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Seelenrächer

Seelenrächer

Titel: Seelenrächer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G O'Carroll
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aufgefunden hatte, mit völlig verätzten Innereien. Außerdem erinnerte er sich an Geschichten, die im Umlauf gewesen waren, als Doyle seinerzeit zur Polizei gegangen war. Angeblich hatte sein ältester Bruder damals zu ihm gesagt, er brauche sich nie wieder zu Hause blicken lassen. Die Erinnerung entlockte Jimmy ein wölfisches Grinsen. Während er sich über die Zähne leckte, fragte er sich, wie ein Mann aus Kerry, der aus einer derart unnachgiebigen Familie kam, als Bulle enden konnte, der seine Nase in jeden Dreck steckte.
    Er musste daran denken, wie Doyle immer ein wachsames Auge auf Eva gehabt hatte, bevor sie etwas mit Quinn anfing. Jeder Kerl in der Gegend wollte ihr damals an die Wäsche. Jimmy selbst hatte auch ein wenig in diese Richtung geträumt, und das Gleiche galt für Conor Maggs, egal, wie sehr er das abstreiten mochte. Der arme Trottel, der bei den meisten nur »Maggot« oder »Made« hieß, bildete sich damals doch tatsächlich ein, Eva wäre in ihn verliebt, nur weil sie das einzige Mädchen weit und breit war, das ihn nicht komplett ignorierte. In Anbetracht der Gerüchte, die ihr Onkel über die »Made« verbreitete, überraschte es eigentlich niemanden, dass die Leute ihm lieber aus dem Weg gingen. Vielleicht war es eine kleine Trotzreaktion von Eva – ihre Art, Doyle wissen zu lassen, dass sie alt genug war, um auf sich selbst aufzupassen –, aber es führte letztlich dazu, dass Maggs den Eindruck bekam, da wäre etwas zwischen ihnen.
    Eva war in der Tat ein ganz besonderes Mädchen gewesen – eine von denen, die einfach nicht wissen, wie schön sie sind. Entweder das, oder es lag daran, dass sie als kleines Mädchen mal von einem Priester zu hören bekommen hatte, dass »faulige Lilien viel schlimmer riechen als Unkraut«, und sie diese Bemerkung wohl niemals vergessen hatte.
    Die Wolken senkten sich noch tiefer herab, und Jimmy rief zu dem Pferd hinüber, es solle endlich Ruhe geben. Dann ging er hinein, um dem alten Schwachkopf eine Schüssel Haferbrei zusammenzurühren. Er frage sich, warum er sich überhaupt die Mühe machte. Eigentlich wäre es doch viel besser, ihn in ein Heim für Geisteskranke zu stecken, und Schluss. Andererseits hing Jimmy an dem Geld, das der Staat ihm für die Pflege zahlte, und ohne den alten Mann würde er davon nichts mehr zu sehen bekommen.
    Sein Vater saß im Wohnzimmer wie angewachsen in seinem Sessel und schaute sich einen Zeichentrickfilm an.
    »Jimmy?«, rief er. »Jimmy? Bist du das, Junge? Wo zum Teufel bist du gewesen?«
    Jimmy gab ihm keine Antwort.
    Er zog die Küchentür zu. Im ganzen Haus war es so dreckig, dass er dringend mal putzen musste, sonst würde es vom Staat bald kein Geld mehr geben. Er schob seine Schrotflinte und sein Jagdgewehr, die beide am Kühlschrank lehnten, ein Stück zur Seite. Dabei fiel der Magnet von der Tür, und zwei Polaroid-Aufnahmen segelten zu Boden. Leise fluchend hob Jimmy sie wieder auf. Das eine Foto zeigte ihn mit einem Hirsch, den er auf der anderen Seite des Hügels gewildert hatte, das zweite mit einem halben Dutzend Kaninchen, die er an einem Lederband hängen hatte.
    Die Tür ging auf, und sein Vater stand im Rahmen. »Um Himmels willen, Jimmy, hast du mich denn nicht rufen gehört?«
    »Natürlich habe ich dein Geschrei gehört.« Jimmy zog ein missmutiges Gesicht. »Etwas anderes höre ich von dir ja nicht. Sieh zu, dass du zu Tom und Jerry zurückkommst, bevor ich dich zum Fluss hinunterschleppe und deinen Kadaver im Schlamm versenke!«

Montag, 1. September, 07:00 Uhr
    Doyle saß auf der anderen Seite des Flusses im Wagen, direkt gegenüber der städtischen Anlegestelle von Dublin, und beobachtete John Finucanes Boot. Ein knapp zwanzig Meter langes, ozeantaugliches Kajütboot, komplett weiß gestrichen und mit noblen Rauchglasfenstern ausgestattet. Die Geschäfte liefen offensichtlich gut für den einzigen Bauunternehmer in Dublin, der die Konkurrenz dadurch abschreckte, dass er dicke Eisenketten um die Füße seiner Feinde schlang und dann mit ihnen aufs Meer hinausfuhr.
    Ihnen war zu Ohren gekommen, dass der »Schmierer«, wie sie ihn auch nannten, auf einigen seiner Baustellen auf der Northside illegale Einwanderer beschäftigte. Normalerweise gab Doyle sich mit so etwas gar nicht ab. Mit seinen fünfzig Jahren und in seiner Position als Sergeant der Mordkommission hatte er mit so etwas wie illegaler Einwanderung nichts zu tun. Hier aber ging es um einen Kriminellen, der mit Leichtigkeit jeden

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