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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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ein Freund und Waffenbruder König Kadeirens gewesen war, hatte der Herrscher der Korun ihn, Réfen, zu seinem Mündel gemacht. Wie einen Sohn hatte er ihn behandelt, obwohl seine Mutter, eine Kaufmannstochter, nur die Geliebte seines Vaters gewesen war und er als Kind in den Gassen des Silnen-Viertels gelebt hatte. Kurz nur huschte ein Lächeln über seine angespannten Züge. Irgendwann hatte er aufgehört, die Gelegenheiten zu zählen, bei denen er Seloran gedeckt hatte, weil sie sich verbotenerweise in das Labor des Hofmagicus geschlichen und in seinen Büchern gelesen hatte. Oder für Darejan saubere Kleider aus dem Palast geschmuggelt hatte, weil sie sich wieder einmal einem der halbwilden CayAdesh-Rösser genähert hatte, die sein Vater aus den Bergsteppen mitgebracht hatte– und nach einem misslungenen Versuch aussah, als hätte sie den Schweinen in der Suhle Gesellschaft geleistet– oder sich mit einem Stalljungen geprügelt. Er kannte die Schwestern, seit König Kadeiren ihn in den Palast geholt hatte, aber seit dem letzten Seelenmond hatte er zuweilen das Gefühl, bei Seloran einer Fremden gegenüberzustehen. Etwas an ihr hatte sich verändert, auch wenn er nicht mit Sicherheit sagen konnte, was.
    Ein Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken. Auf sein » Herein! « betrat ein hochgewachsener Krieger den Raum und schloss bedächtig die Tür hinter sich.
    » Garwon! « Réfen nickte dem Mann herzlich zu. » Was führt dich zu dieser späten Stunde zu mir? « Er wies einladend auf den Sessel, der auf der anderen Seite seines Schreibtisches stand, doch der Krieger dankte nur mit einer kurzen Geste und blieb stehen.
    » Ich muss dich sprechen, Hauptmann! «
    » Was gibt es? « Die Förmlichkeit in Garwons Stimme überraschte ihn.
    Einen langen Augenblick schien der Krieger nicht zu wissen, wie er beginnen sollte. Dann trat er an das hohe Fenster, das in den Innenhof des Palastes hinausblickte, und starrte einen Moment in die Dunkelheit jenseits des geschliffenen Glases. Schließlich begann er doch zu sprechen. » Es geht um den Gefangenen, Hauptmann. Den, von dem die Königin glaubt, er sei ein Spion der Nordreiche. «
    » Dieser Gefangene geht uns nichts an, Garwon « , unterbrach Réfen ihn, ehe er weitersprechen konnte. » Die Königin hat ihn den Grauen Kriegern übergeben. «
    Abrupt wandte der Mann sich ihm zu. » Ja, und keiner weiß, was diese Grauen Kerle diesem armen Hund jede Nacht antun. Aber– bei den Sternen, Réfen– was auch immer es ist, das hat keiner verdient, ob er nun ein Spion ist oder nicht. «
    » Was soll das heißen? «
    Mit zwei Schritten stand Garwon vor seinem Schreibtisch und stützte sich mit beiden Händen auf die polierte Platte. » Die Grauen kommen jeden Abend, wenn die ersten Schatten sich zeigen– den ganzen Tag über sieht man nichts von den Kerlen–, und dann… « Angewidert schüttelte er den Kopf. » Bis hin zur Wachstube hört man ihn schreien! Die ganze Nacht! «
    Réfen begegnete dem Blick des anderen scheinbar gelassen. Doch sie wussten beide, was er von unnötiger Grausamkeit hielt. » Es ist üblich, einen Spion zu befragen. «
    » Die ganze Nacht? Jede Nacht seit er hier ist? « , brauste der Krieger auf. » Verdammt, Réfen, der Mann hat, seit sie ihn ins Verlies geschleppt haben, weder Wasser noch etwas zu essen bekommen. «
    » Garwon, der Mann soll… «
    » Ich weiß! « , fiel der ihm unwirsch ins Wort. » Er soll nicht nur ein Spion sein, sondern obendrein auch noch etwas mit dem Verschwinden Prinzessin Darejans zu tun haben. Und ja, der Umstand, dass die Grauen ihn mit ihr zusammen in den Höhlen unter den GônBarrá aufgegriffen haben, spricht dafür. « Der Krieger stieß sich mit einem Ruck von der Tischplatte ab und richtete sich auf. » Aber dennoch weigere ich mich zu glauben, dass das alles tatsächlich auf Befehl der Königin geschieht. « Er schüttelte den Kopf. » Der Mann ist vielleicht ein Spion, vielleicht sogar Schlimmeres. Aber er ist auch ein Mensch. Und du, als Hauptmann der Garde… «
    Réfens erhobene Hand ließ den Krieger innehalten. Schweigend blickte er auf die Bruchstücke des Federkiels vor sich auf dem Tisch. Garwon hatte recht. Seloran wäre im ersten Zorn dazu fähig, einen Mann, der Hand an ihre geliebte jüngere Schwester gelegt hatte, unverzüglich dem Henker zu übergeben. Aber sie würde ihn nicht tagelang foltern und hungern lassen. Auch er weigerte sich, das zu glauben.
    » Und da ist noch etwas, Réfen. « Die Stimme

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