einen Augenblick. »Fahren Seelen nie zu schnell?«
Ich lachte. Es klang nur eine Spur hysterisch. »Wir halten uns an alle Gesetze, Verkehrsregeln eingeschlossen.«
Die Helligkeit vor uns war jetzt mehr als ein Schein - sie verwandelte sich in einzelne Lichtpunkte. Grüne Straßenschilder informierten mich über die möglichen Ausfahrten.
»Fahr an der Ina Road raus.«
Ich folgte seinen Anweisungen. Er sprach leise, obwohl wir hier im Wagen ruhig hätten schreien können.
Es war nicht leicht für mich, hier in dieser unbekannten Stadt zu sein. Häuser und Wohnungen und Geschäfte mit Leuchtreklame zu sehen. Zu wissen, dass ich umzingelt war, in der Minderzahl. Ich stellte mir vor, wie es für Jared sein musste. Seine Stimme war bemerkenswert ruhig. Aber er hatte das schon öfter gemacht, schon viele Male.
Inzwischen waren mehr Autos auf der Straße unterwegs. Wenn ihre Scheinwerfer über meine Windschutzscheibe streiften, zuckte ich erschrocken zusammen.
Mach jetzt nicht schlapp, Wanda. Du musst stark sein für Jamie. Das hier klappt nur, wenn du durchhältst.
Ich kann es. Ich kann es tun.
Ich dachte fest an Jamie und meine Hände am Steuer wurden ruhiger.
Jared leitete mich durch die größtenteils schlafende Stadt. Die Heileinrichtung war klein. Sie musste früher eher ein Ärztehaus gewesen sein - mit mehreren Arztpraxen - als ein richtiges Krankenhaus. Durch die meisten Fenster und die Glasfront schien Licht. Ich konnte eine Frau hinter dem Empfangstresen sehen. Sie sah nicht auf, als meine Scheinwerfer näher kamen. Ich fuhr in die dunkelste Ecke des Parkplatzes.
Ich steckte die Arme durch die Riemen des Rucksacks. Er war nicht neu, aber in gutem Zustand. Perfekt. Jetzt musste ich nur noch eins tun.
»Schnell, gib mir das Messer.«
»Wanda … Ich weiß, dass du Jamie liebst, aber ich glaube wirklich nicht, dass du es benutzen könntest. Du bist keine Kämpfernatur.«
»Nicht für sie, Jared. Ich brauche eine Wunde.«
Er keuchte. »Du hast bereits eine Wunde. Das reicht!«
»Ich brauche so eine wie Jamie. Ich verstehe nicht genug vom Heilen. Ich muss genau sehen, was zu tun ist. Ich hätte es vorhin schon gemacht, aber ich war mir nicht sicher, ob ich dann noch würde fahren
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