Seelenprinz
anderen Stockwerke versiegelt hatten.
Auf diese Weise konnten sich keine Vampire zu ihnen herunter dematerialisieren.
Und Menschen waren viel zu schwach, um diese zwölf Zentimeter dicken Holzklappen zu heben…
Der Klingelton des Anführers klang viel zu kultiviert für diese Umgebung, die künstliche Glocke bimmelte unbeschwert wie ein Windspiel im Frühlingshauch.
Xcor blieb stehen, sah auf das Display und ließ es noch einmal klingeln. Zweimal.
Offensichtlich wollte er nicht den Eindruck erwecken, er hätte gewartet.
Als er schließlich dranging und sich das Handy ans Ohr hielt, hob er das Kinn und wurde ruhig. Jetzt war er wieder Herr der Lage.
» Elan«, grüßte er geflissentlich. Pause. Dann legte sich seine faltige Stirn noch tiefer in Falten. » An welchem Tag und um wie viel Uhr?«
Zypher setzte sich auf.
» Einberufen durch den König?« Schweigen. » Nein, ganz und gar nicht. Es wird ohnehin nur der Rat zugelassen sein. Wir halten uns in der Umgebung– und zu deiner Verfügung.«
Den letzten Teil unterlegte Xcor mit einem ironischen Unterton, doch wahrscheinlich bemerkte es der Aristokrat am anderen Ende der Leitung gar nicht. Das bisschen, das Zypher von Elan, Sohn des Larex, mitbekommen hatte, war alles andere als beeindruckend gewesen. Doch die Schwachen ließen sich nun einmal am besten manipulieren, das wusste Xcor nur zu gut.
» Es gibt da etwas, das du wissen solltest, Elan. Im Herbst gab es einen Anschlag auf den König– sei also nicht überrascht, wenn bei dem bevorstehenden Treffen von mir und meinen Soldaten die Rede ist… Was? Auf dem Grundstück von Assail– aber die Einzelheiten sind nicht von Bedeutung. Es ist also davon auszugehen, dass Wrath das Treffen einberuft, um mich und meine Männer an den Pranger zu stellen. Erinnere dich, dass ich dergleichen vorhergesagt habe. Aber du darfst nie vergessen, dass du vollkommen sicher bist. Die Brüder und der König ahnen nichts von unserer Beziehung– es sei denn, einer der Gentlemen aus deinem Kreis hätte etwas durchscheinen lassen. Unsere Lippen waren jedenfalls versiegelt. Lass dir außerdem gesagt sein, dass ich keine Furcht davor habe, als Verräter gebrandmarkt zu werden oder ins Visier der Bruderschaft zu geraten. Aber selbstverständlich ist mir bewusst, dass du von viel höherer, kultivierterer Sensibilität bist. Das respektiere ich. Und daher werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um sämtliche Rohheiten von dir fernzuhalten.«
Ganz bestimmt, dachte Zypher und verdrehte die Augen.
» Vergiss nie, Elan, dir kann nichts geschehen.«
Xcors Grinsen wurde noch breiter, und seine Fänge blitzten, als würde er dem anderen gleich an die Gurgel springen, um ihm die Luftröhre herauszureißen.
Es folgten die üblichen Abschiedsfloskeln, dann legte Xcor auf.
» Alles in Ordnung?«, erkundigte Zypher sich.
Sein Anführer drehte sich nach ihm um, und als sich ihre Blicke trafen, empfand Zypher plötzlich Mitleid für den Idioten am Handy… und für Wrath und die Bruderschaft.
Die Augen ihres Anführers funkelten vor Bosheit. » Oh, ja. Alles bestens.«
25
Das Freizeichen ertönte, aber niemand ging ran. Blay hielt sich den Hörer ans Ohr und setzte sich aufs Bett. Das war merkwürdig. Um diese Zeit sollten seine Eltern eigentlich zu Hause sein. Es war kurz vor Dämmerung…
» Hallo?«, meldete seine Mutter sich endlich.
Blay atmete erleichtert auf und lehnte sich an das Brett am Kopfende. Er schlug den Saum seines Morgenmantels über die Beine und räusperte sich. » Hallo. Ich bin’s.«
Die Freude, die aus der Stimme am anderen Ende klang, erfüllte ihn mit Wärme. » Blay! Wie geht es dir? Warte kurz, ich hole deinen Vater, damit er an der anderen Leitung…«
» Nein, warte.« Er schloss die Augen. » Lass uns einfach reden. Nur uns beide.«
» Ist alles in Ordnung?« Er hörte, wie ein Stuhl über den nackten Boden geschleift wurde– und wusste genau, wo sie sich befand: am Eichentisch in ihrer geliebten Küche. » Was ist los. Du wurdest doch nicht verletzt, oder?«
Nicht äußerlich. » Mir… geht es gut.«
» Was ist los?«
Blay rieb sich das Gesicht. Er hatte immer ein enges Verhältnis zu seinen Eltern gehabt– normalerweise gab es nichts, worüber er nicht mit ihnen sprach, und das Ende seiner Beziehung mit Saxton war genau die Sorte Ereignis, die er eigentlich erzählt hätte: Er war traurig, verwirrt, enttäuscht, ein bisschen deprimiert… alles Gefühle, über die er sonst mit seiner
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