Seelengesaenge
Generatorsysteme weniger Abschirmung benötigen und daher preiswerter zu bauen sind. Überschweres Helium war außerdem ein idealer Treibstoff für Raumschiffe.
Die Gesellschaften innerhalb der Konföderation waren stark abhängig von dieser Form der billigen, sauberen Fusion, um ihren sozioökonomischen Status aufrecht zu erhalten. Glücklicherweise existierte Deuterium in schier unbegrenzten Mengen; es war ein verbreitetes Isotop des Wasserstoffs und konnte aus dem Meer oder jedem beliebigen Eisasteroiden extrahiert werden. Helium-III hingegen war in der Natur extrem selten. Die Anfänge der Helium-III-Gewinnung aus der Jupiteratmosphäre reichten zurück bis in das Jahr 2062, als die Jupiter-Energiegesellschaft ihren ersten Aerostaten in der Jupiteratmosphäre absetzte, um das flüchtige Isotop in kommerziellen Maßstäben zu extrahieren. Es gab nur winzige Mengen, doch winzig ist im Kontext eines Gasriesen ein relativer Begriff.
Und aus dieser einen hochriskanten Operation war durch politische Revolution, religiöse Intoleranz und nicht zuletzt dank der Entdeckung von BiTek das Edenitentum hervorgegangen. Die Edeniten bauten noch immer Helium-III ab, in jedem kolonisierten Sternensystem, das über einen Gasriesen verfügte (mit der bemerkenswerten Ausnahme von Kulu und seinen Fürstentümern), obwohl die Aerostaten von damals längst hoch effizienten Wolkenschaufeln als Extraktionswerkzeugen gewichen waren. Es war das größte existierende Wirtschaftsunternehmen – und das größte Monopol in der Geschichte der Menschheit. Und nachdem die Prozeduren zur Entwicklung neuer Koloniewelten längst etabliert waren, sah alles danach aus, als würde dieses Monopol auch noch lange so bleiben.
Und wie jeder Student der Ekistik hätte vorhersagen können, war und blieb der Jupiter das ökonomische Herz des Edenitentums. Denn es war der Jupiter, der den größten Abnehmer für Helium-III versorgte: Die Erde mitsamt ihrem O’Neill-Halo. Ein derart gigantischer Markt erforderte eine gigantische Menge an Nachschub: Gewaltige Extraktionsanlagen mitsamt einer entsprechenden Infrastruktur für die Logistik – und dazu kam noch der eigene gewaltige Energiebedarf der Edeniten.
Hunderte von Industriestationen umgaben jedes einzelne Habitat, von vergleichsweise großen, zehn Kilometer durchmessenden Asteroidenverhüttungsanlagen bis hin zu winzigen Mikrogravitations-Forschungslabors. Zehntausende von Raumschiffen verstopften den lokalen Weltraum und im- oder exportierten jede Ware, die der Menschheit oder den Xeno-Rassen in der Konföderation bekannt war. Ihre zugewiesenen Flugvektoren glichen einer verschwommenen, nicht enden wollenden DNS-Spirale rings um das fünfhundertfünfzigtausend Kilometer hohe Orbitalband der Habitate.
Als die Oenone noch zweitausend Kilometer von Kristata entfernt war, kam das Habitat zum ersten Mal in den Sichtbereich der optischen Sensoren. Es leuchtete schwach aus sich heraus wie eine Miniaturgalaxis mit langen dünnen Spiralarmen. Das Habitat selbst bildete das leuchtende Zentrum. Es war ein fünfundvierzig Kilometer langer Zylinder, der gemächlich innerhalb einer Korona von Elmsfeuer rotierte, verursacht durch angeregte Partikel, die über den Polyprumpf streiften. Ringsum schwebte ein Gewirr von Industriestationen. Statische Entladungen zuckten über externe Träger und Paneele, deren Metall empfänglicher war für den Ansturm von Ionen als der BiTek-Polyp. Lange Flammen von Fusionsantrieben bildeten die Spiralarme; Adamistenschiffe und Interorbitalfähren, die von der gegenläufig rotierenden Raumhafenscheibe des Habitats starteten oder sich im Landeanflug befanden.
Man hatte der Oenone einen Prioritätsvektor zugewiesen, der dem Voidhawk gestattete, durch das Gewimmel von Schiffen hindurch auf dem schnellsten Weg zu den Simsen der nördlichen Abschlußkappe zu rasen – obwohl das Raumschiff genaugenommen bereits mit sieben g verzögerte. Ruben beobachtete, wie das Habitat rasch auf dem Schirm heranwuchs und der zentrale Ring von Sternenkratzern in Sicht kam. Es war praktisch das einzige Detail, das sich im Verlauf der letzten hunderttausend Kilometer seit ihrem Rücksturz in den Normalraum geändert hatte. Der Jupiter sah immer noch ganz genauso aus. Ruben wußte nicht einmal zu sagen, ob sie sich dem Gasriesen in der Zwischenzeit genähert hatten oder nicht – es gab keinerlei Referenzpunkte. Es schien, als flöge die Oenone zwischen zwei endlos flachen Ebenen hindurch, die eine aus
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