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Seelenraub

Seelenraub

Titel: Seelenraub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Oliver
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reanimierter Leichnam, aus dem Grab beschworen von niemand anderem als dem Höllenfürsten persönlich. Wie an dem Tag, an dem er beerdigt worden war, trug er seinen besten Anzug und seine rote Lieblingskrawatte. Diejenige, die Riley ihm einmal zu Weihnachten geschenkt hatte.
    Auf der Flucht vor den Dämonenjägern des Vatikans hatte sie Zuflucht im Haus von Mortimer Alexander gefunden, einem Totenbeschwörer. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ihr Vater hier auf sie warten würde. Jetzt schmiegten sie sich aneinander, und Riley legte den Kopf an seine Brust und suchte Trost in seiner Umarmung.
    »Ich habe dich vermisst«, flüsterte sie.
    »Ich dich auch, Spatz.«
    Es ist nicht richtig. Wir zögern es nur hinaus.
    Ihr Dad sollte in seinem Grab liegen. Dann würde er niemals erfahren, dass Riley nicht mehr sein unschuldiges kleines Mädchen war; dass sie in der Nacht zuvor ihre Jungfräulichkeit verloren hatte.
    Ich war so eine Idiotin. Warum habe ich Ori das erlaubt?
    Sie hatte die Nacht in den Armen von jemandem verbracht, der gesagt hatte, er würde sie beschützen. Der behauptet hatte, sie sei etwas ganz Besonderes und er liebe sie, weil sie ihn an den Himmel erinnere. Doch der Morgen hatte die bittere Wahrheit gebracht – Oris Schutz trug ein riesiges Preisschild. Ihr Liebhaber, der gefallene Engel, würde nur auf sie aufpassen, wenn sie ihre Seele der Hölle versprach. Dann war Luzifer, der Höllenfürst, aufgetaucht und hatte Ori in eine Statue verwandelt, weil er seine Befehle missachtet hatte.
    Riley wischte sich eine Schweißperle von der Stirn. Ihr Körper fühlte sich fiebrig an. Ein unbekanntes Feuer brannte in ihr.
    Was, wenn ich schwanger bin?
Der Gedanke ließ sie erschaudern. Ori hatte gesagt, das sei unmöglich, aber das konnte auch eine nützliche Lüge gewesen sein. Waren die Dämonenjäger deswegen hinter ihr her? Was wäre das für ein Kind, das einen gefallenen Engel und eine Sterbliche als Eltern hatte? Normal? Böse? Irgendetwas dazwischen?
    Was würde die Kirche mit mir und dem Baby machen?
    Als sie erschauderte, löste ihr Vater die Umarmung.
    »Komm mit«, sagte er, ergriff ihre Hand und stand langsam auf. »Ich muss das Sonnenlicht spüren.« In der Küche hielt er kurz an und schenkte ihr ein großes Glas Apfelsaft ein, dann betraten sie den ummauerten Garten, in dem Kardinäle und Blautölpel um ein gut gefülltes Futterhäuschen flatterten. Ein kleiner Wasserfall entsprang den Fingern einer nackten Steinnymphe in der Mitte eines großen Springbrunnens. Riley und ihr Vater ließen sich auf einer Steinbank nieder, die noch mit Raureif bedeckt war. Rileys Po reagierte sofort auf die Kälte, doch ihr Vater schien es gar nicht zu bemerken.
    Er reichte ihr den Saft. »Trink. Du siehst furchtbar aus.«
    Kein gutes Zeichen, so etwas von einem Toten zu hören.
    Riley nahm einen großen Schluck. Der kalte Saft schmeckte gut. Sie umklammerte das Glas mit den Händen und sprach die Frage aus, die ihr schon die ganze Zeit im Kopf herumgeisterte.
    »Wie fühlt es sich an … tot zu sein?«, fragte sie. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Wispern.
    »Sehr eigenartig.«
    »Du kannst es mir nicht sagen, oder?«
    »Nein. Nicht so, wie ich dachte«, murmelte er.
    Die nächste Frage war noch schwerer. »Hast du Mom gesehen?«
    Er schüttelte den Kopf. Sein Blick war vor Traurigkeit wie von Wolken verhangen. »Nein.«
    Rileys Herz zersprang in kleine Stücke. »Luzifer hat mir erzählt, was du getan hast. Dass du deine Seele für mich aufgegeben hast.«
    Ihr Dad riss die Augen auf. »Du hast mit dem Höllenfürsten gesprochen?«
    »Er war heute Morgen auf dem Friedhof, nachdem …« Riley biss sich auf die Lippen.
Nein, das kann ich nicht.
Vielleicht würde sie eines Tages den Mut haben, zu beichten, was sie getan hatte, aber nicht jetzt. »Luzifer sagt, du hättest ihm deine Seele versprochen, damit der Erzdämon dich nicht tötet und du für mich sorgen kannst.«
    Ihr Dad nickte resigniert. »Deine Mutter hat verstanden, warum ich es getan habe.«
    »Mom wusste Bescheid?«, platzte sie heraus. »Warum habt ihr mir nichts erzählt?«
    »Du warst zu jung.«
    »Das ist Unsinn, und das weißt du auch«, gab sie zurück. »Ich war alt genug. Was habt ihr mir sonst noch nicht erzählt, Dad? Was wird noch über mich hereinbrechen, wenn ich nicht hinsehe?«
    Er gab keine Antwort und wich ihrem Blick aus. Was bedeutete, dass es tatsächlich noch mehr gab.
    Es war so ungerecht. Ihr Vater hätte am Leben

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