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Seelengift

Titel: Seelengift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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Gerichtssaal.
    Frau Rampertshofer drängte sich an ihr vorbei und rief noch im Stehen dem Richter zu: »Ich möchte nicht mehr von dieser Anwältin vertreten werden! Sie soll gehen. Ich brauche eine richtige Vertretung, die für mich kämpft und nicht für meinen Mann!«

    Clara, die gerade die Tür hatte schließen wollen, erstarrte mitten in der Bewegung. Der Richter und der gegnerische Anwalt sahen sie beide verwundert an.
    Clara hob die Schultern. »Wenn Frau Rampertshofer das meint …« Sie würde sich nicht gegen eine solch absurde Anschuldigung verteidigen. Auf gar keinen Fall.
    Der Richter bat die Dame zu sich. »Sie sollten sich lieber beruhigen, Frau Rampertshofer«, sagte er streng. »Das ist ein Gericht und kein Kinderspielplatz!«
    Die Frau verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. »Frau Niklas ist jedenfalls nicht mehr meine Anwältin.«
    Und während der Richter sie deutlich genervt über die Folgen belehrte, die es hatte, mitten in einer Verhandlung die Anwältin zu entlassen, und das Ganze zu Protokoll gab, zog Clara ihre Robe aus, nickte dem Richter und dem Kollegen knapp zu und verließ mit einem Gefühlsgemisch aus Wut und großer Erleichterung den Gerichtssaal. Eineinhalb Jahre hatte Frau Rampertshofer sie gequält, hatte ihre Energie, ihre Nerven und all ihr familienrechtliches Können gefordert. Sie ging an den beiden Kindern vorbei, die sie verwundert ansahen, und lächelte ihnen kurz zu. Dann lief sie die Treppe hinunter und hinaus in den kalten Nachmittag. Sie fuhr mit der U-Bahn in die Kanzlei, erledigte schweigend die Post und diktierte eine saftige Rechnung für Frau Rampertshofer. Dann machte sie sich mit Elise als moralischer Unterstützung zu Fuß auf den Weg zu Papa Jokes Kneipe.
     
    Der vollgestopfte Tag mit Frau Rampertshofers Auftritt als krönendem Abschluss hatte einen großen Vorteil gehabt: Er hatte Clara keine Zeit gelassen, weiter über Irmgard Grubers Mörder und ihre eigene Rolle in dieser Geschichte nachzudenken. Jetzt, während sie mit Elise durch die Stadt marschierte,
kamen die Gedanken zurück, und je näher Clara ihrem Ziel kam, desto unbehaglicher fühlte sie sich. Was, wenn der Wirt doch in die Sache verwickelt war? Wenn er Papa Joke gewarnt hatte? Womöglich wussten sie alle Bescheid? Und sie tappte dumm und dämlich mitten hinein in die Falle.
    Sie versuchte sich zu beruhigen. Gruber wusste, wo sie war, und sie hatte auch Mick erzählt, wohin sie wollte, ohne ihm jedoch die genaueren Hintergründe zu erklären. Sie hatte sich mit ihm um halb neun im Murphy’s verabredet. Er würde sich wundern und anrufen, wenn sie nicht käme. Ebenso Gruber, dem sie versprochen hatte, etwa um die gleiche Zeit anzurufen. Clara tastete nach ihrem frisch aufgeladenen und eingeschalteten Handy in der Manteltasche, das ihr gottlob noch eingefallen war. Sie hatte es heute Mittag vor der Verhandlung extra von zu Hause geholt und bei der Gelegenheit gleich ihre private Post durchgesehen: Es war kein neuer anonymer Brief dabei gewesen.
     
    Vor der Kneipe beugte sie sich zu Elise hinunter und flüsterte in ihr graues, warmes Schlappohr: »Du passt auf mich auf, ja?« Dann sah sie sich noch einmal gründlich um. Sie glaubte nicht, dass ihr jemand gefolgt war, weit und breit war niemand Verdächtiges zu sehen. Dann holte sie tief Luft und betrat Papa Jokes Kneipe ein zweites Mal.
    Schon als sie die Tür hinter sich schloss, beruhigten sich ihre Nerven merklich. Das Lokal war im Gegensatz zu vorgestern Mittag vollbesetzt, und lebhaftes, entspanntes Gemurmel erfüllte den Raum. Fast an allen Tischen wurde gegessen, mit Ausnahme des Stammtisches. Ein paar von den Gästen hatten sich zur Tür gedreht, als sie hereingekommen war, und einige von ihnen hatten mehr oder weniger leise Kommentare abgegeben. Diese galten ausnahmslos Elise und
lauteten meistens: »Huch, ein Kalb« oder: »Eine Dogge, wie süß« oder etwas in der Art, Clara war daran gewöhnt. Die Aufmerksamkeit hatte jedoch schnell wieder nachgelassen, und als Clara durch den Raum zur Theke ging, waren alle wieder auf ihr Abendessen und ihre Gespräche konzentriert, und keiner hob auch nur den Kopf. Insgesamt erschien ihr das ganze Lokal derart unverdächtig und harmlos, dass sich ihre Befürchtungen geradezu lächerlich ausnahmen.
    Der Wirt, der an der Zapfanlage stand und gerade ein rundes Tablett mit Biergläsern füllte, erkannte sie sofort wieder, und ein schiefes Grinsen erschien auf seinem Schlägergesicht. »Die Frau

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