Seelenmoerder
Statur …« Barbara schüttelte den Kopf, ehe er zu Ende gesprochen hatte.
»Ich weiß nicht. Da kann ich nur raten. Bei so was bin ich schon unter normalen Umständen nicht gut, und da konnte ich überhaupt nicht mehr klar denken. Ich weiß es einfach nicht.«
»Als Sie in der Essecke mit ihm gerungen haben, wie viel größer als Sie kam er Ihnen da vor?«, fragte Abbie.
Barbara Billings zuckte die Achseln und sah sie hilflos an. »Es war, als hätte sich mein Verstand abgeschaltet. Ich
konnte nur noch reagieren. Und nachdem er mich geschlagen hatte, war ich irgendwie weggetreten. Er hat mir eine Spritze in den Arm gerammt, und von da an war alles wie im Nebel.«
Abbie streckte den Arm aus und legte ihre Hand auf Barbaras Faust. »Das ist verständlich. Der Überlebenstrieb hat eingesetzt. Und das, was er Ihnen gegeben hat, sollte Sie ja benommen machen.«
»Versuchen Sie sich an den Moment zu erinnern, als Sie ihn entdeckt haben«, bat Ryne. »Haben Sie vielleicht etwas an der Wand hängen, gegen das er sich gelehnt haben könnte?«
Sie runzelte die Stirn. »Klar. Ein paar gerahmte Stiche von Savannah im frühen neunzehnten Jahrhundert. Und ein Bord mit alten Zinnsachen.«
»Bei was davon stand er in der Nähe?«
Barbara sah verwirrt zwischen Ryne und Abbie hin und her. »Bei den Zinnsachen.«
»Wo war sein Kopf im Verhältnis zu dem Regal, als er sich gegen die Wand gelehnt hat? Über dem Bord? Darunter? Oder auf gleicher Höhe?«
Barbara begann zu begreifen, worauf er hinauswollte. »Darunter. Das Bord ist in ein Meter achtzig Höhe angebracht. Oder?« Sie suchte den Blick ihrer Mutter, welche nickte. »Wir haben es bei meinem Einzug aufgehängt. Es hat eine halbe Ewigkeit gedauert, bis es endlich gerade war.« Sie schluckte und sah beiseite. »Sein Kopf war etwa zehn Zentimeter unter dem Bord.«
Sie hob die Stimme zum Ende des Satzes hin, sodass es mehr nach einer Frage als einer Aussage klang, doch es war immerhin etwas. Falls sie mit ihrer Schätzung richtig lag, musste der Mann etwa eins achtundsiebzig sein, wenn er aufrecht stand.
»Was ist mit seiner Statur? War er stämmig? Schlank?«
»Keine Ahnung. Er war nicht schwer. Mein Ex hat sechsundachtzig Kilo gewogen, und so viel hatte der Kerl garantiert nicht. Aber er war unheimlich stark. Ich hatte keine Chance, egal, was ich versucht habe.« Ihre Stimme war jetzt nur noch ein Flüstern.
Abbie stupste Barbara sanft an der Hand, in der sie das Glas hielt. »Lassen Sie sich Zeit, Barbara. Trinken Sie einen Schluck.« Sie wartete, bis die Frau getrunken hatte, und warf ihr ein aufmunterndes Lächeln zu. »Sie machen das ganz toll. Und Sie wehren sich immer noch gegen ihn. Mit jedem Detail, das Sie uns nennen, helfen Sie uns dabei, ihn zu fassen, also lassen Sie bloß nicht locker, okay? Es dauert nicht mehr lange.«
Widerwillig musste Ryne Abbie Respekt zollen, als er sah, wie die Frau ihr ein unsicheres Lächeln schenkte. Die neue Mitarbeiterin war doch nützlicher, als er gedacht hatte, obwohl das angesichts seiner ersten Reaktion nicht viel heißen wollte.
»Sie haben gesagt, alles wurde ganz verschwommen, nachdem er Ihnen die Spritze gegeben hat.« Barbara tastete nach der Hand ihrer Mutter, die beruhigend auf ihrer Schulter lag. »Haben Sie irgendwann das Bewusstsein verloren?«
»Ich glaube schon. Denn die nächste Erinnerung ist die, dass wir in meinem Schlafzimmer waren.« Sie erschauerte und drückte fest die Hand ihrer Mutter. »Ich lag nackt auf dem Bett, und meine Hände waren über dem Kopf gefesselt.«
»Können Sie mir zeigen, in welcher Position?« Ryne legte seinen Stift hin und hielt die Handgelenke aneinander. »Mit den Handflächen nach innen? Oder nebeneinander?«
»Sie … sie waren …« Barbara Billings verlor die Beherrschung und wurde laut. »Was spielt das schon für eine Rolle? Also ehrlich! Wie meine Hände gefesselt waren oder wie
oft er mich geschlagen hat. Was soll das bringen? Was soll denn das alles für einen Sinn haben?«
»Vielleicht sollten Sie lieber gehen«, warf Nancy Billings ein. Sie ging um die Couch herum, setzte sich neben ihre Tochter und legte ihr einen Arm um die Schulter.
»Es ist wichtig, weil Sie nicht wissen, wer Sie vergewaltigt hat, Barbara.« Abbie wartete, bis die Frau sie ansah, ehe sie weitersprach. »Und wir auch nicht. Aber wir wissen, dass der Kerl schon eine Weile sein Unwesen treibt, und deshalb muss er schnellstens gefasst werden. Uns hilft jede winzige Einzelheit, die Sie
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