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Seelenprinz

Seelenprinz

Titel: Seelenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. Ward
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zurückgebunden. Sie hatte das Kinn nach vorne geschoben, wie zum Kampf bereit– oder als hätte sie gerade einen hinter sich.
    Doch all das interessierte ihn nicht. Im Gegensatz zu ihrem Parka– cremefarben und weiß, Tarnmuster.
    » Guten Abend«, sagte er leise, als sie sich auf halbem Wege begegneten.
    Verdutzt blieb sie stehen, und ihre Hand glitt unauffällig in den Parka. Blitzartig fragte er sich, wie wohl ihre Brüste aussahen.
    » Sind wir uns schon mal begegnet?«, fragte sie.
    » Wir begegnen uns jetzt in diesem Moment.« Er streckte ihr die Hand entgegen und sprach betont höflich: » Wie geht es Ihnen.«
    Sie sah auf seine Hand, dann in sein Gesicht. » Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Sie wie Dracula klingen mit diesem Akzent?«
    Er lächelte verkniffen, um seine Fänge zu verbergen. » Es gab Vergleiche von Zeit zu Zeit. Sie wollen mir die Hand nicht reichen?«
    » Nein.« Sie nickte in Richtung Hintereingang. » Sind Sie ein Freund der Brüder Benloise?«
    » Allerdings. Und Sie?«
    » Nein. Ich kenne sie nicht. Hübscher Koffer.«
    Damit machte sie kehrt und ging zu dem Audi. Die Rücklichter leuchteten auf, und als sie einstieg, wehte der Wind in ihr Haar und blies es über ihre Schulter. Dann verschwand sie hinter dem Steuer.
    Assail trat einen Schritt zur Seite, als sie an ihm vorüberfuhr.
    Er sah ihr nach– und bemerkte, dass er mit Verachtung an seinen Geschäftspartner Benloise dachte.
    Was war das für ein Mann, der eine Frau für diese Art von Job losschickte?
    Als ihre Bremslichter aufleuchteten und dann um die Ecke verschwanden, hoffte Assail inständig, dass man die Grenzen respektierte, die er zu Beginn des Abends gezogen hatte. Es wäre ein Jammer, wenn er sie umbringen müsste.
    Nicht, dass er auch nur eine Sekunde lang zögern würde, sollte es nötig sein.

24
    Als langjähriges Mitglied der Bande war Zypher bestens vertraut mit dem geringen Komfort, den er hier auf seinem harten Betonlager genoss: Sein Hintern war taub von der Kälte, und da war keine Matratze, die seinen schweren Leib bettete. Sein Kopfkissen bestand aus dem Rucksack, mit dem er seine wenigen Habseligkeiten in ihr neues Hauptquartier unter der Lagerhalle transportiert hatte. Die dünne, raue Decke war zu kurz, sodass seine Füße, die in Strümpfen steckten, der kalten, feuchten Luft ausgesetzt waren.
    Dennoch schwebte er auf Wolke sieben.
    Durch seine Adern strömte das Blut der Vampirin, das so wundervoll gehaltvoll war. Nach fast einem Jahr ohne anständige Nahrung hatte er sich an die Müdigkeit, die Muskelzuckungen und die Schmerzen gewöhnt. Doch das war nun vorbei.
    Neue Kraft straffte seine Muskeln, sodass er die Haut an seinem Körper wieder ausfüllte und seine alte Größe erreichte. Sein Geist war gleichzeitig träge nach dem Nähren und schärfte sich doch von Moment zu Moment mehr.
    Sicher wäre es nett gewesen, ein Bett zu haben. Weiche Kissen, duftige Laken… Wärme im Winter, kühle Luft im Sommer… ein Mahl gegen den leeren Bauch, Wasser für die trockene Kehle… alles schön und gut, wenn man es bekommen konnte.
    Doch war das alles nicht nötig.
    Eine saubere Pistole, eine scharfe Klinge, ein Kamerad von gleichem Geschick zur Linken und zur Rechten. Darauf kam es an.
    Und in den Pausen zwischen den Kämpfen war es natürlich schön, wenn eine willige Vampirin vor ihm auf dem Rücken lag. Oder auf dem Bauch. Oder auf der Seite, ein Knie an die Brust gezogen, um ihr Geschlecht darzubieten.
    Er war nicht wählerisch.
    Gütige Jungfrau der Schrift, es war einfach himmlisch.
    Ein Wort, das er nicht oft gebrauchte– und er wollte nichts davon versäumen. Während die anderen wie Tote schliefen, eingelullt in die gleiche Trance der Erholung wie er, nahm er die herrliche Glut in seinem Inneren ganz bewusst wahr.
    Nur eines nervte.
    Das Getrappel.
    Zypher schlug ein Augenlid auf.
    Am Rande des Kerzenscheins wanderte Xcor auf und ab, immer zwischen zwei dicken Pfeilern hin und her, die das Stockwerk über ihnen stützten.
    Ihr Anführer kam nie zur Ruhe, aber diese Rastlosigkeit war anders. Dem Handy in seiner Hand nach zu schließen, wartete er auf einen Anruf, was auch seine Wanderroute erklärte. Die einzigen Stellen, an denen man hier unten Empfang hatte, befanden sich unter den zwei Falltüren: Sie waren aus Holz, und das von unten drangetackerte Stahlgitter war die einzige Veränderung, die sie bei ihrem Einzug vorgenommen hatten, als sie die obdachlosen Menschen verscheucht und die

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